Reformierung des Energiesektors in der Ukraine

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Kiew, 9. November 2015 – Die Hauptaufgabe bei der Reformierung des Energiesektors in der Ukraine ist, Marktbedingungen zu schaffen, wobei Stromproduzenten um Endverbraucher konkurrieren müssen. Dies wird sie zwingen, sich stärker um die Dienstleistungsqualität und günstigere Preise zu kümmern, was entsprechend zu einer Modernisierung und der Gewinnung von Investitionen beitragen wird. Außerdem wird die Konkurrenz auf dem Markt dabei helfen, das Problem der Schulden für verbrauchten Strom zu lösen. Darüber berichtete der Minister für Treibstoff, Energie und die Kohleindustrie in der Ukraine, Wolodymyr Demtschyschyn, während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center im Rahmen des Projekts „Ukrainisches Media Center der Reformen“.

Wolodymyr Demtschyschyn erinnerte daran, dass die Entwicklung des Energiesektors bisher durch mehrere Probleme gebremst wird. Das erste davon ist, dass die Gebietsenergieversorger absolute Liefermonopolisten sind, weshalb sie keine Motivation haben, die Qualität und Effektivität ihrer Dienstleistungen zu verbessern, oder die Produktionskosten zu optimieren, um die Preise zu senken. Ein weiteres Problem ist ein Teufelskreis: Zahlungsausfälle führen zu fehlenden Modernisierungen. Damit ist gemeint, dass die Verschuldung von Stromkunden ein Grund für fehlende Investitionen zur Modernisierung und Rekonstruktion der Stationen und Netze ist. Das, womit die Industrie die Bevölkerung unterstützt, bremst die Wirtschaftsentwicklung und führt dazu, dass ukrainische Unternehmen bereits für Strom mehr zahlen als in Europa.

„Der Stromtarif ist aus mehreren Gründen zu hoch: zum einen sind die Netzverluste bei uns um 5-6 Prozent höher als in Europa; und durch die Tarife für die Industrie subventionieren sie die Bevölkerung. Heute gibt es auf dem Markt 40 Mrd. Hryvna Subventionen. Bei einem Markt von 160 Mrd. Hryvna sind das zirka 25 Prozent“, erklärte Wolodymyr Demtschyschyn.

Der Minister merkte an, dass das Hauptproblem darin besteht, dass Stromproduzenten keinen direkten Kontakt zu Verbrauchern haben. „Wenn es keine Vermittler gibt, haben die Lieferanten die Möglichkeit, Strom direkt beim Erzeuger zu kaufen und beide können die Zahlungsbedingungen untereinander abmachen“, sagte er und ergänzte, dass das Problem der Nichtzahlung sofort gelöst wäre und es eine Motivation dafür gäbe, die Effektivität der Unternehmen und die Qualität der Dienstleistungen zu verbessern.

Die Reformierung des Energiemarkts sieht vor, dass fünf verschiedene Märkte parallel bestehen: ein Markt für bilaterale Verträge (langfristige Verträge); ein Markt für kurzfristige Verträge „ein Tag im Voraus“; ein Binnenstundenmarkt, auf dem ein Stundenhandel für die aktuelle Tageszeit durchgeführt wird; ein „ausgleichender“ Markt, der die finanziellen Verpflichtungen bei Abweichungen der Verbrauchsumfänge von der Prognose vorsieht; und ein Markt für Hilfsdienstleistungen, der zum „Lieferant der letzten Hoffnung“ wird und die stabile Arbeit des Systems gewährleistet. Außerdem werden die Funktionen zur Versorgung und Beförderung von Strom aufgeteilt, um die Branche zu demonopolisieren.

„Diese Umgestaltung des Strommarkts entspricht dem „Dritten Energiepaket der EU“ vollständig“, sagte Wolodymyr Demtschyschyn.

Der Minister erklärte, dass diese Neuerungen die meisten Probleme des Energiesektors in der Ukraine lösen werden. Zum einen werden die verschiedenen Märkte das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage bei Strom zu verschiedenen Zeiten gewährleisten, da es bisher unmöglich ist, Strom zu speichern. Zum anderen wird der Preis durch den Markt gebildet und nicht mehr von der Nationalkommission zur Regulierung der Tarife. Damit werden die Stromproduzenten gezwungen, ihre Unternehmen zu modernisieren und die Kosten zu optimieren, um effektiver zu werden.