Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 13. bis 19. Dezember 2016

FILE PHOTO: A man leaves a branch of Privatbank in Kiev, Ukraine December 14, 2016. REUTERS/Valentyn Ogirenko /File Photo

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

In der Ostukraine wird weiter gekämpft. In der vergangenen Woche (vom 13. bis 18. Dezember 2016) wurden die ukrainischen Streitkräfte 228 Mal beschossen, also 30 Mal weniger als in der früheren Berichtsperiode. Infolge des Beschusses wurden fünf ukrainische Soldaten getötet und 13 weitere verletzt, zehn bekamen Quetschungen.

Am 18. Dezember ist es in der Nähe des Switlodarsker Bogens zu heftigen Kampfhandlungen gekommen. Die prorussischen Besatzungskräfte haben mit Granatwerfern und Artillerie (mit einem Kaliber von 82, 120 und 152 Millimetern) angegriffen. Sie versuchten, die ukrainischen Streitkräfte von den Checkpoints nahe der ukrainischen Siedlung Luhanske zu vertreiben. Die ukrainischen Militärs wehrten den Angriff ab. Laut Angaben der ukrainischen Militäraufklärung kamen 25 Rebellen ums Leben und 30 weitere wurden verletzt.

Folterung gefangener ukrainischer Militärs. Ukrainische Soldaten haben von Folterungen berichtet, unter denen sie in der Gefangenschaft der prorussischen Militärverbände gelitten haben. Am meisten werden ukrainische Fallschirmjäger, Artilleristen und freiwillige Soldaten gefoltert. Unter den Foltermethoden ist unter anderem die Abtrennung von Gliedmaßen, das Ersticken sowie der Einsatz von Elektroschocks. 1402 ukrainische Soldaten wurden nach der Freilassung aus der Gefangenschaft befragt. Die meisten von ihnen bestätigten, sie seien gefoltert worden, um sie zu zwingen, auf die Seite der prorussischen Militärverbände überzulaufen. Laut Angaben des Sicherheitsdienstes der Ukraine haben 27 ukrainische Soldaten nach ihrer Gefangennahme die Seite gewechselt.

Gefangenenaustausch. Gestern wurde der letzte “Cyborg”, Taras Kolodij, aus der Gefangenschaft der “Donezker Volksrepublik” freigelassen. Er wurde vor zwei Jahren im Donezker Flughafen gefangengenommen.

Beschuss der Ukraine durch Artillerie aus Russland: Beweise. Die internationale Ermittlungsgruppe Bellingcat veröffentlicht am 21. Dezember einen weiteren Bericht zum Konflikt im Osten der Ukraine unter dem Titel “Putins unerklärter Krieg – Sommer 2014. Beschuss der Ukraine durch Artillerie aus Russland”. Die Experten von Bellingcat haben auf offen zugänglichen Satellitenbildern Hunderte Krater von Geschossen im Donbass untersucht. Sie stellten Hunderte Artilleriestellungen auf russischem Territorium nahe der ukrainischen Grenze fest. Bellingcat kommt zum Ergebnis, dass die Ukraine im Sommer 2014 mindestens 149 Mal von russischem Territorium aus mit Artillerie beschossen wurde (Nachricht auf Englisch).

Mögliche Blockade der “Volksrepubliken Luhansk und Donezk”. Die Soldaten der ukrainischen Freiwilligen-Bataillone haben mit einer totalen Blockade der Gebiete der selbsternannten “Volksrepubliken Luhansk und Donezk” gedroht, sollten 137 ukrainische gefangene Soldaten nicht ausgetauscht oder freigelassen werden. Sie haben den prorussischen Militärverbänden dafür sieben Tage gegeben.

Menschenrechte: Amnesty International über die Verfolgung von Krimtataren

Amnesty International zufolge wird die Gemeinschaft der Krimtataren systematisch seitens der russischen Behörden seit der Besetzung der Krim verfolgt. Dies geht aus einem Bericht hervor, der am 15. Dezember 2016 veröffentlicht wurde.

“Als die stärksten spürbare und konsolidierte Gemeinschaft auf der Krim, die sich der russischen Besatzung widersetzt, sind die Krimtataren ins Visier der de facto lokalen und russischen Behörden geraten, die Andersdenke verfolgen und eine Unterstützung der Annexion der Krim gewährleisten sollen”, so John Dalhuisen, Programmleiter für Europa und Zentralasien von Amnesty International.

Die Unterstellung der Krim unter russisches Recht, was eine Verletzung des internationalen Rechts darstelle, habe es der “Staatsmacht” ermöglicht, aufgrund des erfundenen Vorwurfs des Extremismus’ und anderer Verbrechen Verfahren gegen wichtige Vertreter der Krimtataren einzuleiten. Zugleich wird festgestellt, dass die Vertretung der Krimtataren, der Medschlis, “willkürlich als extremistische Organisation verboten” worden sei. Alle mit dem Medschlis verbundenen Aktivitäten würden nun als “Verbrechen” gelten.

Der Bericht kommt zum Ergebnis, dass alle Fälle der Verfolgung von Krimtataren (Achtem Tschijgos, Ilmi Umerow und andere) zeigen, dass die russischen Beamten keine Andersdenkenden dulden, die deren Macht auf der Krim in Frage stellen.

Krim: Appell für Einrichtung einer Krimtatarischen Autonomen Republik

Der stellvertretende Vorsitzende des Medschlis der Krimtataren, Achtem Tschijgos, der seit fast zwei Jahren in einem Gefängnis auf der annektierten Halbinsel Krim sitz, hat einen Appell an ausländische Botschafter und Vertreter internationaler Organisationen in der Ukrainer gerichtet, mit dem Aufruf, auf der Krim eine Krimtatarische Autonomie innerhalb des ukrainischen Staates einzurichten. Dies würde helfen, Spekulationen um das “ursprüngliche Volk der Krim” seitens Russlands zu vermeiden.

Tschijgos zufolge ist es derzeit gefährlich zu sagen, dass die Krim Teil der Ukraine ist. Die Menschen seien gezwungen anzuerkennen, dass die Krim zu Russland gehört. Für manche sei der ukrainische Pass eine Gelegenheit, bestimmte Vorteile zu nutzen. So ist es beispielsweise untersagt, mit einem auf der Krim ausgestellten russischen Pass, ins Ausland zu reisen, dort zu studieren oder eine Geschäftstätigkeit in der Ukraine zu betreiben. Andere würden mit dem ukrainischen Pass demonstrativ ihre politische Überzeugung deutlich machen.

Wirtschaft: Die Verstaatlichung der größten Geschäftsbank

Am 18. Dezember hat das Ministerkabinett der Ukraine die Verstaatlichung der größten Bank in der Ukraine, der PrivatBank, angekündigt, die im Besitz des Oligarchen Igor Kolomoisky ist. 100 Prozent der Aktien werden nun in Staatseigentum überführt. Diese Entscheidung wurde getroffen, um die Stabilität des Finanzsystems des Landes zu gewährleisten. “Der Staat garantiert die reibungslose Arbeit der Bank sowie die Einlagen der Kunden. Die Maßnahmen erfolgen in enger Koordination mit den internationalen Finanzinstitutionen und werden von ihnen unterstützt”, heißt es seitens der Regierung (Meldung auf Englisch).

Überraschende Nachricht oder unvermeidliche Tatsache? Die Nationalbank der Ukraine hat die PrivatBank als insolvent eingestuft, sagte die Vorsitzende der Nationalbank, Walerija Hontarewa, bei einem Briefing am 19. Dezember in Kiew. Ihr zufolge hat die Bank den Plan für einer Kapitalerhöhung nicht geschafft. Eine “unausgewogene Kreditpolitik der Bank” habe zu den systemischen Problemen geführt. Das Finanzministerium und die Nationalbank schätzen den Bedarf an Kapital bei der PrivatBank auf 148 Milliarden Hrywnja. Der ukrainische Finanzminister Oleksandr Danyljuk sagte, das Defizit an Kapital bei der Bank solle in mehreren Stufen abgebaut werden. Zuallererst werde das Finanzministerium Anleihen in Höhe von 43 Milliarden Hrywnja herausgeben.

Etwa 50 Prozent der ukrainischen Bürger nutzen die Zahlungssysteme der PrivatBank, jeder Dritte hat dort Einlagen oder einen Kredit. Meldungen über eine mögliche Verstaatlichung der Bank sorgten in den vergangenen Tagen für eine Panik unter den Kunden der PrivatBank, die damit begannen, massiv Geld von ihren Konten abzuheben.

Die Verstaatlichung der PrivatBank wird eine weitere Tranche des Internationalen Währungsfonds für die Ukraine ermöglichen, erklärte Finanzminister Danyljuk.

Weiterer Verkauf? “Nach der Verstaatlichung dieser Bank haben die staatlichen Banken am Bankensektor einen deutlichen Anteil. Der Staat beabsichtigt aber nicht, einen so großen Anteil am Bankensektor zu besitzen”, sagte Danyljuk. Ihm zufolge will der Staat die Bank nach einer Stabilisierung wieder verkaufen.

Kultur: Rückgabe des Skythen-Goldes, Film über die Zivilgesellschaft

Ein Gericht in Amsterdam hat beschlossen, das Skythen-Gold an die Ukraine zurückzugeben, das im Allard Pierson Museum in der niederländischen Hauptstadt ausgestellt war. Im Februar 2014, noch vor der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland, hatte die Ukraine Exponate des Skythen-Goldes für eine Ausstellung in Amsterdam zur Verfügung gestellt. Die Ausstellung enthielt Exponate aus fünf Museen, von denen eines sich in Kiew und vier auf der Krim befinden. Russland bestand auf der Rückgabe der Exponate an die Krim. Doch das Gericht in Amsterdam entschied unter Verweis auf ein UNESCO-Übereinkommen, wonach Kunstwerke an souveräne Staaten zurückgegeben werden müssen, die diese Kunstwerke für eine temporäre Ausstellung bereitgestellt haben. Das Gold wird noch für weitere drei Monate im Allard Pierson Museum bleiben, für die Zeit, in der eine Berufungsinstanz angerufen werden kann. Seitens der besetzten Krim wurde bereits Berufung angekündigt.

Offen zugänglich im Internet ist der ukrainische Dokumentarfilm von Dmytro Tjaschlow “In die Ecke getrieben” (mit englischen Untertiteln). Der Film lief beim Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm (DOK Leipzig) und ist ein Beispiel für die “sozial aktive” Filmkunst. Der Film “In die Ecke getrieben” erzählt die Geschichte einer Bewohnerin eines ukrainischen Dorfes, die die lokalen und zentralen Behörden des Landes mit Anfragen überschüttet, die abgeschaffte Busverbindung zu ihrem Dorf wiederherzustellen.

Nachfolgend eine Auswahl an englischsprachigen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Das Skythen-Gold kehrt in die Ukraine zurück. Reportage von Ukraine Today

Die EU verlängert die Sanktionen gegen Russland bis Juli 2017. Reportage von Ukraine Today

“Wem die Stunde schlägt” – Kiew gedenkt einem entscheidenden Tag des Maidan. Reportage von Ukraine Today

“Sie trollen irgendwen”: In sozialen Medien wird über das Märchen der Visafreiheit zwischen der Ukraine und der EU gespottet. Reportage von Ukraine Today

“Intensive und beispiellose” – die EU reagiert auf die ukrainischen Reformen. Reportage von Ukraine Today

“Es war produktiv” – Nadija Sawtschenko über das Treffen mit Aufständischen. Reportage von Ukraine Today

Der verhaftete “Krim-Saboteur” gibt einen erschreckenden Einblick in die Folter des russischen FSB. Reportage von Ukraine Today

Die Krim leidet unter der mangelnden Wasserversorgung durch das Festland. Reportage von KyivPost

Eine Ukrainerin ist unter den 50 besten Lehrern der Welt. Varkey Foundation Global Teacher Prize 2017. Reportage von Ukraine Today

“Wie ist Dein Name”: Geschichten über Binnenflüchtlingsfamilien durch Kunst. Reportage von Ukraine Today

Nadija Sawtschenko verlässt zwar die Partei, aber nicht die Politik oder das Parlament. Reportage von KyivPost

Interviews

Die Zukunft der Europäischen Union liegt zum Großteil in den Händen von Angela Merkel. Interview von Hromadske International mit James Jerr, Experte von “Chatam House”.

Wir werden die Ukraine unterstützen. Interview von Hromadske International mit einem Abgeordneten, der den Brexit unterstützte.

Die Zusammenarbeit mit der Ukraine muss aus geopolitischen Erwägungen geschehen. Interview von Hromadske International mit der Präsidentin von Litauen, Dalia Grybauskaite.

Interview von KyivPost mit Roman Nasirow, Chef des ukrainischen Steuerdiensts. Nasirow geriet unter Beschuss, weil er angeblich die Korruption im Steuer- und Zollbereich deckt.

Analyse

ProZorro als Schlüsselinstrument im Kampf gegen Korruption. Analyse von Hromadske International.

Bericht: Die Ukraine muss mehr für den Schutz von Zivilisten im Kriegsgebiet tun. Analyse von KyivPost.