Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 15.12.2015 bis 21.12.2015

Lage in der ATO-Zone

Die illegalen Bandentruppen provozieren die ukrainischen Streitkräfte weiter. Sie verstärken den Beschuss gegen die Regierungstruppen und setzten dabei Waffen ein, die laut den Minsker Vereinbarungen verbotenen sind. In der vergangenen Woche wurde ein ukrainischer Soldat getötet und 14 weitere verletzt. Die Regierungstruppen wurden insgesamt 294 Mal beschossen.

Gestern setzten die Rebellen bei Stanyzja Luhanska (Gebiet von Luhansk) Granatenwerfer mit 120 Millimeter-Kaliber ein. Ukrainische Checkpoints bei Krasnohoriwka wurden mit Panzern beschossen. Die Bandentruppen beschossen die Regierungstruppen bei Pisky, Opytne und Awdijiwka mit schweren Granatenwerfern (Meldung auf Englisch).

Nach Meinung der Analysegruppe „Informationswiederstand“ verstärkten die pro-russischen Milizen den Beschuss im Donbass, weil die Minsker Vereinbarungen bald offiziell enden. Aus diesem Grund hat der Kreml die Absicht, neue Vereinbarungen unter eigenen Bedingungen einzuführen.

Pro-russische Rebellen lagern schwere Waffen in den Gebieten von Donezk und Luhansk, was gegen die Minsker Vereinbarungen verstößt. Dies teilte die Hauptverwaltung des Geheimdienstes beim Verteidigungsministerium der Ukraine mit. In der Nähe von Luhansk und Donezk wurden Panzer, Raketensysteme GRAD mit 120 Millimeter-Kaliber und Granatenwerfer entdeckt (Meldung auf Englisch).

Die polnische Unterhausabgeordnete Malgoschata Gosewsjka veröffentlichte den Bericht „Kriegsverbrechen der Russischen Föderation in der Ostukraine im Jahr 2014“. Die Abgeordnete bereitete diesen Bericht mit Unterstützung von Freiwilligen vor. Darin sind Handlungen der russischen Soldaten und pro-russischen Rebellen in den Gebieten von Donezk und Luhansk beschrieben. Für den Bericht wurden 60 Interviews organisiert, die polnische Experten mit Gefangenen durchführten. Diese Angaben sollen für ein Verfahren des Internationalen Strafgerichtshofs genutzt werden (Bericht auf Englisch).

Die Rebellen beschossen einen Kindergarten und eine Schule in Nowhorodske mit verbotenen Raketensystemen GRAD. Darüber berichtete der Polizeichef im Gebiet von Donezk, Wjacheslaw Abrjoskin. 70 Kinder und 15 Lehrer, die sich zum Zeitpunkt des Beschusses in diesen Gebäuden befanden, wurden nicht verletzt.

Der Stellvertretende Chef der SMM-OSZE, Alexander Hug, teilte mit, dass die Rebellen keine OSZE-Beobachter in der „DVR“ zulassen (Meldung auf Englisch).

Der ATO-Stab veröffentlichte ein Video, das zeigt, wie pro-russische Rebellen die ukrainische Siedlung Marijinka über mehrere Stunden beschossen.

Die NATO und die Ukraine unterzeichneten eine Roadmap über die technische Zusammenarbeit (Mehr zur Zusammenarbeit auf Englisch).

Die ukrainische Militäraufklärung des Verteidigungsministeriums stellte fest, dass im Donbass russische Berufssoldaten getötet wurden, die bei Bezimenne (Bezirk von Nowoazowsk) durch Sprengfall starben. Sie dienten als Berater des 9. Motorisierten Schützenregiments im 1. Armeekorps (Nowoazowsk).

Fast 3 Mio. Personen brauchen Unterstützung, um mit Wasser versorgt zu werden und bessere hygienische Bedingungen in den Konfliktgebieten zu erhalten, teilte die UNICEF-Pressestelle mit.

Die annektierte Krim

Das Ministerkabinett beschloss die Verordnung Nr. 1035 „Über Lieferbeschränkungen von besonderen Waren (Arbeiten und Dienstleistungen) aus den vorübergehend besetzten Gebieten in andere Gebiete der Ukraine und/oder von anderen Gebieten in die vorübergehend besetzten Gebiete“. Das Verbot erstreckt sich für die Dauer der vorübergehenden Okkupation auf die Lieferung von Waren (Arbeiten und Dienstleistungen) mit Ausnahme von persönlichen Dingen der Bürger, die sie im Handgepäck mitführen, sowie auf Nahrungsmittel mit sozialer Bedeutung, deren Gesamtwert unter 10.000 Hryvna liegt und deren Gesamtgewicht von 50 Kilogramm pro Person nicht übersteigt. Die Ausnahme für Lebensmittel gilt nur für Personen, die Waren in vorübergehend besetzte Gebiete importieren und die nicht öfters als einmal pro Tag einreisen. Die Verordnung erstreckt sich nicht auf Stromlieferungen und den Import von humanitärer Hilfe.

Der Kindersender „Lale“ der Krimtataren und die Seite „15 Minuten“, die zur Mediaholding ATR gehören, kündigten ihre Schließung an. Dies berichten die Mitarbeiterteams in einem Schreiben: „Die russischen Behörden ließen uns keine andere Wahl: entweder werden wir ein Teil des Propagandaapparats, oder wir stellen unsere Arbeit auf der Krim ein. Wir haben unsere Entscheidung getroffen: Ehre und Würde wahren, statt der Erpressung und Drohung der Repressionsbehörden nachzugeben“, heißt es in der Erklärung.

Die Krimtataren schlagen vor, eine Kontaktgruppe in Bezug auf die von Russland annektierte Krim einzurichten, die mit der trilateralen Kontaktgruppe zur Beilegung des Konflikts im Donbass vergleichbar ist. Darüber berichtete der Führer der Krimtataren, Mustafa Dschemiljew. Nach seiner Meinung soll die Ukraine parallel versuchen, sowohl die Situation in der Ostukraine als auch die Rückkehr der Krim zu regeln. Der Gruppe sollen auf entsprechendem Niveau Vertreter der Unterzeichnerstaaten des Budapester Memorandums (die USA und Großbritannien) angehören, die darin der Ukraine die Sicherheit und territoriale Integrität garantierten.

Mustafa Dschemiljew berichtete, dass über 35.000 Personen die Krim wegen der Okkupation verlassen haben.

Der deutsche Siemenskonzern produziert für die annektierte Krim unter Missachtung der Sanktionen Turbinen. Die Gasturbinen der in Deutschland ansässigen Siemens, hauptsächlich SGT5-2000E, könnten das Stromproblem auf der von Russland annektierten Halbinsel lösen. Laut dem Bericht könnte Gas die Hauptquelle zur Stromerzeugung auf der Krim werden. Zusätzlich sind zwei Gasleitungen von Russland über die Meerenge bei Kertsch geplant. Beide Seiten – der russische Gasriese „Gazprom“ und die deutsche Siemens – haben daran Interesse. Letztere würde laut dem Artikel sehr wahrscheinlich zum Lieferanten für die benötigte Ausrüstung. Der Bericht meint, dass das russische Maschinenbauunternehmen „Technopromexport“, das Teil des Staatsunternehmens „Rostec“ ist, im Sommer 2014 als Hauptvertragsnehmer zum Bau dieser neuen Stromanlagen in Simferopol und Sewastopol ausgesucht wurde. (Meldung auf Englisch).

Umfrage

„GfK Ukraine“ führte die Untersuchung „Jugend der Ukraine 2015“ durch, deren Ziel es war, die Grundbedürfnisse und Probleme der Jugend einzuschätzen. Die Untersuchung wurde mit Unterstützung der UNO in der Ukraine durchgeführt. Laut der Untersuchung sind 81 Prozent der Jugendlichen stolz darauf, Ukrainer zu sein. 68 Prozent verfügen über keinen eigenen Wohnraum und 67 Prozent haben keine Möglichkeit, in den nächsten 5 Jahren einen eigenen Wohnraum zu erwerben. 88 Prozent können sich keine Waren mit langfristiger Nutzung leisten (Kühlschränke, Möbel usw.). Auf die Frage über einen gewünschten Urlaub antworteten 62 Prozent, dass sie gern ins Ausland reisen wollten, aber es sich nicht leisten können. Auf dem zweiten Platz waren Reisen innerhalb der Ukraine, doch 50 Prozent der Befragten gaben an, dafür kein Geld zu haben.. 43 Prozent rechnen damit, dass sie die notwendige finanzielle Situation innerhalb der Ukraine erreichen können, und 39 Prozent glauben nicht daran. 54 Prozent der Jugendlichen nahmen in den vergangenen 12 Monaten an öffentlichen Initiativen teil. (Untersuchung auf Englisch als PDF).

Menschenrechte

Das Kiewer Bezirksverwaltungsgericht kam der Klage des ukrainischen Justizministeriums nach, die Kommunistische Partei der Ukraine zu verbieten, wie es auf der offiziellen Website des Gerichts heißt (Meldung auf Englisch).

Das Verbot der Kommunistischen Partei der Ukraine ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit und muss sofort aufgehoben werden. Darüber schreibt Amnesty International. „Dieses Verbot ist ein gefährlicher Präzedenzfall, der die Ukraine auf dem Reformweg zurückwirft und die Menschenrechte missachtet“, erklärte der Direktor von Amnesty International in Europa und Zentralasien, John Dalhuisen. Die Organisation meint, dass die ukrainischen Behörden mit dem Verbot der Kommunistischen Partei der Ukraine das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit verletzen.

Reformen in der Ukraine

Europäische Integration. Ein durchführbarer Traum kann wahr werden: nach fünfjährigen Verhandlungen steht die Ukraine kurz davor, dass die Europäischen Union Ukrainern Visafreiheit gewährt. Die Europäische Kommission stimmte am 18. Dezember dafür. Diese Entscheidung basiert auf der offiziellen Feststellung, dass die Ukraine alle Bedingungen zur Visaliberalisierung erfüllte. Trotz des positiven Signals aus Brüssel muss die Ukraine weiterhin um die Visaliberalisierung kämpfen. Die entsprechende Entscheidung des EU-Rats steht noch aus. Dieser Rat besteht aus den Innenministern der 28 Mitgliedsstaaten, die diese Entscheidung noch einstimmig ratifizieren müssen. Auch das Europaparlament muss (mit einer Stimmenmehrheit) zustimmen. Deshalb ist es für ukrainische Diplomaten noch zu früh, sich zu entspannen.

Steuerreform. Eine erfolgreiche Steuerform ist nur dann möglich, wenn ein Konsens in der Gesellschaft über deren Zweck erreicht wird. Weil man diese These begriff, wurde die Steuerreform im Land auf 2016 verschoben. Die Entscheidung ist das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen dem Parlament, der Regierung und der Zivilgesellschaft. Deshalb wurde der Haushaltsprozess, der aufgrund Differenzen über Steuerfragen gestoppt wurde, von dieser Reform getrennt. Technisch wird wie folgt weitergearbeitet: am 21. Dezember wird die Regierung einen neuen Gesetzentwurf zur Änderung des bestehenden Steuergesetzbuchs einreichen. Der Budgetentwurf für 2016 wird auf dieser Grundlage ausgearbeitet. Und nach dem Neujahrsurlaub werden alle interessierten Parteien ihre Arbeit am neuen Steuergesetzbuch aufnehmen. Die erreichte Lösung in Bezug auf das zukünftige Steuer- und Budgetsystem ist unter den Bedingungen einer sich verschärfenden Krise im Land eine Salomonische. Insgesamt zeigt dies, dass die ukrainische Gesellschaft „erwachsen wird“ und lernt, Kompromisse einzugehen. Es ist wichtig, dass alle Parteien an dem Prozess ihre Schlüsse ziehen und die Kommunikation untereinander verbessern, damit das Land bis zum 1. Juli ein effektives und gerechtes Steuersystem einführt.

Bisher wurde in der Ukraine noch kein einziger Richter lustriert. Darüber berichtete die Departementleiterin zu Lustrationsfragen beim Justizministerium, Tatjana Kosatschenko. Nach ihren Angaben sind gerade Richter die schwierigsten Lustrationskandidaten. Das Justizministerium reichte bereits 62 Pakete zur Entlassung von Richtern durch das Lustrationsgesetz ein.

In der vorigen Woche waren folgende Reformen wichtige Themen: Deregulierung, Verwaltung von Staatseigentum, Reform der Staatseinkäufe, Offenheit der Behörden. Hier finden Sie eine Zusammenfassung auf Deutsch zu den genannten Reformthemen.

ProZorro: Wie man Milliarden Hryvna einspart. Die zweite Infografik aus der Serie „Die Ukraine verändert sich“ widmet sich dem neuen System für Staatseinkäufe „ProZorro“. Die Initiative von Aktivisten wird in Zukunft für das ganze Land verbindlich. Wir stellen Ihnen auf der Infografik vor, wie man Milliarden Hryvna Steuergelder einsparen kann.

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Wirtschaft

Die ukrainische Regierung führte ein Moratorium für die  Zahlung von 3,582 Mrd. USD „russischer“ Euroobligationen ein, teilte der Ministerpräsident, Arsenij Jazenjuk, mit. „Die Zahlung dieser Schulden zugunsten Russlands wird vorübergehend ausgesetzt – entweder bis unsere Vorschläge zur Restrukturierung akzeptiert werden, oder entsprechend einer Gerichtsentscheidung“, sagte der Ministerpräsident. „Wir sind zu einer Gerichtsverhandlung mit Russland bereit“, betonte Jazenjuk (Meldung auf Englisch).

Das Profizit des Warenaußenhandels betrug in der Ukraine laut Ergebnissen von Januar-Oktober 2015 381 Mio. USD, heißt es auf der Website des Staatlichen Statistikamts (Gosstat). Laut Angaben von Gosstat verringerte sich der Warenexport aus der Ukraine im Januar-Oktober 2015 gegenüber der Vergleichsperiode im Vorjahr um 31,8 Prozent auf 31,342 Mrd. USD, und der Import um 32,2 Prozent auf 30,961 Mrd. USD. Der Umsatz des Warenexports in EU-Länder sank im Januar-Oktober 2015 gegenüber der Vergleichsperiode 2014 um 28,4 Prozent und betrug 40,7 Prozent am Gesamtexportvolumen. Der Warenimport aus EU-Ländern sank in dieser Periode um 27,9 Prozent und betrug 40,5 Prozent am Gesamtimportvolumen.

In den nächsten 5 Jahren wird Kanada kleinen und mittleren Unternehmen in der Ukraine 13 Mio. USD gewähren, um den gegenseitigen Handel zu entwickeln. Darüber berichtete die kanadische Ministerin für internationalen Handel, Chrystia Freeland, während eines Ministertreffens der WTO-Mitgliedsländer. Das kanadische Ministerium für internationalen Handel erklärte, dass die Mittel ukrainischen Unternehmen dabei helfen sollen, auf kanadischen und weltweiten Märkten Fuß zu fassen.

Der russische Präsident, Wladimir Putin, unterzeichnete die Verordnung über die Unterbrechung der Freihandelszone zwischen Russland und der Ukraine ab 1. Januar 2016.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportage

Die Ukraine verkündigt offiziell die Krim-Blockade.

Leben im Krieggebiet“: wie die Bewohner der „DVR“ und „LVR“ sich auf den Winter vorbereiten.

Konflikt in der Ostukraine: der Krieg wird vor dem kalten Winter wieder heftiger, Reportage von der Frontlinie.

Wie die Leute vor Krieg flüchten: eine unglaubliche Geschichte.

Wie Vertreter der internationalen Weltöffentlichkeit den Flüchtlingen aus der Ostukraine helfen. In Kiew fand die 22. Internationale Wohltätigkeitsmesse statt.

Interviews

Konflikte in der ukrainischen Regierung: Präsident Poroschenko, Ministerpräsident Jazenjuk, der ehemalige Präsident von Georgien und heutige Vorsitzende des Gebietes von Odessa Saakaschwilli, und der Innerminister Awakow. Interview mit Taras Kuzio, Wissenschaftler am Kanadischen Institut für Ukraine-Studien, Universität von Alberta und mit Oleksander Borowyk, Berater von Michael Saakaschwili.

Warum die Ukraine Kohle bei den Separatisten kauft – Interview mit Mykhailo Bno-Airiyan, Abteilungsleiter für die europäische Integration beim Energieministerium.

Warum westliche Journalisten die Ukraine verlassen Interview mit der Journalistin Sabra Ayres.

Die Ukraine weigert sich, die russischen Schulden zu bezahlen. Was weiter? Interview mit Olena Bilan, Ökonomin bei Dragon Capital.

Die Sprache des Hasses behindert den Friedensprozess in der Ukraine – Interview mit dem ukrainischen Journalist Andrij Kulikow.

Analyse

14. bis 20. Dezember 2015: Was deutschsprachige Medien zur Ukraine berichteten. In der vergangenen Woche zeigte sich in deutschsprachigen Medien erneut, dass die Ukraine kaum ohne Russland betrachtet werden kann. So thematisierten mehrere Medien einerseits die russische Reaktion auf das am 1.1.2016 in Kraft tretende Freihandelsabkommen, sowie andererseits die Weigerung seitens der Ukraine, Russland einen im Dezember 2015 fälligen Kredit zurückzuzahlen (auf Deutsch).

In der Ukraine wurden 25 Islamisten aus Syrien festgenommen, die versuchten, nach Europa zu reisen.

Die Venezianische Kommission fordert, das Dekommunisierungsgesetz zu ändern.

Die Abgeordneten streiten bis jetzt über den Haushalt der Ukraine.

StopFake: neuer russischer Fake: Chodorkowskij bekam die ukrainische Staatsangehörigkeit.