Durch das Verantwortungsvakuum starben Menschen: vorläufiger Bericht der UN über die Menschenrechtssituation in der Ukraine

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Kiew, 18. September 2015 – Christof Hayne, der UN-Sonderberichterstatter in Bezug auf außergerichtliche Todesstrafen, Todesstrafen ohne entsprechende Gerichtsverhandlung oder willkürliche Todesstrafen, besuchte innerhalb von 10 Tagen Kiew, Mariupol, Kramatorsk, Charkiw und Odessa. Er überquerte auch die Demarkationslinie und besuchte Donezk, wo er sich mit Vertretern der Monitoringmission und dem Ombudsmann der sogenannten „DVR“ traf. Hauptziel seines Besuchs war, das Menschenrechtsniveau zu prüfen, berichtete Christof Heyns während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center. Allerdings konnte er nicht auf die Krim. „Ich weiß, dass es Aussagen über schwere Menschenrechtsverstöße auf der Krim gibt“, ergänzte er.

Christof Hayne hat vor, alle ausführlich gesammelten Informationen zur Menschenrechtssituation in der Ukraine, sowie seine Empfehlungen in diesem Zusammenhang, bei der UN-Sitzung zu Menschenrechten im Juni 2016 vorzustellen.

Laut dem vorläufigen Berichte, der heute während einem Treffen mit Medien vorgestellt wurde, werden viele Rechtsnormen befolgt, die in internationalen Verträgen ratifiziert wurden. Das Hauptproblem ist die Berichterstattung: in vielen Fällen fehlen entsprechende Mechanismen oder funktionieren nicht richtig.

Dieses „Verantwortungsvakuum“ bezieht sich sowohl auf Verstöße in den von der Regierung kontrollierten Bezirken, als auch auf Verstöße in den vorrübergehend besetzten Gebieten, sagte Christof Hayne.

Der Experte zeigte sich über Behauptungen beunruhigt, dass immer wieder Opfer des Konflikts im Osten der Ukraine beschossen werden. Die Streitkräfte beider Seiten besetzen Positionen und stellen Artillerie in Bezirken mit Zivilisten auf, wobei sie auch Waffen mit Streuwirkung nutzen. Auch die Frage, ob das Prinzip der Abgrenzung geachtet wird, bereitet Sorgen: die Verpflichtung, zwischen Zivilisten und Kampfteilnehmern zu unterscheiden. In den selbstausgerufenen „DVR“ und „LVR“ prüfte der UN-Vertreter Fälle außergerichtlicher Hinrichtungen und quasigerichtlicher Exekutionen durch sogenannte „Militärgerichte“, was ein Verstoß gegen das Recht auf Leben ist.

Der UN-Vertreter untersuchte außer der Konfliktzone auch die Ereignisse im Februar 2014 auf dem Maidan in Kiew, sowie am 2. Mai 2014 in Odessa und prüfte die Ermittlungsergebnisse dazu. „Ich war bei beiden Zwischenfällen in Sorge. Viele Beweisstücke wurden sofort nach den Ereignissen zerstört, was eine nachfolgende Untersuchung deutlich erschwert. Außerdem verlief der Prozess, die Schuldigen zu finden und zur Verantwortung zu ziehen, sehr langsam“, berichtete Christof Hayne.

Der UN-Sonderberichterstatter gab der ukrainischen Regierung mehrere Empfehlungen. Darunter, dass es notwendig ist, die Feuerpause einzuhalten und zu kontrollieren; über Scharmützel zu berichten, wenn es zu solchen kommt; den Konflikt aus bewohnten Gebieten zu nehmen; konkrete Maßnahmen zur Reduzierung von Verlusten unter der Zivilbevölkerung zu unternehmen; eine angemessene Untersuchung über die Ereignisse in Ilowajsk im August 2014 durchzuführen; und andere.