Expertin: Jeder fünfte Student floh von der Krim, um auf dem Festland weiter zu studieren

Kiew, 23. März 2015 – Von 42.000 Studenten, die 2014 ihren Bachelor auf der Krim machten, gingen 8.000 aufs Festland der Ukraine, um dort weiter zu studieren. Darüber berichtete Valentina Potapowa, die Koordinatorin der Bildungsprogramme am Zentrum für öffentliche Ausbildung „Almenda“, während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center. „Das heißt, jeder fünfte Student wählte die Ukraine. Die Verbliebenen werden uns die Tür zur Krim öffnen“, merkte sie an.

Nach ihren Angaben ist dies ein guter Wert, aber die Situation auf der Halbinsel ist heute schwierig. „Auf der Krim werden die Gehirne gewaschen und darauf richten sich unglaublich viele Mittel und Anstrengungen. So gibt es das sogenannte Konzept der patriotischen Erziehung, das Gesetz über extremistische Tätigkeiten, nach dem Schüler und Studenten, denen pro-ukrainische Webseiten gefallen, in den Bereich besonderer Aufmerksamkeit geraten. Die Eltern dieser Schüler werden unverhohlen durch den FSB überwacht und Studenten werden aus Bildungseinrichtungen entlassen und man lässt sie bei Prüfungen absichtlich „durchfallen“, erklärte Valentina Potapowa. Die Expertin nannte eine Statistik, laut der es im Februar 2014 zirka 190.000 Schüler im Gebiet der Krim gab, sowie 25.000 Lehrer und zirka 60.000 Studenten. „Gerade diese Anzahl an Leuten hatte keine Zugangsmöglichkeit zu einer ukrainischen Ausbildung“, betonte die Koordinatorin der Bildungsprogramme am Zentrum für öffentliche Ausbildung „Almenda“.

Für Ruslan Netschiporuk, dem Koordinator für Jugendprojekte bei „Almenda“ und der selbst von der Krim geflohen ist, sind die Jugendlichen die größten Helden, die erst recht auf der Halbinsel geblieben sind und die ihre Einstellung zur Ukraine nicht änderten. Im März des vergangenen Jahres gab es eine Vereinfachung der Prozedur zur Ausreise aufs Festland der Ukraine, um dort weiter zu studieren. Ruslan Netschiporuk ist davon überzeugt, dass sich die Situation nur für Studenten mit staatlichen Stipendien verbessert hat. „Vertragsstudenten sind gezwungen, bei einem Umzug für ihre Ausbildung mehr zu zahlen als auf der Krim. Deshalb bleibt eine gewisse Zahl an Studenten in dem besetzten Gebiet, weil sie nicht mehr zahlen können“, erklärte der Koordinator für Jugendprojekte bei „Almenda“. Netschiporuk nannte noch ein weiteres Problem dieser Studenten: der Staat erkennt jene nicht als Binnenflüchtlinge an, die in Studentenwohnheimen leben. Entsprechend müssen sie zum Abschluss ihrer Ausbildung die Wohnheime verlassen, um auf die annektierte Krim zurückzukehren, die für sie bereits gefährlich ist.

Im Gegensatz zu Studenten verfügen Schüler, die nach ukrainischen Standards lernen wollen, über ein ausgefeilteres System für ihre weitere Ausbildung. „Sie können an ukrainischen Schulen für Extern- oder Fernunterricht durch einen Antrag der Eltern angemeldet werden“, erklärte die Chefspezialistin des Departements für mittlere und vorschulische Ausbildung am Bildungsministerium der Ukraine, Elena Ischutina. Sie berichtete, dass im vergangenen Jahr alle Bildungseinrichtungen auf russische Ausbildungsstandards umgestellt wurden, die sich wesentlich vom ukrainischen unterschieden. Schüler können keine ukrainischen Zeugnisse erhalten. Entsprechend haben sie danach keine Möglichkeit, in der Ukraine oder im Ausland weiter zu studieren, da kein Land die Zeugnisse anerkennt, die auf der Krim ausgestellt wurden. „Diese Kinder haben das Recht, ihr staatliches Gesamtzeugnis abzugeben, um sich für eine EIT-Prüfung (External Independent Evaluation) zu registrieren, damit sie ein ukrainisches Zeugnis erhalten, womit sie an jeder Hochschule studieren können“, erklärte Elena Ischutina. Nach ihren Worten kündigte das Bildungsministerium der Ukraine auch eine Regelung zur Beantragung, zum Empfang und zur Ausgabe von Dokumenten über die Ausbildung für Jugendliche an, die im besetzten Gebiet studierten. „Wenn die Kinder zufällig kein ukrainisches Zeugnis bekamen oder es verloren, können sie ein Duplikat bestellen“, sagte die Vertreterin des Bildungsministeriums.