Blockade der Kohlelieferungen aus dem Donbass: fünf Dinge, die man wissen muss

Die Blockade der Kohlelieferungen aus den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten im Osten des Landes ist derzeit das Topthema der politischen Auseinandersetzungen. Seit Januar blockieren Aktivisten und Politiker mehrere Bahnübergänge in den Gebieten von Luhansk und Donezk. Dies führte bereits zu Lieferengpässen bei Anthrazitkohle aus den besetzten Gebieten an ukrainische Kraftwerke. Das Ministerkabinett warnte vor möglichen Stromausfällen in manchen Landesteilen. Die Regierung ernannte vorbeugend einen Krisenstab und machte klar, dass es in sieben Gebieten wirklich zu Stromabschaltungen kommen kann.

Argumente von den Organisatoren der Protestaktion. Die Aktivisten der Blockade nennen die Wirtschaftsbeziehungen zu den “Volksrepubliken” einen Handel mit Blut. Um dies zu unterbinden, müssen entsprechende Gesetze beschlossen werden, damit die Finanzierung der “Volksrepubliken” aufhört. Nach ihrer Meinung erhalten die Separatisten Geld durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen in der Gesamtukraine.

Warum die Kohle für die Ukraine ein Problem ist. In der Ukraine nutzt eine Hälfte der Wärmekraftwerke Anthrazitkohle; die andere verwendet Gaskohle. Diese Wärmekraftwerke können einander nicht ersetzen. Seit 2014 wurde in der Ukraine ein Defizit an Anthrazitkohle beobachtet. Es gibt auch andere Möglichkeiten, die Lager außer mit Kohle aus dem besetzten Donbass aufzustocken: Importe aus Südafrika, Australien, den USA oder Vietnam. Der Import aus dem Ausland misslingt allerdings bisher wegen des teuren Preises. Am 13. Februar hatte die Ukraine 842.000 Tonnen Anthrazit- und 688.000 Tonnen Gaskohle. Täglich verbrennen die Anthrazitwärmekraftwerke zirka 30.000 Tonnen. Wenn die Blockade auf weitere Zugverbindungen ausgeweitet und andauern wird, reichen die Vorräte noch für 20-40 Tage.

Argumente der Staatführung, Kohle aus den besetzten Gebieten zu kaufen. Die Regierung meint, dass die Blockade beendet werden muss, weil sie die Energiesicherheit des Landes gefährdet. Die Ukraine hat eigentlich keine andere Wahl, als Anthrazitkohle für die Wärme- und Stromerzeugung zu nutzen. Diese wird ausschließlich aus den nichtkontrollierten Gebieten erworben. Die Staatsführung weist auch darauf hin, dass sie damit nicht die Separatisten finanziert. Die Ukraine kauft die Kohle aus dem Donbass bei Unternehmen, die im ukrainisch kontrollierten Gebiet registriert sind. Trotzdem befinden sich die Gruben in den “Volksrepubliken”, deren juristische Adressen sich im ukrainisch kontrollierten Gebiet befinden. Damit zahlen die Gruben in das ukrainische Budget Steuern und die Grubenarbeiter erhalten ihren Lohn über bargeldlose Zahlungen auf Hryvnakarten bei ukrainischen Banken.

Was die ukrainische Staatsführung verschweigt. Die Situation durch die Blockade soll ein Signal an die Staatsführung sein, weil die Energiereform verschleppt wurde. Experten und die Öffentlichkeit fordern bereits seit über einem Jahr mehr Transparenz bei der Preisbildung für Energiekohle und Strom aus Wärmekraftwerken, sowie einen Bericht darüber, dass allmählich auf Anthrazitkohle verzichtet wird (das Programm wurde bereits 2015 beschlossen). Die Ukrainer mussten gerade wegen dieses Programms höhere Strompreise zahlen, um einen Teil der Kohle zu importieren und damit nicht mehr von Kohle aus den “Volksrepubliken” abhängig zu sein. Die Regierung muss auch die Gerüchte und Beschuldigungen über Kohleeinkäufe untersuchen, die im Zusammenhang mit Supergewinnen im Umfeld des Präsidenten und der Unternehmen des Oligarchen Rinat Achmetow im Raum stehen. Bis heute gab die Regierung auf diese Vorwürfe keine Antwort. Statt dessen droht es der Bevölkerung mit Stromabschaltungen.

Die Rolle von Achmetow. Mit den Anthrazitenergieblöcken werden zirka 15 Prozent des ukrainischen Stroms produziert. Gerade dieser Anteil hängt von der Förderung von Anthrazitkohle durch Unternehmen von Achmetow in den besetzten Gebieten ab. 2015 wurde beschlossen, die Energieblöcke, die mit Anthrazitkohle arbeiten, auf Gaskohle umzustellen. Um die “Anthrazitabhängigkeit” vollständig zu beenden, braucht die Ukraine zwei bis drei Jahre. Würde alles nach Plan laufen, wären diese Arbeiten im Sommer 2017 abgeschlossen (außer in wenigen Fällen von sehr alten Energieblöcken, die einfacher abgerissen und neu gebaut werden sollten). Aber der staatliche Anteil an Wärmekraftwerken beträgt 30 Prozent; 70 Prozent gehören der Gesellschaft DTEK von Rinat Achmetow. Experten vermuten, dass es Achmetow gelang, alle davon zu überzeugen, einschließlich der ukrainischen Staatsführung, dass er in der Lage sei, die benötigten Stromumfänge zu liefern, indem er Anthrazitkohle aus den besetzten Gebieten verbrennt. Wie, das sei sein Problem. Deshalb wurden die Umbauarbeiten an den Energieblöcken vorläufig gestoppt. Vor dem Hintergrund der Tariferhöhung für die Bevölkerung (die von der Staatsführung mit einer fehlenden Diversifikation beim Import begründet wurde), erwirtschaftet der Monopolist DTEK von Achmetow Unsummen, wobei die Abhängigkeit des Landes von Kohle aus den besetzten Gebieten zur Stromerzeugung bestehen bleibt. Der Oligarch weigert sich, die Berechnung der Selbstkosten für die Kohleförderung offen zu legen. Manche Experten gehen davon aus, dass die Anthrazitkohle in illegalen Gruben in den besetzten Gebieten “händisch” gefördert wird, was die Kohle noch billiger machen würde als aus legalen Gruben.