Menschenrechte 2017: Bericht von Amnesty International

Nach wie vor bestehen in der Ukraine beim Schutz der Menschenrechte Probleme: Menschenrechtsverletzungen in den vorübergehend besetzten Gebieten, Misshandlungen von Inhaftierten, geheime Gefängnisse, Verzögerung der Ratifizierung der Istanbul-Konvention, Druck auf Anti-Korruptions-Aktivisten und NGOs seitens der ukrainischen Behörden, große Intoleranz gegenüber LGBT in der Gesellschaft sowie häufige Fälle von Straflosigkeit. Zu dem Ergebnis kommt ein Bericht von Amnesty International (AI) über die Menschenrechtslage in der Ukraine für das Jahr 2017.

Die Krim. Amnesty International stellt außerdem fest, dass die Menschenrechte in der von Russland besetzten Krim weiterhin verletzt werden, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf Vereinigung und friedliche Versammlung. Nach wie vor werden vor allem ethnische Krimtataren unter Druck gesetzt. Die Menschenrechtsorganisation beklagt in ihrem Bericht zudem, dass der Medschlis der Krimtataren immer noch verboten ist.

Kritik an den ukrainischen Behörden. Nach Angaben von Amnesty International haben Vertreter ukrainischer Strafverfolgungsbehörden erneut Folter und andere brutale Methoden angewandt. Gleichzeitig wird in dem Bericht festgestellt, dass nach einer zuvor veröffentlichten AI-Studie über Geheimgefängnisse des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU) insgesamt 20 Menschen aus entsprechender Haft entlassen wurden. Doch es habe innerhalb eines Jahres keine überzeugenden Ermittlungen gegeben. Die Opfer würden immer noch als Zeugen geführt.

Erklärung des ukrainischen Justizministeriums. Der stellvertretende Justizminister Denys Tschernyshow sagte zum AI-Bericht, dass im ukrainischen Strafvollzug im Jahr 2017 keine Fälle von Folter festgestellt worden seien. Ihm zufolge hat das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter im vergangenen Jahr seine Arbeit in der Ukraine abgeschlossen. Man solle sich auf den Bericht des Komitees stützen, das in der Ukraine keine Fälle von Folter registriert habe, so Tschernyshow.

Anti-Korruptions-Organisationen unter Druck. Menschenrechtsaktivisten äußern sich besorgt darüber, dass die ukrainischen Behörden Anti-Korruptions-Aktivisten und zivilgesellschaftliche Organisationen unter Druck setzen. Sie würden unter anderem aufgefordert, eine elektronische Einkommens- und Vermögenserklärung abzugeben. Zudem sehe eine Gesetzesvorlage eine aufwändige Finanzberichterstattung für NGOs vor.

Meinungsfreiheit unter Druck. Der AI-Bericht erwähnt auch die Durchsuchungen von Büros der Medienholding “Vesti” und von “Strana.ua” sowie die Ausweisung von zwei russischen und zwei spanischen Journalisten. Der SBU hatte diesbezüglich von einer “Bedrohung der nationalen Interessen der Ukraine” gesprochen. Amnesty International erwähnt auch die Festnahme des freiberuflichen Journalisten Wasyl Murawyzkyj, der für russische Medien gearbeitet hatte. Ihm wurde die “Verbreitung anti-ukrainischen Materials” vorgeworfen. In dem AI-Bericht wird auch darauf hingewiesen, dass es keinen Fortschritt bei den Ermittlungen in den Mordfällen der Journalisten Oles Busyna (2015) und Pawel Scheremet (2016) gibt.

Ratifizierung der Istanbul-Konvention. Amnesty International ruft in seinem Bericht die Ukraine auf, das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, auch bekannt als Istanbul-Konvention, so bald wie möglich zu ratifizieren, um eine effektivere Bekämpfung häuslicher Gewalt zu ermöglichen.

Intoleranz gegenüber LGBT. In dem AI-Bericht wird der letztjährige Marsch für Gleichstellung in Kiew gewürdigt. Er war der bisher größte seiner Art und wurde von massiven Sicherheitsmaßnahmen begleitet. Gleichzeitig wird betont, dass in der ukrainischen Gesellschaft ein hohes Maß an Intoleranz gegenüber LGBT bestehe. Im Jahr 2017 sei die Anzahl gewaltsamer Übergriffe auf Vertreter der Gemeinschaft gestiegen.