Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten von 15. bis 21. März 2016

Lage in der ATO-Zone

Die illegalen Militärverbände verstoßen im Donbass systematisch gegen die Waffenruhe. Dabei setzten sie schwere Waffen gegen ukrainische Truppen ein. Dies teilte der Vertreter der ukrainischen Seite des Gemeinsamen Zentrums zur Koordinierung und Kontrolle der Waffenruhe (GZKK), Vasyl Labaj, mit.

Vom 11. bis 18. März wurden die ukrainischen Streitkräfte 235 Mal mit schweren Waffen aus den von den Söldnern besetzten Gebieten von Donezk und Luhansk beschossen. Die ukrainische Seite des GZKK stellte fest, dass die illegalen Militärverbände 1717 Minen verlegten. Am häufigsten wurde wieder Awdijiwka beschossen (Meldung auf Englisch). Bericht über die Situation in der Ostukraine (Stand vom 20. März, auf Englisch).

In der vergangenen Woche wurden ukrainische Checkpoints von den illegalen Militärverbänden 304 Mal beschossen. Infolge des Beschusses und durch Sprengfallen kamen 4 ukrainische Soldaten ums Leben und 16 weitere wurden verletzt.

Die ukrainischen Truppen und die von Russland unterstützten Militärverbände sollen sich von der Kontaktlinie in der Ostukraine entfernen. Dies teilte der stellvertretende Leiter der Sondermonitoringmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit, Alexander Hug, mit. In manchen Orten sind die Konfliktparteien nur 100 Meter voneinander entfernt.

Im Donbass gelten 693 Personen als vermisst, 124 Ukrainer sind immer noch in Gefangenschaft. Dies teilte die ukrainische Abgeordnete, die vom Präsidenten zur friedlichen Lösung der Situation im Donbass Bevollmächtigte, Iryna Heraschtschenko, mit

Die ukrainische Aufklärung teilte mit, dass die illegalen Militärverbände von Russland weiter verstärkt werden (50 LKWs mit Munition, Raketensysteme „GRAD“, Panzer).

Ukrainische Journalisten und Freiwillige präsentierten die Web-Seite „Russia Kills“, wo alle Beweise der Verbrechen von Russland gegen die Ukraine, Syrien, Georgien und Tschetschenien veröffentlicht werden.

Die EU gewährte 20 Millionen Euro humanitäre Hilfe für vom Konflikt in der Ostukraine Betroffene (Meldung auf Englisch).

Der Führer der „Donezker Volksrepublik“ Alexander Sacharow erklärte, dass es unmöglich ist, die Kommunalwahlen gemäß der ukrainischen Gesetzgebung in bestimmten Teilen des Gebiets von Donezk durchzuführen. Diese Kommunalwahlen sollen gemäß OSZE-Normen organisiert werden (Meldung auf Englisch von Kharkiv Human Rights Protection Group).

Die bewaffneten Militärverbände gründeten im Donbass 62 Lager, wo ukrainische Gefangene grausam gefoltert und getötet wurden. Dies teilte der Generalmilitärstaatsanwalt, Anatolij Matios, mit. Mehr als 3.000 ukrainische Zivilisten und Soldaten wurden in diesen Lagern festgehalten (Meldung auf Englisch).

Seit Beginn des militärischen Konflikts im Donbass sind nach gesicherten Erkenntnissen mindestens über 1600 russische Soldaten gefallen. Aktuell befinden sich 6000 Soldaten der russischen Streitkräfte und 40.000 organisierte Söldner im Donbass. Unter dem folgenden Link finden Sie die Präsentation des ukrainischen Sicherheitsdienstes SBU zu den gefallenen russischen Soldaten im Donbass (auf Deutsch).

Menschenrechte – Verfahren gegen Nadija Sawtschenko

Die G7-Botschafter in der Ukraine forderten die Russische Föderation dazu auf, Nadija Sawtschenko und andere ukrainische Gefangene freizulassen. Dies steht in einer Erklärung der G7-Botschafter (USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Kanada), die auf der Webseite der japanischen Botschaft in der Ukraine veröffentlicht wurde.

Die Urteilsverkündung im Fall Nadija Sawtscheno begann heute, am 21. März. Die Prozedur wird zwei Tage dauern. Eine Live-Übertragung aus dem Gerichtssaal ist über Radio Swoboda zu sehen.

Die Ukraine bereitet eine neue Sanktionsliste für russische Beamte vor, die an der Folter von 11 politischen Häftlingen aus der Ukraine neben Nadija Sawtschenko beteiligt sind (Meldung auf Englisch). Darüber sprach der ukrainische Präsident, Petro Poroschenko. Der Präsident merkte an, dass die europäischen Hauptstädte nun die sogenannte „Sawtschenko-Liste“ prüfen sollen, um individuelle Sanktionen gegen Personen einzuführen, die an ihrer Verhaftung und illegalen Verfolgung beteiligt waren. Auf der sogenannten „Sawtschenko-Liste“, die von der Ukraine vorbereitet wurde, stehen 44 Russen und 2 Ukrainer.

Die russischen Behörden schufen auf der annektierten Krim ein Klima der Angst und Repression. Darüber geht es in dem Bericht der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“. Der Direktor der Organisation für Europa und Zentralasien, Hugh Williamson, merkte an, dass aufgrund der Isolation der Krim durch Russland ein Monitoring über die Achtung der Menschenrechte dort schwer ist. „Seit Beginn der Krim-Okkupation durch die russische Armee Anfang 2014 hat sich der Spielraum für die freie Meinungsäußerung, die Versammlungsfreiheit und freie Medien auf der Krim radikal verringert. Innerhalb von zwei Jahren konnten die Mitarbeiter keine inhaltliche Untersuchung von Verbrechen der bewaffneten Gruppen wie Folter, außergerichtliche Hinrichtungen, Entführungen, Übergriffe auf Krimtataren, sowie auf ukrainische Aktivisten und Journalisten durchführen“, heißt es in dem Bericht. Außerdem werden Personen, die nicht die russische Staatsangehörigkeit annehmen, auf der Halbinsel diskriminiert. (Bericht auf Englisch).

Annektierte Krim

Seit der Krim-Annexion flohen fast 22.000 Personen in die Kontinentalukraine. Darüber berichtete die Vertreterin des Bevollmächtigten zu Menschenrechtsfragen von Binnenflüchtlingen, Schanna Lukjanenko. Nach ihren Angaben sind Merkmale von Diskriminierung in der Ukraine unter den Binnenflüchtlingen bemerkenswert, insbesondere bei der Prozedur für die Prüfung von zusätzlichen Ausweisdokumenten, die sie für eine Registrierung am neuen Wohnort benötigen. Außerdem fehlt es in der ukrainischen Gesetzgebung an einem Mechanismus, dass die Binnenflüchtlinge an Wahlen teilnehmen können (Meldung auf Englisch).

Die internationale Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“ in der Ukraine erklärte, dass die Schließung der Madschlis auf der von Russland okkupierten Krim zu verstärkten Repressionsmaßnahmen gegen die Krimtataren führen wird. Nach Angaben der Organisation sind von der Repressionspolitik durch die Krimbehörden de-facto die Krimtataren betroffen. Die Menschenrechtsorganisation merkt an, dass den Madschlis der Stempel einer „extremistischen Vereinigung“ genommen werden soll und die Verfolgungen von jenen aufhören müssen, die von den Krimbehörden anders gesehen werden (Meldung auf Englisch).

Umfrage

Das Rasumkow-Zentrum führte eine Umfrage unter Ukrainern durch, welchen Weg sie zur Beilegung der politischen Krise unterstützt hätten. Die Ukrainer unterstützten entweder die Gründung einer neuen demokratischen Parlamentskoalition (24,6 Prozent), oder eine vollständigen Austausch der Regierung (29,3 Prozent, einschließlich vorgezogenen Parlamentswahlen). Die Initiative zur Auflösung der Werchowna Rada und die Durchführung von außerordentlichen Wahlen wurde von 52,4 Prozent der Repräsentanten unterstützt; 31,5 Prozent waren dagegen. Gleichzeitig antworteten 39 Prozent der Befragten negativ auf folgende Frage: „Ist es Ihrer Meinung nach sinnvoll, unter den Bedingungen eines bewaffneten Konflikts mit Russland vorgezogene Parlamentswahlen durchzuführen?“; 42,6 Prozent antworteten positiv.

Reformen

Europäische Integration

Die Ukraine erfüllte alle Anforderungen der Europäischen Union, die für die Visaliberalisierung notwendig sind. Nach Beendigung und Beilegung von langwierigen Streitigkeiten um das Gesetz zur elektronischen Deklaration, entwickelten sich die Ereignisse ungestüm: innerhalb der Woche legte der Präsident gegen die vorherige Version des Gesetz sein Veto ein, wonach die Werchowna Rada eine neue Version des Gesetzentwurf beschloss, und bereits am Freitag, den 18. März, wurde das Gesetz nach der Unterzeichnung des Präsidenten rechtskräftig. Die Reaktion der Europäischen Union kam auch prompt: die Europäische Kommission teilte ihre Bereitschaft mit, den Vorschlag über die Aufhebung der Visaregelung bereits im April zu verhandeln. Um eine Entscheidung über die Visaliberalisierung zu fällen, muss der Europarat und das Europäische Parlament zustimmenwobei die Entscheidung nicht einstimmig gefällt werden muss, sondern durch eine sogenannte qualifizierte Mehrheit.

Zusammenfassung der Reformen vom 11. bis 18. März: Internationale Standards – Grundlage der Reformen: Antikorruption, öffentliche Beschaffung, Reform der Sozialversicherung, Deregulierung (auf Deutsch).

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Dokumentarfilm

„Der Maidan. Ein Schritt vor dem Tod. Teil 2“. Dokumentarfilm von Hromadske International.

Reportage

Die EU-Kommission wird im April eine Visa-Liberalisierung mit der Ukraine vorschlagen: Reportage von Ukraine Today.

Der Vorsitzende des Gebiets von Odessa, Michael Saakaschwili, könnte eine eigene politische Partei gründen: Reportage von KyivPost.

Die größte noch stehende Lenin-Statue wurde in Saporischschja abgerissen: Reportage von Ukraine Today.

Die Verluste nach der Krimannexion gehen für die Ukraine in die Billionen Hryvnja: Reportage von Ukraien Today.

Zweifel: Reportage von Hromandske International über das niederländische Referendum zum Assoziierungsabkommen mit der Ukraine.

«Ukrainian Fashion Week»: Reportage von KyivPost

Interviews

Ukrainische Waren und Unternehmen können im europäischen Binnenmarkt konkurrenzfähig sein: Interview von Ukraine Today mit Jan Tombinski, EU-Botschafter in der Ukraine.

Wie kann man für die Rechte der politischen Häftlingen aus der Ukraine in Russland kämpfen: Interview von Ukraine Today mit Polina Brodek, Aktivistin vom „Zentrum der gesellschaftlichen Freiheiten“.

Analyse

Shokin News: Der Generalstaatsanwalt arbeitet weiter. Obwohl der Generalstaatsanwalt Viktor Shokin diskreditiert wurde, weil er die Ermittlungen behindert, kehrte er zurück.

Untersuchung: die ukrainische Nation ist eine der traurigsten in der Welt. Analyse von KyivPost.

Die ukrainische Abgeordnete Wiktorija Wojzizka wurde nach ihrer Antikorruptionsermittlung angegriffen: Interview von Hromadske International mit der Abgeordneten.

In Lemberg wurden Teilnehmer des LGBT-Festivals angegriffen: Analyse von Hromadske Inetrnational.

Alte Polizisten leisten Wiederstand gegen die Chefin der neuen Polizei: Analyse von KyivPost.

StopFake News. In der vergangenen Woche wurden folgende Fakes verbreitet: die ehemalige Ministerpräsidentin Yulija Tymoschenko will die Macht in der Ukraine übernehmen, ein neues Gesetzt schränkt die Versammlungsfreiheit ein, Beamten werden gezwungen, gegen ihre Willen traditionelle ukrainische Kleidung zu tragen, Pfandhäuser profitieren wegen der Wirtschaftskrise.

Pressekonferenzen in UCMC (auf Deutsch)

UN-Arbeitsgruppe über den Einsatz von Söldnern besuchte die Ukraine. Vom 14. bis 18. März weilte in der Ukraine die “UN-Arbeitsgruppe über den Einsatz von Söldnern als Mittel zur Verletzung der Menschenrechte”. Sie informierte sich über die Lage im Osten des Landes. Die Ergebnisse ihres Besuchs stellte sie der Öffentlichkeit in Kiew vor. Nach Angaben der “UN-Arbeitsgruppe über den Einsatz von Söldnern als Mittel zur Verletzung der Menschenrechte” beteiligen sich am Konflikt im Osten der Ukraine Ausländer aus verschiedenen Ländern, vor allem aber aus Europa. Sie kämpfen sowohl in den Reihen von Freiwilligen-Bataillonen auf der ukrainischen Seite als auch in den Reihen der bewaffneten Gruppierungen der selbsternannten “Volksrepubliken Luhansk und Donezk”. Unter den letzteren sind den ukrainischen Behörden zufolge bereits mindestens 176 namentlich bekannt. Die UN-Arbeitsgruppe zeigte sich besonders besorgt darüber, dass an Menschenrechtsverletzungen beteiligte Ausländer nicht zur Verantwortung gezogen wurden. “Das ist ein Weg in eine Grauzone, wo Verbrechen ungestraft bleiben”, sagten die UN-Vertreter.

Experten: Eine Technokraten-Regierung kann helfen, die Krise in der Ukraine zu überwinden. Experten für Reformen haben einen Aktionsplan zur Überwindung der Regierungs- und Parlamentskrise in der Ukraine vorgestellt. Hauptvorschlag ist die Bildung einer technokratischen Regierung. Das machte bei einer Expertenrunde im Ukraine Crisis Media Center Jewhen Bystryzkyj von der “International Renaissance Foundation” deutlich. Die Posten in einer solchen Regierung sollten erst ausgeschrieben werden. Das Kabinett sollte dann vom Parlament ernannt und kontrolliert werden. “Das Parlament muss mit der Regierung öffentlich eine Politik zur Überwindung der Krise und zur Fortsetzung von Reformen erarbeiten”, sagte Bystryzkyj. Er fügte hinzu, dass dies derzeit nur in Hinterzimmern besprochen werde.

Rückkehr zum oligarchischen System? – Das Verfassungsgericht könnte das Lustrationsgesetz kassieren. Das Lustrationsgesetz, das im Oktober 2014 in der Ukraine in Kraft trat, hat die Entfernung von politisch belasteten Mitarbeitern aus dem Staatsdienst zum Ziel. Beobachter ziehen nun Bilanz. Die Lustration findet in der Ukraine heute nur dank der Öffentlichkeit und nicht dank der Staatsmacht statt, die oft die Lustration behindert. Das erklärte Oleksandra Drik, Vorsitzende der gesellschaftlichen Vereinigung “Bürgerkomitee für Lustration” bei einer Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center in Kiew. Viele Betroffene versuchen, dem Gesetz “Über die Säuberung der Staatsmacht” meist mithilfe von Gerichten zu entkommen.

Die Angehörigen der Helden der Himmlischen Hundertschaft fordern einen transparenten und öffentlichen Wettbewerb um den Posten des ukrainischen Generalstaatsanwalts.