Saakashvili ist verhaftet, Ungarn ist zufrieden, Hauptstaatsanwalt vs Anti-Korruption und mehr: Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten #39, 4-10 Dezember 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Erklärung von Kurt Volker zur Verschlechterung der Lage in der Ostukraine. Der Ukraine-Sonderbeauftragte des US-Außenministeriums Kurt Volker hat erklärt, die humanitäre Lage im Donbass habe sich verschlechtert. Er betonte, die humanitäre Krise im Osten der Ukraine sei die schlimmste seit drei Jahren und sie verschlimmere sich weiter. Die Russische Föderation könnte all dem ein Ende setzen, indem sie ihre Intervention in der Ukraine und ihre Unterstützung für die Separatisten, die in der Ostukraine aktiv seien, beenden würde – und zwar mit der Implementierung der Minsker Vereinbarungen, schrieb Volker am Freitag (08.12.2017) auf Twitter.

Bericht aus Den Haag. Die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) sieht Anzeichen für einen internationalen bewaffneten Konflikt in der Ostukraine, heißt es im Jahresbericht der Voruntersuchung der ICC-Staatsanwaltschaft. Das Dokument betont, dass die Kämpfer der terroristischen Organisationen “Luhansker Volksrepublik” und “Donezker Volksrepublik” “zu gut organisiert sind, um als Parteien eines nicht-internationalen bewaffneten Konflikts betrachtet zu werden”.

 

Sanktionen der USA gegen Russland

Neue Sanktionen. Der amerikanische Präsident Donald Trump hat neue Sanktionen gegen Russland wegen der Verletzung des Abkommens über die Beseitigung von Raketen mittlerer und geringer Reichweite genehmigt, schreibt das Magazin Politico unter Berufung auf einen hochrangigen Vertreter der US-Administration. Es wird berichtet, dass das Handelsministerium der USA “russische Unternehmen bestrafen wird, die Technologien zur Verfügung gestellt haben, um neue Waffen zu entwickeln, die durch den Vertrag verboten sind.”

Sanktionen wegen der Krim-Annexion. Die Sanktionen der USA gegen Russland bleiben in Kraft, solange die Krim annektiertes Gebiet ist und sich russische Truppen im Donbass befinden. Das erklärte US-Außenminister Rex Tillerson während einer Rede auf der 24. Tagung des OSZE-Ministerrats in Wien.

 

Der Fall Saakaschwili: Was nun?

Kommt ein Prozess? Die Ermittlungen im Fall Micheil Saakaschwili, dem Anführer der Partei “Bewegung neuer Kräfte”, sind beendet worden. Somit begann am Montag (11.12.2017) um 12.00 Uhr im Kiewer Petscherskyj-Bezirksgericht eine Verhandlung, bei der eine Präventivmaßnahme getroffen werden sollte. Am Abend lehnte das Gericht jedoch den von der Staatsanwaltschaft geforderten Hausarrest für Saakaschwili ab. Nach der Gerichtsverhandlung wurde er entlassen. Die nächste Verhandlung findet am 14. Dezember statt.

Saakaschwilis Hungerstreik. Der Anführer der “Bewegung neuer Kräfte”, der ehemalige georgische Präsident Micheil Saakaschwili, hatte zuvor angekündigt, er werde im Falle einer vorübergehenden Einzelhaft beim Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) in den Hungerstreik treten.

Sind die Aufnahmen der Staatsanwaltschaft echt? Die von der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft präsentierten Aufnahmen von Gesprächen zwischen Saakaschwili und Serhij Kurtschenko müssen in Großbritannien oder den USA begutachtet werden, sagte David Sakwarelidse, Mitarbeiter des früheren georgischen Präsidenten. “Schauen Sie, von welchem Format  Saakaschwili ist und wer Kurtschenko ist. Der geflüchtete Oligarch war ein Symbol des Regimes von Viktor Janukowytsch. Die jetzige Staatsmacht will Saakaschwili mit ihm in Verbindung bringen. Es läuft eine große Strafsache gegen Janukowytschs Bande. Aber die Sache ist so schlecht vorbereitet, dass sie vor Gericht nicht halten wird. Saakaschwili soll sich also mit dieser kriminellen Gruppe verschwört haben, um die Staatsmacht in der Ukraine zu stürzen? Das soll der logische Schluss in diesem Fall sein”, so Sakwarelidse.

Die Position des Außenamts. Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin hat am Samstag (09.12.2017) vor Journalisten in Kiew betont, dass der Westen eine Inhaftierung des Anführers der “Bewegung neuer Kräfte”, des Ex-Vorsitzende der Staatlichen Verwaltung der Region Odessa und ehemaligen georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili “als eine interne Angelegenheit der Ukraine” betrachten werde. Allerdings solle der Fall unter Einhaltung der geltenden Gesetze behandelt werden.

Erklärung von Poroschenko. Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, hat während eines Besuchs in Vilnius gesagt, dass alles, was mit Saakaschwili derzeit passiere, in keinem Zusammenhang mit dessen politischen Aktivitäten stehe. “Die Sache mit Saakaschwili verdient keine internationale Beachtung. Es liegt eine konkrete Straftat vor und wir müssen für transparente Untersuchungen und absolute Offenheit sorgen”, so Poroschenko. Die Ermittlungsbehörden und die Justiz müssten unparteiisch und effizient vorgehen. Das müsse der ukrainische Staat garantieren. Poroschenko äußerte die Überzeugung, dass eine Person, der Straftaten zur Last gelegt werden, die gesetzwidrig die Staatsgrenze überschritten hat und aus der Haft geflohen ist, zur Verantwortung gezogen werden muss.

 

Nationales Anti-Korruptions-Büro unter Druck

Seit unter massivem internationalen Druck ein Gesetzentwurf aus dem Parlament zurückgezogen worden war, mit dem das Nationale Anti-Korruptions-Büro (NABU) der Kontrolle des Parlaments hätte unterstellt werden können, nimmt die Konfrontation zwischen dem NABU und dem Justizministerium zu.

Streit mit dem Justizministerium. Das Justizministerium der Ukraine hat erklärt, es werde vom NABU unter Druck gesetzt. NABU-Detektive hatten das Büro und die Wohnung eines Mitarbeiters des Justizministeriums durchsucht, nachdem das NABU darüber informiert worden war, dass der betreffende Mitarbeiter Dokumente vernichten könnte. Das NABU unterstreicht, dass ein Kiewer Bezirksgericht die Durchsuchung von Räumen des Justizministeriums am 8. Dezember 2017 für rechtmäßig erklärt hat. Das ukrainische Justizministerium hingegen wandte sich an den Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko. Das Ministerium hält die Durchsuchungen seitens des NABU und die Beschlagnahme von Dokumenten ohne richterliche Anordnung für gesetzwidrig.

Generalstaatsanwaltschaft unterstützt Justizministerium. Die Generalstaatsanwaltschaft sieht im Vorgehen der NABU-Detektive eine Straftat. Der Generalstaatsanwalt der Ukraine, Jurij Luzenko, betonte, dass das NABU, wie alle Strafverfolgungsbehörden, bei ihrer Arbeit die Gesetze einhalten müssten.

Reaktion des Präsidenten. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko betonte, er werde keine politische Einmischung in die Arbeit der ukrainischen Anti-Korruptions-Behörden zulassen. Er wolle eine Politisierung deren Arbeit durch irgendwelche Strafverfolgungsbehörden verhindern. “Ich erkläre, dass ich die geringste Gefahr einer Einmischung in die Arbeit der Anti-Korruptions-Behörden nicht dulden werde”, sagte das Staatsoberhaupt am Freitag (08.12.2017) auf einer Pressekonferenz.

Druck seitens der internationalen Gemeinschaft. Die Europäische Union wird der Ukraine erst dann wieder neue Finanzhilfen zur Verfügung stellen, wenn ein Anti-Korruptions-Gericht geschaffen wird. Wie die ukrainische Internetzeitung “Jewropejska prawda” (Europäische Wahrheit) feststellt, hat die EU nach der Abschaffung der Visumspflicht für ukrainische Staatsbürger nicht mehr so viele Hebel, um auf das offizielle Kiew Einfluss zu nehmen. Einer dieser Hebel ist die makrofinanzielle Hilfe. Nachdem jener Gesetzentwurf über das NABU aus dem Parlament zurückgezogen war, erklärte Poroschenko, er gebe dem Parlament einen Monat Zeit, ein Anti-Korruptions-Gericht zu schaffen.

 

Sprachen-Streit: Die Venedig-Kommission ist auf der Seite der Ukraine

Beschluss der Venedig-Kommission. Die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht (Venedig-Kommission) hat Ungarns Vorwurf gegen die Ukraine nicht unterstützt, wonach das neue ukrainische Bildungsgesetz die Rechte nationaler Minderheiten einengt, wenn es um die Unterrichtssprache in Schulen geht.

Empfehlungen der Kommission. Die Venedig-Kommission empfiehlt der Ukraine, den Übergangszeitraum bis zur vollen Anwendung des Artikels über die Unterrichtssprache im neuen Bildungsgesetz bis zum Jahr 2020 zu verlängern. In den Empfehlungen heißt es, Artikel 7 Absatz 4 sehe eine Rechtsgrundlage für den Unterricht anderer Fächer in den Amtssprachen der EU vor. “Dieser Absatz sieht jedoch kein Lösung für Sprachen vor, die keine Amtssprachen der EU sind, insbesondere für Russisch als der nach der Amtssprache (Ukrainisch) am weitesten verbreiteten Sprache in der Ukraine”, so die Venedig-Kommission.

Reaktion des ukrainischen Außenministeriums. Außenminister Pawlo Klimkin ist zuversichtlich, dass die Ukraine und Ungarn eine Lösung für das Sprachen-Problem finden werden. Die ethnischen Ungarn in der Ukraine sollen seiner Meinung nach im öffentlichen Dienst und in der Politik über alle Chancen verfügen. Das sei auch Budapest klar. “Ich bin mir sicher, dass wir uns einigen werden. Der Unterricht auf Ungarisch bleibt erhalten, aber ein Teil der Fächer wird auf Ukrainisch unterrichtet”, sagte Klimkin am Samstag (09.12.2017) in Kiew. Der Außenamts-Chef betonte, dass jeder Bürger der Ukraine die ukrainische Sprache beherrschen sollte und sich bewusst sein sollte, in welchem ​​Land er lebt.

Reaktion aus Budapest. Die ungarische Regierung hat erklärt, bei der Lösung des Problems mit dem ukrainischen Bildungsgesetz gebe es zwei Bedingungen. Das berichtet der Pressedienst des ungarischen Außenamts. Außenminister Péter Szijjártó sagte auf einer Sitzung des Ministerrats der OSZE in Wien, in erster Linie dürften die Rechte der ungarischen Minderheit nicht verletzt werden, und zweitens müssten die Ungarn in Transkarpatien dem Wortlaut des Gesetzes zustimmen. Diese Bedingungen äußerte Szijjártó bei einem Gespräch mit seinem ukrainischen Amtskollegen Klimkin und dann bei einem Treffen mit dem Ukraine-Sonderbeauftragten des US-Außenministeriums Kurt Volker.