Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten, 28.08.-3.09.2017: Gescheiterte Waffenruhe, Einreise für Russen erschwert, Zusammenarbeit mit IWF

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Waffenruhe zum Schulbeginn. Die Waffenruhe, die zum Schulbeginn ab dem 25. August vereinbart worden war, ist endgültig gescheitert. Die prorussischen Rebellen haben wieder begonnen, verbotene Waffen einzusetzen. So beschossen sie am 3. September ukrainische Stellungen in den Frontabschnitten Mariupol und Donezk mit schweren Waffen, die nach den Minsker Vereinbarungen verboten sind. Gleichzeitig gilt für die ukrainischen Soldaten ein stricktes Verbot, das Feuer zu eröffnen. Jeder Waffeneinsatz seitens ukrainischer Truppen muss dienstlich untersucht werden. Im Falle eines Verstoßes sollen die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden.

OSZE. Alexander Hug, der erste stellvertretende Vorsitzende der OSZE-Beobachtermission in der Ukraine, erklärte, dass seitdem die Waffenruhe zum Schulbeginn verkündet worden sei, im Donbass über 600 Verletzungen der Waffenruhe gemeldet worden seien.

Geiseln der Separatisten und Entführungen von Zivilisten. Am 31. August haben die prorussischen Rebellen am Militär-Checkpoint Stanyzja Luhanska einen jungen Mann entführt, der dort als Lastenträger gearbeitet hatte. Eine Woche zuvor war am gleichen Checkpoint ein anderer junger Mann, der ebenfalls Güter verladen hatte, verschleppt worden. Später wurde seine Leiche im besetzten Luhansk aufgefunden. Sie wies Spuren eines gewaltsamen Todes auf. Jurij Tandit, Berater des Chefs des Ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU), sagte, dass mit dem Stand vom 2. September 144 Ukrainer von den Rebellen illegal festhalten würden.

Russen im Donbass. Eine neue Untersuchung von InformNapalm. Laut einer Untersuchung von InformNapalm waren auf ukrainischem Territorium, im Donbass und auf der Krim, eine ganze Reihe russischer privater Militärunternehmen aktiv.


Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

Lebensmittel statt Gehalt.  Die Mitarbeiter des Unternehmens “Donezkkoks“ haben statt ihres Gehalts eine einmalige Hilfe in Form von Lebensmittel-Paketen bekommen. Darüber berichten die von der illegalen Organisation “DVR“ (Volksrepublik Donezk) kontrollierten Medien. “Donezkkoks“ wurde im März dieses Jahres “verstaatlicht“. Seitdem haben die Mitarbeiter ihr Gehalt nur einmal bekommen. Als Hilfe wurden ihnen 74 Pakete zugeteilt, die aus Grundnahrungsmitteln bestehen: Sonnenblumenöl, Mehl, Getreide, Konserven, Nudeln und anderes.

Über 400 Vermisste in den besetzten Gebieten des Donbass.  Dem Außenministerium der Ukraine zufolge sind in der Zone der Anti-Terror-Operation 400 Personen als vermisst gemeldet. Die Suche nach ihnen ist derzeit unmöglich, da internationale humanitäre Organisationen nur einen eingeschränkten Zugang zu den besetzten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk haben.

Über 1000 Schulabsolventen aus den von Kiew nicht kontrollierten Teilen des Donbass haben sich an ukrainischen Hochschulen eingeschrieben. Nach Angaben des Bildungs- und Wissenschaftsministeriums der Ukraine, sind mit dem Stand vom 23. September über 1000 Schulabsolventen aus den von Kiew nicht kontrollierten Teilen der Regionen Donezk und Luhansk, sowie ca. 150 Schulabsolventen von der annektierten Krim an ukrainischen Hochschulen aufgenommen worden.

Kontakt zu OSZE-Mitarbeitern verboten. Die Rebellen der illegalen Organisationen “DVR“ und “LVR“ verbieten den Lehrern in den von der Ukraine nicht kontrollierten Gebieten mit den OSZE-Beobachtern zu sprechen. Das geht aus dem Bericht der Beobachtermission hervor.


EU-Ukraine-Assoziierungsabkommen ist in Kraft getreten

Am 1. September ist das Assoziierungsabkommens zwischen der EU und der Ukraine in vollem Umfang in Kraft getreten. Der wirtschaftliche Teil des Abkommens, über die Freihandelszone zwischen der Ukraine und der Europäischen Union, ist bereits seit mehr als anderthalb Jahren in Kraft. In dieser Zeit ist die EU zum wichtigsten Handelspartner der Ukraine geworden. Derzeit hat der Handel mit den EU-Ländern einen Anteil von 41,1 Prozent am gesamten Außenhandel. Im ersten Halbjahr 2017 sind die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen in die EU im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres um 22,8 Prozent gestiegen und belaufen sich auf 9,4 Milliarden Dollar.

Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, bezeichnete das volle Inkrafttreten des Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU als Fest für den gesamten europäischen Kontinent. Am Tag des Inkrafttretens des Assoziierungsabkommens sagte die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, das ukrainische Volk könne auch in den kommenden Jahren mit der Unterstützung und Zusammenarbeit mit der Europäischen Union rechnen.


Ukraine erschwert Einreise für russische Staatsbürger

Laut Dekret des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko wird ab dem Jahr 2018 an den Grenzen des Landes eine biometrische Kontrolle bei der Einreise von Ausländern eingeführt, darunter auch für Bürger der Russischen Föderation. Die ukrainische Regierung hat nun einen Monat Zeit, um die Gesetzgebung bezüglich des Aufenthalts von Ausländern in der Ukraine an das Dekret des Staatsoberhaupts anzupassen.

Poroschenko selbst bezeichnete die Entscheidung, eine biometrische Kontrolle auch für russische Bürger einzuführen, als absolut gerechtfertigt. Er sagte, dass in Kürze eine Entscheidung des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates veröffentlicht werde, wonach die Einreise von Bürgern aus Ländern, die für die Ukraine eine Bedrohung darstellen, nur noch mit biometrischen Pässen erfolgen kann . “Ab dem 1. Januar 2018 kann der Grenzübertritt von Bürgern aus Ländern, die für die Ukraine eine Gefahr darstellen (die Liste der Länder beschließt das Ministerkabinett der Ukraine), nur noch mit biometrischen Pässen erfolgen oder, bei denjenigen, die keine biometrischen Pässe haben, müssen die biometrischen Daten an der Grenze erhoben werden. Dies bedeutet nicht, dass es ein Verbot geben wird, aber die Grenzübergänge müssen mit entsprechendem Gerät ausgestattet werden, mit dem die Erhebung gewährleistet werden kann”, so der Präsident.


Wirtschaft: Zusammenarbeit mit dem IWF

Im September und Oktober kommen drei Mission des IWF in die Ukraine. Es wird sich um technische Missionen handeln, die sich mit den Vorbereitungen für den Staatshaushalt 2018, mit der Rentenreform und anderen Fragen befassen werden. Die erste Mission begann am Montag (4.9.). Eine weitere, ursprünglich für den 14. September geplant, könnte bereits zwei Tage früher beginnen.

Trotz öffentlicher Beteuerungen der ukrainischen Nationalbank und des Finanzministeriums, wonach die Ukraine bis Ende des Jahres IWF-Tranchen erhalten könnte, sind einige Vertreter der Nationalbank weniger optimistisch. “Bei uns ist unklar, ob es dieses Jahr eine Tranche geben wird. Die Mission kommt, während es noch keinen neuen Chef der der Nationalbank gibt. Und jetzt könnte auch noch der Finanzminister für einige Zeit vom Amt entfernt werden”, so eine Quelle in der Nationalbank.


Zwischen Hoffnung und Angst:
Aktuelle Tendenzen der öffentlichen Meinung in der Ukraine

Laut einer Umfrage des Instituts für Soziologie der Nationalen Akademie der Wissenschaften der Ukraine in Zusammenarbeit mit der Stiftung “Intellectual Perspective” ist die überwiegende Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung (etwa 63 Prozent) stolz darauf, Bürger der Ukraine zu sein. Der Anteil ist seit 2014 deutlich gestiegen. Im Jahr 2013 waren 48 Prozent stolz darauf, ukrainischer Staatsbürger zu sein, 2014 waren es 60 Prozent, 2015 67 Prozent, 2016 60 Prozent und 2017 63 Prozent.

Die stärksten Gefühle, die bei Menschen aufkommen, wenn sie an die Zukunft der Ukraine denken, waren im Jahr 2017 Hoffnung (47 Prozent), Unruhe (35 Prozent), Optimismus (21 Prozent) und Angst (17 Prozent).

Unter den Ängsten herrschen im Jahr 2017 wirtschaftliche Sorgen vor: Steigende Preise (77 Prozent), Arbeitslosigkeit (61 Prozent), ausstehende Löhne und Renten (63 Prozent). Zu den größten Ängsten zählt die zunehmende Kriminalität (43 Prozent) und ein möglicher Angriff eines äußeren Feindes (38 Prozent).


Sport: Ukrainer Olexander Chyschnjak gewinnt WM im Boxen

Bei der Weltmeisterschaft im Boxen 2017 in Hamburg hat sich im Endkampf um den WM-Titel in der Gewichtsklasse bis 75 kg der Ukrainer Olexander Chyschnjak gegen den Kasachen Äbilchan Amanqul durchgesetzt. Chyschnjak war deutlich im Vorteil, aber am Ende der zweiten Runde bewahrte nur noch der Gong zur Pause den Gegner vor einem Knockdown. Die Schiedsrichter war einstimmig – 5:0 zugunsten des Ukrainers.


Kultur: “Ikonen der Revolution”
verschwinden von Fassade eines Ladens in Kiew

Von der Fassade eines Luxus-Möbelhauses auf der Hruschewskyj-Straße in der Kiewer Innenstadt sind bekannte patriotische Graffiti verschwunden, die dort während der Revolution der Würde entstanden waren. Der Chef des Möbelhauses, Ihor Dozenko, bezeichnete die Graffiti als “typische Street-Art”, die immer wieder von den kommunalen Diensten der Stadt entfernt würden. Bei Protesten gegen die Entfernung der Graffiti kam es zu Ausschreitungen, bei denen der Eingang zum Geschäft zertrümmertwurde und Autoreifen angezündet wurden. Die Kiewer Staatsanwaltschaft ermittelt wegen der Zerstörung der Graffiti, die vom Gesetz geschützt waren. Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko sagte, die Behörden würden nun das Unternehmer überprüfen. Am Ende des Tages wurde das Möbelhaus geschlossen. Kiewer Künstler wollen die vernichteten Graffiti nun wiederherstellen.


Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos
zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Micheil Saakaschwilis Bruder in Kiew verhaftet – Reportage von Hromadske International

Warum zwei spanische Journalisten aus der Ukraine ausgewiesen wurden – Reportage von Hromadske International

Ukraine verweist russische Journalistin für drei Jahres des Landes – Reportage von LB.ua

Meinung

Russland in der Welt: von der G8 bis zur “Achse des Bösen” – Kolumne von Aleksandr Sytin für LB.ua

Analyse

Wie die Annexion die selbsternannten Machthaber auf der Krim reicht gemacht hat – Analyse von Hromadske international

Reform Roundup: Ukraine kämpft für Korruptionsbekämpfung und Effizienzverbesserung – Analyse von Hromadske International

Die Reformen in der Ukraine sind ein Durchbruch, trotz langsamer Geschwindigkeit – Analyse von Hromadske International