Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 1. bis 7. November

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Die Situation in der Ostukraine bleibt angespannt. Im Vergleich zur Vorwoche verringerte sich die Anzahl des Beschusses auf 286 Fälle. Infolge des Beschusses wurden drei ukrainische Soldaten getötet und 18 weitere verletzt. Es wurden auch zwei Zivilisten in Krasnohoriwka und ein weiterer in Marijinka durch den Beschuss seitens der prorussischen Militärverbände verletzt.

Am 6. November wurden die ukrainischen Streitkräfte im Frontabschnitt Mariupol bei Starohnatiwka, Nowotroizke, Krasnohoriwka, Hnutowe, Marijinka, Pawlopil, Talakiwka, Wodjane und Beresowe beschossen. Dabei setzten die prorussischen Militärverbände schwere Maschinengewehre, Granatwerfer mit einem Kaliber von 82 und 120 Millimetern, Panzer, Schützenpanzerwagen und Schützenwaffen ein. Bei Schyrokine wurden die ukrainischen Truppen mit Artillerie mit einem Kaliber von 122 und 152 Millimetern beschossen. Das teilte die Pressestelle des Stabs der Anti-Terror-Operation mit.

Im Frontabschnitt Luhansk verstießen die prorussischen Rebellen gegen die Waffenruhe bei Stschastja, Schowte, Stanyzja Luhanska und Nowoaleksandriwka und beschossen die ATO-Kräfte mit schweren Granatwerfern und Schützenwaffen. Im Frontabschnitt Donezk wurden die ukrainischen Soldaten bei Saizewe, Nowotroizke, Troizke, Awdijiwka und Luhanske mit schweren Waffen (mit Panzern, Granatwerfern mit einem Kaliber von 82 und 120 Millimetern) beschossen.

Die OSZE stellt eine Zunahme der Verstöße gegen die Waffenruhe fest. Die Sonderbeobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE-SMM) hat eine Zunahme der Verstöße gegen die Waffenruhe um 40 Prozent im Vergleich zur Vorwoche festgestellt. Das teilte der erste Stellvertretende Leiter der OSZE-SMM, Alexander Hug, mit. “In der Vorwoche wurden 6000 Verstöße und in der vergangenen Woche 8000 Verstöße festgestellt, also über 1000 Verstöße gegen die Waffenruhe pro Tag”, so Hug. Ihm zufolge fanden die Verstöße meist im sogenannten “Dreieck” zwischen dem Donezker Flughafen, Jasynuwata und Awdijiwka sowie im westlichen Teil des Gebiets Luhansk (zwischen Popasna, Perwomajsk und Solote) statt. (Meldung auf Englisch).

OSZE: LKWs bringen getötete Soldaten nach Russland. Die OSZE hat unter den Bedingungen eines begrenzten Zugangs zur Konfliktzone im Donbass innerhalb von 2,5 Jahren mehr als zwei 20 LKWs gezählt, die die Aufschrift “Fracht 200 trugen und im Osten der Ukraine getötete russische Soldaten nach Russland brachten. Das teilte der US-Botschafter bei der OSZE, Daniel Baer, während der Sitzung des ständigen Rates der OSZE mit. Er erinnerte daran, dass der Kreml eine direkte Teilnahme am Konflikt in der Ostukraine bestreitet.

Anmerkung des UCMC dazu, wie die ukrainische Seite und die OSZE-SMM die Verstöße gegen die Waffenruhe zählt. Aus Sicht der ukrainischen Seite kann ein Beschuss von einer Minute bis zu mehreren Stunden dauern. Dabei kann eine unbegrenzte Anzahl von Geschossen abgefeuert werden. Ein solcher Beschuss wird als nur ein Verstoß gegen die Waffenruhe gezählt. Die OSZE-SMM hingegen zählt jede von ihr gehörte Explosion eines Geschosses, das von einer der beiden Seiten des Konflikts abgefeuert wurde.

Durchführung von Wahlen im Donbass: Erklärung der Rebellen. Der Anführer der selbsternannten “Donezker Volksrepublik”, Oleksandr Sachartschenko, hat erklärt, dass im Jahr 2017 Kommunalwahlen durchgeführt werden sollen. “Wir werden diese Wahlen entweder gemäß den Minsker Vereinbarungen oder selbständig durchführen”, sagte er.

Korruptionsbekämpfung: Der Rücktritt von Saakaschwili und Prüfung nach der e-Deklaration

Saakaschwili. Der Montag begann für die Ukrainer mit einem neuen Skandal. Der Vorsitzende der staatlichen Gebietsverwaltung von Odessa, Michail Saakaschwili, reichte seinen Rücktritt ein. Er beschuldigte die Staatsführung, Reformen zu blockieren und nichts gegen Korruption zu unternehmen (Nachricht auf Englisch; Video auf Russisch). Am 29. Mai 2015 erhielt Michail Saakaschwili die ukrainische Staatsangehörigkeit, da dies im Interesse des ukrainischen Staates war. Einen Tag später wurde er zum neuen Vorsitzenden der staatlichen Gebietsverwaltung von Odessa ernannt.

Prüfung durch das Nationale Anti-Korruption-Büro der Ukraine (NABU). Die ersten Anklagen wegen illegaler Bereicherung von ukrainischen Staatsbediensteten sind voraussichtlich nicht vor Januar 2017 zu erwarten. Seit 30. Oktober prüfen Mitarbeiter der NAZK (Nationale Agentur zur Gegenwirkung von Korruption) innerhalb einer Woche, ob die Einkommens- und Vermögenserklärung rechtzeitig von ukrainischen Staatsbediensteten eingereicht wurden. Danach werden sie die Vollständigkeit prüfen, wobei auch der Lebensstil der Personen, die die Deklarationen einreichten, beleuchtet wird.

Wenn bei der Prüfung durch die NAZK-Mitglieder bei Staatsbediensteten mögliche Korruptionsfälle entdeckt werden, gehen die Prüfungsergebnisse an das NABU oder an die gesonderte Antikorruptionsstaatsanwaltschaft.

Das NABU wird die e-Deklarationen auf mögliche Korruptionsfälle bei den höchsten Behördenorganen prüfen. Darüber berichtete der NABU-Direktor, Artem Sytnyk. „Wenn es in einer Deklaration den geringsten Verdacht auf illegale Bereicherungen gibt, oder dass Einträge vorsätzlich falsche Angaben enthalten, werden wir dies prüfen. Nach diesem Prinzip wurde bereits begonnen, die eingereichten Deklarationen zu prüfen“, sagte Sytnyk.

Er ergänzte, dass das NABU bereits mit der Prüfung der Tätigkeit von Amtspersonen begann, die sehr hohe Bargeldsummen deklariert hatten.

Menschenrechte: Gerichtsprozess gegen Bibliotheks-Direktorin sowie die Fälle Suschtschenko und Dschemiljew

In Moskau läuft ein Prozess gegen die 58-jährige Natalija Scharina, die Direktorin der Bibliothek für ukrainische Literatur in der russischen Hauptstadt. Sie steht wegen “Anstiftung zu nationalem Hass und Zwist” vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft Scharina vor, verbotene Bücher erworben und sie in der Bibliothek ausgelegt zu haben. Die Angeklagte weist die Vorwürfe zurück. Am 28. Oktober 2015 hatten die russischen Behörden die Bibliothek durchsucht. Scharina wurde festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Scharinas Anwalt Iwan Pawlow erklärte, er werde seit seiner Ankunft in Moskau von drei Personen beschattet.

Der russische Anwalt Mark Feigin ist nach Kiew gereist, um die Aussichten für einen Austausch des ukrainischen Journalisten Roman Suschtschenko zu prüfen. Dieser war am 30. September in Moskau wegen des Verdachts der “Spionage” festgenommen worden. Ein Gericht hatte beschlossen, ihn mindestens bis zum 30. November in Haft zu nehmen. Bei Verhandlungen mit der ukrainischen Regierung will Feigin nun herausfinden, ob es in der Ukraine festgenommene Mitarbeiter russischer Geheimdienste gibt. Ferner sagte der Anwalt, dass in naher Zukunft mit einem Film oder Video zum Fall Suschtschenko gerechnet werden müsse. Feigin vermutet, dass auch er in der russischen Kampagne als “russophobe” Person vorkommen wird.

Der russische Anwalt Nikolaj Polosow, der den Sohn von Mustafa Dschemiljew, Hayser, vertritt, befürchtet, dass gegen seinen Mandanten ein neues Strafverfahren eröffnet werden könnte. “Russland braucht Hayser als Geisel, um seinen Vater, den Anführer der Krimtataren, unter Druck setzen zu können”, sagte Polosow. Hayser Dschemiljews Haftstrafe neigt sich ihrem Ende entgegen. Die russischen Behörden könnten versuchen, ihn weiterhin festzuhalten, indem sie ein neues Strafverfahren gegen ihn einleiten.

Hayser Dschemiljew wurde vorgeworfen, im Jahr 2013 in Bachtschisaraj auf der Krim einen Familienfreund mit dem Gewehr seines Vaters erschossen zu haben. Vor der Annexion der Krim durch Russland hatte ein Gericht in Kiew Hayser zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt. Nach der Annexion der Krim beschlossen die russischen Behörden, in dem Fall neu zu ermitteln. Hayser wurde aus dem Gefängnis in Simferopol auf der Krim in die südrussische Region Krasnodar verlegt. 

Krim: Gas vom ukrainischen Schelf und die Militarisierung der Halbinsel

Das staatliche russische Öl- und Gas-Unternehmen “Tschernomorneftegas”, das nach der Annexion der Krim illegal das Vermögen des ukrainischen Unternehmens “Tschornomornaftogas” an sich gerissen hat, fördert pro Jahr im Schelf des Schwarzen Meeres zwei Milliarden Kubikmeter Erdgas und versorgt damit die Halbinsel. Das russische Förderunternehmen steht auf allen Sanktionslisten. Das Gas wird in Gewässern gefördert, das zur Wirtschaftszone der Ukraine gehört. Damit verletzt Russland das UN-Seerechtsübereinkommen aus dem Jahr 1982.

Moskau erneuert zahlreiche sowjetische Militäranlagen auf der Krim und baut auch neue Basen, in denen russische Soldaten stationiert werden. Gegenwärtig gibt es auf der Halbinsel mehr Militär als zu Zeiten, wo die Krim unter der Kontrolle Kiews stand. Russland stellt die alten Raketensilos, Marinestützpunkte, Flughäfen und Radarstationen wieder her. Die zunehmende Militarisierung auf der Krim betrifft vor allem die See- und Landstreitkräfte. Aber auch die Luftstreitkräfte sollen ausgebaut werden. So ist der ehemalige Zivilflughafen Belbek zu einem Militärflugplatz umfunktioniert worden. Russland behauptet, der Ausbau seines Militärs sei eine Antwort auf das Vorgehen der NATO in Polen und den baltischen Staaten.

Umfragen. Kann man Umfragen auf der Krim vertrauen?

86 Prozent der Krimbewohner sind insgesamt mit der Situation auf der Halbinsel zufrieden, wobei über 60-Jährige am zufriedensten mit ihrem Leben sind. 70 Prozent der Befragten vertrauen der Politik von Serhij Aksjonow [amtierender Präsident der Republik Krim].

Diese Daten wurden am 24. Oktober vom gesamtrussischen Zentrum für Meinungsumfragen (WZIOM) veröffentlicht. Im vergangenen Jahr, so die Ergebnisse des WZIOM, hätten 95 Prozent der Befragten bei einer Wiederholung des Referendums wieder für die Angliederung an Russland gestimmt. Noch mehr der Repräsentanten hätten angegeben, dass sie mit der Arbeit von Wladimir Putin zufrieden seien.

Der Analyst beim Fond „Demokratische Initiativen“, Ruslan Kermatsch, und der russische Politologe, Igor Ejdman, sprachen in einer Sendung von Radio Krim.Realii darüber, dass man dem Umfrageergebnis von WZIOM aus folgenden Gründen nicht trauen könne:

WZIOM ist Teil der Staatsstruktur, die aus Gewohnheit als maßgebend wahrgenommen wird. Sie wurde bereits während der Perestroika gegründet und galt damals als Pionier für Umfragen.

Russland versucht, Umfragen zu monopolisieren. Es gibt die Nicht-Regierungsorganisation „Lewada Zentrum“, die über einen guten Ruf verfügt, aber sich als ausländischer Agent registrieren musste.

Unter den autoritären Bedingungen, die sich in Russland bilden, sehen solche Umfragen sehr zweifelhaft aus.

Solche Untersuchungen werden in einem Land durchgeführt, wo die Menschen eingeschüchtert sind. Dies trifft besonders auf die Krim zu, wo die Menschen Angst haben, ihre Meinung offen zu sagen, da sie nicht auf die Entscheidungen der Behörden Einfluss nehmen können.

Kultur: Ukrainischer Erfolg in Leipzig

Der Streifen des ukrainischen Regisseurs Serhij Losnyzja “Austerlitz” hat beim Internationalen Festival für Dokumentar- und Animationsfilm DOK Leipzig den Hauptpreis gewonnen. Der Film fängt das Verhalten der Besucher der Gedenkstätten der ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen und Dachau ein. Der Film “Austerlitz” erhielt die “Goldene Taube” im Internationalen Wettbewerb langer Dokumentar- und Animationsfilm.

Nachfolgend eine Auswahl an englischsprachigen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Die elektronische Einkommens- und Vermögenserklärung für Staatsbedienstete: beispielloses “Striptease” der ukrainischen Politiker. Reportage von Ukraine Today.

Das Nationale Anti-Korruptions-Büro (NABU) hat damit begonnen, Staatsbedienstete auf deren elektronische Einkommens- und Vermögenserklärung hin zu überprüfen. Reportage von KyivPost.

Joe Biden hat mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko über die E-Declaration gesprochen. Reportage von Ukraine Today.

Petro Poroschenko: Alle Staatsbedienstete müssen ihre Einkommensquellen nachweisen. Reportage von Ukraine Today.

From Russia with Love: Die russischen Medien über den Besuch der ehemaligen politischen Gefangenen Nadija Sawtschenko in Moskau. Reportage von Ukraine Today.

Amnesty International: Russland setzt Andersdenkende auf der Krim unter Druck. Reportage von KyivPost.

Chef des Sicherheitsdienstes der Ukraine: Russland plant die Destabilisierung von zehn bis 15 ukrainischen Regionen. Reportage von Ukraine Today.

Die Ukraine fordert eine bewaffnete OSZE-Polizeimission aus 20.000 Personen. Reportage von Ukraine Today.

Interviews

Die Ukraine braucht die Unterstützung des nächsten US-Präsidenten im Kampf gegen die Aggression Russlands. Interview von Hromadske International mit Walerij Tschalyj, dem ukrainischen Botschafter in den USA.

Timothy Snyder spricht von einer historischen Wahl in den USA. Exklusives Interview von Hromadske International

Meinung

“Gericht über alles Ukrainische” – Der ukrainische Journalist Witalij Portnikow über den Prozess gegen die Leiterin der ukrainischen Bibliothek in Moskau. Artikel für Ukraine Today.

Ein neuer Kalter Krieg kann Realität werden. Artikel des Politologen Oleg Belokolos für Ukraine Today.

Sabotage gegen die Reform des öffentlichen Rundfunks in der Ukraine. Offener Brief ukrainischer Journalisten auf der Webseite von Hromadske International.

Russische Straf-Psychiatrie gegen Gefangene auf der Krim. Die Menschenrechtlerin Halya Coynash für KyivPost.

Analyse

42 Prozent der Ukrainer wünschen sich vorgezogene Parlamentswahlen. Analyse von Ukraine Today.