Was das Treffen zwischen Volker und Surkow für die Ukraine bedeutet

Der Sonderbeauftragte des US-Außenministeriums für die Ukraine, Kurt Volker, traf sich am 21. August mit dem russischen Präsidentenberater Wladislaw Surkow in Minsk. Darüber berichtete Dmitry Mirontschik, Pressesprecher des weißrussischen Außenministeriums. Nach seinen Angaben begann das Gespräch gegen 14 Uhr hinter verschlossenen Türen und endete nach 17 Uhr. Über Ergebnisse ist bisher nichts bekannt. Die beiden Gesprächspartner diskutierten über Wege zur friedlichen Konfliktlösung im Donbass. Für den 21. August war von Kurt Volker keine Presseerklärung geplant.

Aus erster Hand

Wie berichtet wurde, fand das Treffen hinter verschlossenen Türen statt und es war keine Pressekonferenz geplant. Deshalb ist es schwierig zu sagen, welche Folgen dieses Treffen für die Ukraine haben kann. Kurt Volker gab überhaupt keinen Kommentar ab. Wladislaw Surkow sprach kurz über den Charakter des Treffens, nannte es nützlich und konstruktiv, wobei beide Parteien neue Ideen bei der Beilegung des Konflikts im Südosten der Ukraine vorschlugen, sowie eine neue Herangehensweise für deren Umsetzung.

„Wir stimmten darin überein, dass die derzeitige Situation im Südosten der Ukraine für keine der Parteien, die an dem Konflikt beteiligt sind, zufriedenstellend ist, sowie für Außenstehende, die den Konflikt lösen wollen“, erklärte er. Laut der Version eines Informanten, „war das Treffen zurückhaltend und hatte eher einen Arbeits- und Einführungscharakter. Die Parteien begegneten sich mit Respekt und hörten sich jeweils die Positionen der anderen Seite aufmerksam an.“

Was heißt das für die Ukraine?

Jurij Grymtschak, stellvertretender Minister für Fragen der vorübergehend besetzten Gebiete und Binnenflüchtlinge, äußerte sich unter den ukrainischen Beamten optimistisch. In einem Interview im „5. Kanal“ sagte er, dass die Entscheidung, Russland solle aus dem Donbass abziehen, bereits getroffen wurde. „Das Einzige, was heute besprochen wurde, ist, wie sie abziehen, unter welchen Bedingungen und so weiter.“

Wolodymyr Arjew, Parlamentsabgeordneter für den Block Petro Poroschenko und Vorsitzender des Unterausschusses zu Fragen der interparlamentarischen Kontakte, sowie der bi- und multilateralen Beziehungen des Ausschusses der Werchowna Rada beim Außenministerium, sieht ein positives Zeichen darin, dass dieses Treffen zwischen Volker und Surkow nicht in Moskau, sondern in Minsk stattfand. „Volker hat heute eigentlich die Funktion, die einst Victoria Nuland hatte. Sie reiste zu Verhandlungen mit Surkow nach Moskau. Offensichtlich wollte sich die amerikanische Seite jetzt dort treffen, wo auch verhandelt wird.“ Nach seiner Meinung wollen die Amerikaner ab sofort viel ernster mit Russland sprechen.

Wolodymyr Ogrysko, ehemaliger Außenminister der Ukraine, empfiehlt allerdings, geduldig zu sein und keine schnellen Ergebnisse zu erwarten. „Volker sammelt bisher nur Informationen. Er muss die andere Seite hören, um deren Logik zu verstehen. Parallel will er die Wünsche der russischen Seite hören, um sich besser über die Position der Russischen Föderation klar zu werden. Aber man muss dabei verstehen, dass man von diesem ersten Treffen keinerlei durchschlagende Ergebnisse erwarten darf. Es kann keine geben, da sich die beiden Parteien eigentlich erst kennen lernen.“

Dmytro Tymtschuk, Parlamentsabgeordneter der Ukraine und Vorsitzender der Gruppe „Informationswiderstand“, sieht den Schluss eines schnellen Abzugs der russischen Armee aus dem Donbass als zu optimistisch. Allerdings, so seine Meinung, sollte diese Entscheidung getroffen werden, wird sich Moskau bei diesem Szenario trotzdem eine Hintertür offen lassen, um weiterhin irgendwie Einfluss auf diese Gebiete zu nehmen.

Der ehemalige Generalkonsul in Edinburg und Istanbul, Vorstandsvorsitzender des Fonds „Maidan für ausländische Angelegenheiten“, Bohdan Jaremenko, ist noch pessimistischer. Er erklärte, dass man den weiteren Verlauf nach diesem Treffen aufmerksam beobachten muss, „um sich davon zu überzeugen, dass die USA nichts unternimmt, was gegen die Interessen der Ukraine ist. Hypothetisch besteht diese Möglichkeit.“

Russische Reaktion: Kein Kommentar

Seit dem Treffen zwischen Surkow und Volker sind bereits zwei Tage vergangen. Allerdings gab es aus Moskau zu diesem Anlass bisher keine Erklärung. Nach Meinung von Leonid Gosman, einem russischen Politiker und Präsident des „Bunds rechter Kräfte“, kann dieses eiserne Schweigen dadurch begründet sein, weil weder Volker, noch Surkow eine Vollmacht für die Lösung der Probleme hatten. „Mir scheint, dass sie analysieren dürfen und sie sollen ihrer Führung über ihre Ergebnisse berichten. Vielleicht bereiten sie dabei irgendeine Entscheidung vor.“

Im Westen wird die weitere Entwicklung abgewartet

Weder das Weiße Haus, noch Frankreich oder Deutschland (die beiden Länder des Normandieformats), kommentierten das Treffen zwischen Volker und Surkow. Litauen reagierte als erstes, da Volker am 22. August nach dem Treffen mit Surkow zu einem Besuch mit der litauischen Präsidentin Dalia Grybauskaitė nach Vilnius reiste. Laut Informationen der Pressestelle der litauischen Präsidentin ging das Gespräch in Vilnius über die Situation in der Ukraine. „Unter der anhaltenden Besatzung der Krim und der russischen Aggression im Donbass braucht die Ukraine internationale Unterstützung. Es ist sehr wichtig, dass die Sanktionen gegen Russland, die von den USA und der EU eingeführt wurden, beibehalten werden. Bisher wurden die Minsker Abkommen nicht vollständig umgesetzt und die Krim nicht der Ukraine zurückgegeben“, hieß es in der Mitteilung.

James Marson, politischer Kommentator des „Wall Street Journal“ meint, dass sich Volker mit Surkow traf, um die Bereitschaft der Russischen Föderation zur Lösung des Konflikts im Donbass zu prüfen. Allerdings ernannte gerade der Kreml Surkow zum Koordinator der Kämpfer im Donbass. „Putin ist zwar der Vater der Separatisten, aber Surkow deren Kindermädchen“, zitiert Marson Walentyn Nalywajtschenko, den ehemaligen Chef des ukrainischen Inlandsgeheimdienstes.

Am 23. August kam Kurt Volker nach Kiew, wo er sich James Mattis, dem US-Verteidigungsminister, anschloss, der sich mit hochrangigen ukrainischen Beamten traf, um die nächsten Schritte für diplomatische Verhandlungen zu erörtern. Allerdings ist bereits klar, dass der Weg zur vollständigen Konfliktlösung noch lang und beschwerlich sein wird.