Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 20. bis 26. Juni 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Die aktuelle Lage im Kampfgebiet der Anti-Terror-Operation ist angespannt.

“Brotfrieden”.  Am 21. Juni hat die Trilaterale Kontaktgruppe nach einem Treffen in Minsk einen sogenannten “Brotfrieden” für die Zeit der Getreideernte im Donbass vorgeschlagen. Die Waffenruhe soll vom 24. Juni bis 31. August entlang der Kontaktlinie während der Ernte gelten. Entsprechende Ersuchen stellten auch die örtlichen Verwaltungen in den Gebieten Donezk und Luhansk.

Obwohl der Beschuss pro Tag zurückgegangen ist, kann keine Rede davon sein, dass  die prorussischen Rebellen die brüchige Waffenruhe einhalten. Der heftigste Beschuss wurde im Frontabschnitt Luhansk festgestellt. Die ukrainischen Streitkräfte wurden von den Rebellen mit Granatwerfern mit einem Kaliber von 120 Millimetern, mit Artillerie mit einem Kaliber von 100 Millimetern und Schützenpanzern beschossen. Das teilte die Pressestelle des Stabs der Anti-Terror-Operation mit.

Angriff auf OSZE-Mission. Bewaffnete Rebellen der “Volksrepublik Donezk“ haben am 20. Juni in der von den Rebellen besetzten Stadt Jassynuwata Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) angegriffen. Das meldet die Sonderbeobachtermission in ihrem aktuellen Bericht (auf Englisch). Zwei gepanzerte Autos der Sonderbeobachtermission waren auf Streife als sie von zwei Rebellen angegriffen wurden. Diese hatten Warnschüsse in die Luft abgegeben. Danach wollten sie in eines der Autos der Beobachter eindringen und versuchten dabei die Fenster einzuschlagen. Sie richteten ihre Waffen auf die Fahrer und Insassen der Autos und beschossen die Fahrzeuge. Niemand wurde dabei verletzt.

Neue Patrouillen der OSZE-SMM. Die OSZE hat in Popasna, Gebiet Luhansk, weitere Patrouillen eingerichtet. Dort werden acht Beobachter stationiert. Die neuen Patrouillen ermöglichen eine größere Präsenz der Mission in einem Bezirk, wo die meisten bewaffneten Aktivitäten stattfinden. Auch ermöglichen sie, auf gemeldete Vorfälle wirksamer zu reagieren. Im Donbass gibt es bereits sechs Stützpunkte der OSZE-SMM in den von Kiew kontrollierten Gebieten und drei in den vorübergehend besetzten Gebieten.

Selbstmord unter ukrainischen Soldaten als Folge des Krieges. Mit dem Stand von Juni 2017 haben bisher 500 Teilnehmer an der Anti-Terror-Operation Selbstmord begangen, nachdem sie aus dem Kampfgebiet in der Ostukraine nach Hause zurückgekehrt waren. Das teilte der ukrainische Innenminister Arsen Awakow unter Berufung auf Angaben der Militärstaatsanwaltschaft mit.

Vorwurf des Terrorismus gegen die Ukraine. Bis heute wurden 17 Personen wegen Terrorismus in Haft genommen. Das teilte der stellvertretende Militärstaatsanwalt Iwan Sywoded mit. Die Militärstaatsanwaltschaft hat von 2015 bis 2017 in 50 solchen Strafverfahren vorgerichtliche Untersuchungen durchgeführt. Den Angeklagten wurde die Beteiligung an terroristischen Gruppierungen, darunter an den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”, beziehungsweise deren Finanzierung zur Last gelegt.

Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

Ausreiseverbot für Lehrkräfte. In den Hochschulen der besetzten Stadt Luhansk ist eine Anordnung herausgegeben worden, wonach die Lehrkräfte schriftlich zusichern müssen, nicht in die von der Ukraine kontrollierten Gebiete zu fahren. In der Anordnung heißt es, dass der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) angeblich Lehrkräfte als Geiseln nehmen könne. Laut Angaben der Internetzeitung LIGA.net wurde auch an allen staatlich finanzierten Einrichtungen in Luhansk eine entsprechende Anordnung herausgegeben.

Fabrik steht still. Das Donezker Hüttenwerk hat wegen Mangels an Dieseltreibstoff seinen Betrieb ausgesetzt. Im März war diese Fabrik wie viele andere Unternehmen der Region von der “Donezker Volksrepublik“ beschlagnahmt worden.

Chefredakteur einer pro-russischen Internetzeitung in Kiew verhaftet

Am Abend des 22. Juni ist in Kiew Ihor Huschwa verhaftet worden. Er ist Eigentümer und Herausgeber der Online-Zeitung strana.ua. Die Festnahme erfolgte nach einer Durchsuchung des Kiewer Büros der Nachrichten-Webseite.

Den Strafverfolgungsbehörden zufolge wird Huschwa verdächtigt, 10.000 US-Dollar erpresst und erhalten zu haben, und zwar dafür, dass er kein kompromittierendes Material gegen einen “jetzigen Politiker” veröffentlicht. Huschwa hat nicht zum ersten Mal Probleme mit den Behörden, seitdem er in der Medienbranche tätig ist.

Huschwa bezeichnete die Durchsuchung der Räume seiner Redaktion und seine Festnahme als “geplante Provokation”. Einen Tag vorher hatte die Generalstaatsanwaltschaft der Ukraine zu diesem Fall mehrere Videos von Beobachtungskameras veröffentlicht.

Huschwas Rechtsanwältin, Olena Lukasch, erklärte, jene Videos würden die ihrem Mandanten angelastete Straftat nicht beweisen. Huschwa selbst sagte vor Gericht, ihm sei Geld angeboten worden, damit er kein kompromittierendes Material veröffentlicht, was er jedoch abgelehnt habe.

Huschwas Verhaftung hat in der ukrainischen Gesellschaft eine heftige Diskussion ausgelöst. Einige Journalisten verurteilen das Vorgehen der Behörden und werfen ihnen vor, Huschwa in Wirklichkeit wegen seiner politischen Haltung inhaftiert zu haben. Außerdem, so die Journalisten, würden die meisten Medien Material gegen Geld veröffentlichen, ohne dies entsprechend zu kennzeichnen. Daher sei Huschwas Festnahme ein gefährlicher Präzedenzfall für die Pressefreiheit im Lande.

Krim: Die Russen machen ungern Urlaub auf der annektierten Halbinsel

Das berichten russische Soziologen. Der russische Tourismusverband hat seinerseits festgestellt, dass die Buchungen von Krim-Reisen um 30 Prozent zurückgegangen sind. Als Gründe geben die Menschen an, von bisherigen Krim-Aufenthalten enttäuscht zu sein. Auch klagen sie über schlechte und teure Verkehrsverbindungen. So sind im Vergleich zu 2016 die Flugpreise um das Anderthalbfache gestiegen. Eine Anreise per Auto ist um fast 20 Prozent teurer geworden. Auch finden die Menschen generell die Preise auf der Krim seit der russischen Besetzung zu hoch. Sie sind höher als in Moskau oder auf dem ukrainischen Festland. Außerdem können aus Sicht der Touristen die Hotels auf der Krim mit den modernen und günstigen Urlaubsanlagen in der Türkei nicht mithalten. Zudem klagen viele Russen sogar über zu kaltes Wasser im Schwarzen Meer.

Kultur: Wandmalerei erinnert an die ukrainisch-belgische Industrie-Geschichte

Der ukrainische Künstler Roman Minin hat in Brüssel eine Wandmalerei geschaffen, die Bergbau zum Thema hat. Das Werk mit dem Titel “Goldene Mine” ist mit Unterstützung der Kunstgalerie “Mhaata” auf einer Wand eines historischen Gebäudes in der Nähe des Place de la Monnaie entstanden. Der Künstler hatte nach eigenen Angaben nach einem verbindenden Element zwischen der Ukraine und Belgien gesucht. Die “Goldene Mine” sei ein Symbol für die gemeinsame Geschichte. So hätten Belgier einst die Industrie im Donbass aufgebaut. “Das hat das Schicksal der östlichen Region der Ukraine für viele Jahre bestimmt. Das war ein Impulse für die wirtschaftliche und zivilisatorische Entwicklung der Region”, so Minin.

Im März 2016 hatte das Ukraine Crisis Media Center eine Ausstellung mit Archivmaterial und Fotos über wenig bekannte Kapitel der gemeinsamen ukrainisch-belgischen Geschichte gezeigt. So hatten Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts belgische Unternehmer am aktivsten in die Industrie im Osten und Süden der Ukraine investiert. Sie gründeten eine ganze Reihe von Industrie- und Bergbauunternehmen.

Derzeit wird in Kiew eine weitere Ausstellung gezeigt, in deren Mittelpunkt die französischen Investitionen in der Ukraine im gleichen Zeitraum stehen. Auch diese Ausstellung soll in Städten der Regionen Donezk und Luhansk gezeigt werden.

Sport: Ukraine gewinnt die meisten Medaillen bei der EM der Amateurboxer

Am 24. Juni ist in Charkiw die Box-Europameisterschaft der Amateure zu Ende gegangen. Die ukrainische Mannschaft gewann sechs Medaillen (dreimal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze). Somit kam das ukrainische Team zum ersten Mal seit 2008 wieder auf den ersten Platz in der Teamwertung. Auf den zweiten Platz kam Russland, auf den dritten England.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Prorussischer Redakteur für zwei Monate in Haft genommen. Reportage von Lewyj Bereg (LB.UA).

Französische Politiker fahren in den Donbass, um die russische Armee zu unterstützen. Reportage von UNIAN.

Meinung

MH17 als Spiegel des russischen Terrors. Kolumne des Politologen Roman Zymbaliuk für UNIAN.

Analyse

Was ist über den neuen Plan zur Befreiung des Donbass bekannt? Analyse von Hromadske International.

StopFake

Pressesprecherin des russischen Außenministeriums: Krim-Annexion ist bestes Beispiel von Demokratie. Die Pressesprecherin des russischen Außenministeriums Maria Zakharova ist bereits bekannt für ihre teils empörenden und provokativen Aussagen. Zakharovas letzte Behauptung betrifft die Krim. Jene ukrainische Halbinsel, die Russland 2014 mit russischen Soldaten besetzte und annektierte. In einem Interview mit der Komsomolskaya Pravda nannte Zakharova nun die russische Annexion der Krim „das beste Beispiel von Demokratie.“

Fake: Mehrheit der Ukrainer nicht an Visafreiheit mit EU interessiert.