„Gesamtukrainische Versammlung”

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Am 17. Oktober gab es auf dem Platz vor der Werchowna Rada eine Kundgebung mit dem Namen „Gesamtukrainische Versammlung für eine große politische Reform“ mit mehreren Tausend Teilnehmern. Es ist die erste Aktion innerhalb der vergangenen drei Jahre, die mehrere verschiedene politische Gruppen vereinte: sechs Zivilorganisationen, neun politische Parteien und 11 Parlamentsabgeordnete mit verschiedenen politischen Ansichten. Es beteiligten sich an der Aktion auch Vertreter von Nationalisten, sowie von deren Gegnern wie Kämpfer für LGBT-Rechte.

Die Teilnehmer der Aktion stellen drei Forderungen: die Einführung eines proportionalen Wahlsystems mit „offenen Listen“ der Parteien in der Ukraine; die Annahme des Gesetzentwurfs zur Aufhebung der Abgeordnetenimmunität, der von Abgeordneten der Mehrheitsfraktion bereits im Juli registriert wurde; und die Gründung eines Antikorruptionsgerichts.

Antikorruptionsgericht

Ein solches Gericht wird von den Vorsitzenden des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU) und der Sonderantikorruptionsstaatsanwaltschaft seit langem gefordert. Dabei meint der amtierende Präsident Petro Poroschenko, dass die Gründung dieses Gerichts mindestens zwei Jahre dauert, weshalb er vorschlägt, zuerst eine Antikorruptionskammer bei bestehenden Gerichten einzuführen. Am 3. Oktober dieses Jahres wurde ein entsprechender Gesetzentwurf registriert. Daran wirkten auch Co-Organisatoren der Aktion mit. Allerdings schlug die Venedig-Kommission am 10. Oktober den Autoren des Gesetzentwurfs vor, den Entwurf aus dem Parlament zurückzuziehen. Die Kommission steht der Gründung eines Antikorruptionsgerichts insgesamt positiv gegenüber, empfiehlt allerdings, den Prozess nicht zu politisieren und rät von der Gründung einer Antikorruptionskammer ab.

Verlauf der Ereignisse

3.500 Polizisten und Mitglieder der Nationalgarde wurden zur Sicherung der Aktion eingesetzt. Am Abend des 17. Oktobers gab es Zusammenstöße, wobei vier Personen verletzt wurden: ein Polizist und drei Demonstranten. In der Nacht stellten die Demonstranten vor der Werchowna Rada über 50 Zelte auf.

Bisher erfüllte das Parlament nicht die Forderungen der Aktivisten. Trotzdem sind die Parteichefs des Blocks Petro Poroschenko und der Volksfront bereit, am Donnerstag zwei der drei Forderungen auf die Tagesordnung zu setzen: die Aufhebung der Abgeordnetenimmunität und das Wahlgesetz. Darüber berichtete Mustafa Najem, selbst Abgeordneter und Co-Organisator der Aktion.

Wenn das Parlament die Forderungen ignoriert, versprechen einige Teilnehmer der Aktion, unter anderem Michail Saakaschwili, die Aktion fristlos fortzuführen und vorgezogene Parlaments- und Präsidentschaftswahlen zu fordern. Die Organisatoren wollen ebenfalls, dass in anderen Regionen des Landes demonstriert wird.