Europa-Tour der Präsidentschaftskandidaten, Poroschenko im Olympiastadion, Selenskyj im Falle eines Wahlsieges und weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

In der vergangenen Woche haben bewaffnete Verbände der Russischen Föderation weiterhin die Waffenruhe verletzt und dabei Waffen eingesetzt, die durch die Minsker Vereinbarungen verboten sind. Der Feind schoss auf die ukrainischen Verteidiger mit Panzerabwehrlenkwaffen, Granatwerfern verschiedener Systeme, großkalibrigen Maschinengewehren und Kleinwaffen.

Die ukrainischen Vereinten Kräfte halten den Feind an der Kontaktlinie verlässlich unter Kontrolle und halten sich dabei an die Bedingungen der Waffenruhe.


Internationale Politik: Europa-Tour der Präsidentschaftskandidaten

Der französische Präsident Emmanuel Macron und sein ukrainischer Amtskollege Petro Poroschenko haben am 12. April Gespräche im Elysee-Palast geführt. Poroschenko erklärte nach dem Treffen in Paris, er habe mit Macron über die ukrainischen politischen Gefangenen in der Russischen Föderation und in den von Kiew nicht kontrollierten Teilen der ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk gesprochen. Ferner kündigte er eine neue Initiative zur Freilassung des ukrainischen Journalisten Roman Suschtschenko an, der in Russland zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Darüber hinaus teilte Poroschenko mit, der am selben Tag zuvor in Berlin Gespräche mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel geführt hatte, dass er die Zustimmung Deutschlands und Frankreichs erhalten habe, um nach den ukrainischen Präsidentschaftswahlen ein Treffen im Normandie-Format (Ukraine, Deutschland, Frankreich und Russland) zur Regelung der Lage im Donbass durchzuführen. Merkel hatte nach dem Treffen mit Poroschenko erklärt, die Gespräche im Normandie-Format hätten sich bewährt und müssten fortgesetzt werden.

Macron trifft Selenskyj. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich am 12. April auch mit dem ukrainischen Präsidentschaftskandidaten Wolodymyr Selensykj getroffen. Selenskyj sagte über das Treffen, es sei “cool” und konstruktiv gewesen und in einer warmen Atmosphäre verlaufen. Er habe in Macron einen “wahren Anführer des vereinten Europas” gesehen. “Wir haben über die wichtigsten Fragen der ukrainische Gesellschaft und der Ukraine als Ganzes gesprochen. Wir haben über das Leben gesprochen, und über das Wichtigste: über die Beendigung des Kriegs im Donbass”, sagte Selenskyj.

Selenskys Wahlstab zur internationalen Politik. Dmytro Rasumkow, Sprecher des Präsidentschaftskandidaten Wolodymyr Selenskyj, hat erklärt, es sei derzeit unmöglich, demokratische Wahlen in den von Kiew nicht kontrollierten Gebieten im Donbass durchzuführen. Rasumkow stellte fest, der Minsk-Prozess sei trotz seiner Unvollkommenheiten durchaus akzeptabel. Seiner Ansicht nach ist ein gemeinsames Vorgehen der Ukraine und ihrer internationalen Partner, vor allem mit diplomatischen Mitteln, der einzige Weg zur Lösung des Konflikts im Donbass. Rasumkow sagte auch, dass die Rückkehr der besetzten Gebiete des Donbass und der Krim ausschließlich zu Bedingungen der Ukraine erfolgen sollte. Was die europäische und euroatlantische Integration der Ukraine angeht, so betonte Selenskyjs Sprecher, dass “das Land diese zivilisatorische Entscheidung längst getroffen hat”.


Debatte im Stadion: Was die Ukrainer von Poroschenko gehört haben

Am 14. April kam der ukrainische Präsident Petro Poroschenko ins Kiewer Olympiastadion. Sein Gegner, der Showman Wolodymyr Selenskyj, erschien dort wie angekündigt nicht zu einem Rededuell. Selenskyj erklärte lediglich, er werde am 19. April im Olympiastadion auf Poroschenko warten, obwohl an dem Tag im öffentlich-rechtlichen Fernsehen eine Debatte zwischen beiden Kandidaten stattfinden soll. Poroschenko und Selenskyj treten am 21. April in der Stichwahl um das Präsidentenamt gegeneinander an.  Während Poroschenko im Stadion auf Selenskyj wartete, hatten etwa 200  anwesende Journalisten Gelegenheit, dem Präsidenten Fragen zu stellen. Folgendes haben die Ukrainer vom Präsidenten gehört:

Personelle Veränderungen.Poroschenko sagte, er habe Serhij Semotschko, den stellvertretenden Leiter des Auslandsgeheimdienstes, entlassen. Allerdings ist auf der Webseite des Präsidenten noch kein entsprechendes Dekret des Staatsoberhaupts veröffentlicht. Semotschko steht im Mittelpunkt eines Skandals, der nach Enthüllungen durch Journalisten entbrannt war. Gegen Semotschko besteht der Verdacht auf illegale Bereicherung. Zudem sollen seine Familienangehörigen die russische Staatsbürgerschaft besitzen.

Poroschenko sagte auch, dass er weder Verteidigungsminister Stepan Poltorak noch den ukrainischen Außenminister Pawlo Klimkin nach den Präsidentschaftswahlen abberufen wolle.

Viktor Medwedtschuk. Poroschenko sagte , dass er derzeit keine Treffen mit Viktor Medwedtschuk abhalte. “Ich habe das zehnmal erklärt und kann es noch einmal wiederholen: Viktor Medwedtschuk ist de facto ein Vertreter Putins und kein Vertreter der Ukraine. Er vertritt nicht den Präsidenten der Ukraine und wird ihn nicht vertreten”, so Poroschenko. Medwedtschuk sagte daraufhin, er werde auch weiterhin die Verhandlungen zur Freilassung der in Russland gefangen gehaltenen ukrainischen Seemänner führen.

Einführung von Präfekturen. Poroschenko sagte, im Falle seiner Wiederwahl werde er als Staatsoberhaupt Verfassungsänderungen initiieren, die die Einführung von Präfekten vorsehen. Diese sollen dann die heutigen Vorsitzenden der Staatlichen Verwaltungen in den Regionen ersetzen.

Werbeplakate mit Putin. Nach der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen sind in der Ukraine große Werbeplakate erschienen, auf denen Poroschenko und Putin zu sehen sind, die sich gegenüberstehen. Viele sahen darin eine Anspielung auf eine angeblich prorussische Gesinnung von Wolodymyr Selenskyj. Poroschenko erklärte dazu, er vergleiche seinen Gegner Selenskyj nicht mit dem russischen Präsidenten: “Ich betone, dass ich kein Gleichheitszeichen zwischen Putin und Selenskyj setze. Ich möchte lediglich an Putins Worte erinnern, wonach für ihn jeder Präsident der Ukraine, außer Poroschenko, ein Traum sei.”


Falls Selenskyj gewählt wird: Wie geht es dann weiter?

Ein Szenario vorgezogener Parlamentswahlen. Das Ukraine Crisis Media Center hat bereits in dem aktuellen Beitrag “Kurz vor dem Finale: Für wen die Ukrainer stimmen wollen” erläutert, warum der Handlungsspielraum eines neugewählten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj durch das Parlament eingeschränkt sein wird. Die nächsten Parlamentswahlen finden erst im Herbst 2019 statt. Bis dahin wird Selenskyj, sollte er Präsident werden, höchstwahrscheinlich an Popularität verlieren. Und seine Partei, die derzeit aufgebaut wird, könnte dann bei Parlamentswahlen weniger Mandate erhalten als erwartet.

Der Journalist Serhij Rachmanin von der ukrainischen Zeitung “Dserkalo tyschnja” schließt daher vorgezogene Parlamentswahlen nicht aus. Er meint, mit Hilfe des Kiewer Verwaltungsgerichts könnte eine vorzeitige Beendigung der Legislaturperiode des Parlaments herbeigeführt werden.

Rachmanin zufolge hatte das Gericht am 6. März dieses Jahres offiziell das Parlament aufgefordert, die Existenz einer Koalition zu bestätigen. In einer offiziellen Erklärung des Gerichts heißt es, die Richter hätten beschlossen, vom Parlament Angaben zur Koalition mit dem Stand vom 28. Februar 2019 einzufordern – mit den dazugehörigen Fraktionen und Namen der Abgeordneten. Rachmanin betont, sollten die Angaben nicht vorgelegt werden, könnte das Gericht feststellen, dass es spätestens seit dem 28. Februar 2019 keine Koalition im Parlament gibt. Laut Verfassung muss innerhalb von 30 Tagen eine neue gebildet werden. Diese Frist wäre dann schon Ende März abgelaufen. “Folglich hätte der Gewinner der Präsidentschaftswahlen, sollte er sich auf eine entsprechende gerichtliche Entscheidung berufen, einen formalen Grund, gleich nach seiner Amtseinführung das Parlament aufzulösen”, so der Journalist.

Mögliche Vernehmung Poroschenkos wegen Korruptionsfällen.Innenminister Arsen Awakow schließt nicht aus, dass Petro Poroschenko nach Beendigung seiner Präsidentschaft bezüglich mehrerer Korruptionsfälle vernommen wird, über die Medien des Landes berichten. “Ich bin nur ein politischer Minister. Ich denke, wenn es Gründe gibt, haben wir genug Behörden, die ein Verfahren gegen einen Bürger einleiten können, der einmal Präsident war. Das ist ein normaler Vorgang”, sagte Awakow.

Zusammenarbeit mit dem IWF. Reuters berichtet, dass Wolodymyr Selenskyj Investoren sehr ernst nimmt und sie versucht davon zu überzeugen, dass die Ukraine im Programm des Internationalen Währungsfonds bleiben wird. Der ehemalige ukrainische Wirtschaftsminister Aivaras Abromavicius sagte der Agentur, Selenskyj werde im Falle eines Wahlsieges “die Unabhängigkeit der Zentralbank bewahren und deren Vorsitzenden Jakiw Smolij nicht entlassen”. Abromavicius zufolge wird Selenskyj zudem das Parlament davon überzeugen wollen, das Moratorium für den Verkauf von Ackerland aufzuheben und die Besteuerung von Unternehmen zu ändern.