Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 14. bis 20. Februar 2017

Die Lage im Kampfgebiet in der Ostukraine

Am 18. und 19. Februar hat sich die Lage im Kampfgebiet in der Ostukraine wieder verschärft. Die prorussischen Militärverbände haben Awdijiwka unter Beschuss genommen. Infolge dessen wurde die Stadt wieder von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnitten.

München: Erneute Entflechtung schwerer Waffen in der Ostukraine. Am 15. Februar hat die Trilaterale Kontaktgruppe zur Regelung des Konfliktes im Donbass eine neue Entflechtung der Waffen von der Kontaktlinie vereinbart. Am 20. Februar sollen die schweren Waffen, die von den Minsker Vereinbarungen verboten sind, entflochten werden. Das teilte der Ukraine-Sondergesandte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, Martin Sajdik, mit. Diese Vereinbarung bestätigten auch die Außenminister des Normandie-Formats am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz. Sigmar Gabriel erklärte, die Seiten hätten sich auf einen Zugang des Roten Kreuzes in die vorübergehend besetzten Teile der Gebiete Donezk und Luhansk geeinigt. Außerdem sei ein weiteres Treffen im Normandie-Format zur Regelung der politischen Punkte des Minsker Protokolls vereinbart worden. Der FAZ zufolge wollen die vier Außenminister binnen weniger Wochen abermals zusammenkommen, um über den politischen Prozess zur Beilegung des Konflikts zu beraten, kündigte Gabriel an. Dieser sei allerdings ohne einen Abzug der schweren Waffen nicht in Gang zu bringen. Am 20. Februar wurden die ukrainischen Streitkräfte trotzdem erneut beschossen.

Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

Die Russische Föderation hat die Pässe der selbsternannten “Republiken Donezk und Luhansk” anerkannt. Am 18. Februar hat der russische Präsident Wladimir Putin einen Erlass unterschrieben, mit dem einige “Dokumente” der “DVR” und “LVR” anerkannt werden. Von nun an sind Pässe, Abschlusszeugnisse, Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden sowie Namensänderungen und Kraftfahrzeugzulassungen in Russland gültig.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko betonte, diese Entscheidung sei ein weiterer Beweis dafür, dass Russland Teile der Ostukraine besetzt halte. Zudem verstoße sie gegen internationales Recht. “Es ist sehr zynisch und symbolisch, dass dieser Erlass gerade während der Münchner Sicherheitskonferenz unterzeichnet wurde”, sagte er.

Exporte in die EU. Vertreter der “Donezker Volksrepublik” behaupten, 700 Unternehmen aus der “DVR” würden Waren in die Europäische Union liefern. Außerdem arbeite die “DVR” mit ukrainischen Unternehmen zusammen. Angeblich würden Waren auch nach China, Italien, Frankreich und Spanien geliefert.

Erschießungen auf dem Maidan: 45 Aktivisten und zwei Polizisten in einem Video

Anlässlich des dritten Jahrestags der Erschießung von Demonstranten auf dem Platz der Unabhängigkeit in Kiew (Maidan) sind in einen Video die Ereignisse vom 20. Februar 2014 rekonstruiert worden. Das Video ist von der ukrainischen Freiwilligen-Organisation “Jus Talionis” produziert worden. Darin werden die Ereignisse von 8.53 Uhr bis 11.00 Uhr am 20. Februar 2014 rekonstruiert. Gerade in diesem Zeitraum wurden 45 Maidan-Aktivisten und zwei Polizisten erschossen. Insgesamt wurden am 20. Februar 2014 auf der zum Maidan führenden Instytutska-Straße 48 Demonstranten und vier Sicherheitsbeamte getötet.

Maidan-Strafsachen: Zahlen und Fakten

Vom 18. bis 20. Februar gedenkt die Ukraine der Opfer der Erschießungen auf dem Maidan im Jahr 2014. Das waren die blutigsten Ereignisse der Revolution der Würde in der Ukraine. Während dieser drei Tage wurden 91 Personen getötet (78 Demonstranten und 13 Sicherheitsbeamte). Derzeit laufen Ermittlungen in 89 Fällen, einschließlich der Februar-Ereignisse in Kiew. Insgesamt kamen 1973 Personen zu Schaden, weitere 9500 werden als Zeugen geführt. In 89 Fällen gelten 193 Personen als Verdächtige. Nach 77 von ihnen wird gefahndet.

Das sind die aufsehenerregendsten Fälle:

– Am 30. November 2013 wurden auf dem Maidan Demonstranten von Sicherheitskräften zusammengeschlagen, dabei gab es Verletzte. 15 Beamte gelten als Verdächtige. Nach ihnen wird nach wie vor gefahndet, darunter nach dem ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowytsch.

– Der einzige, der wegen einer Maidan-Sache eine Strafe verbüßt, ist Asis Tagirow, Mitglied der prorussischen Organisation “Oplot”. Er wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er am 21. Januar 2014 Demonstranten zusammengeschlagen hatte. Nach fünf weiteren verdächtigen Mitgliedern von “Oplot” wird gefahndet.

– In den Todesfällen der Demonstranten Serhij Nigojan, Roman Senyk und Mychajlo Schysnewskyj sowie in den Einführungsfällen Ihor Luzenko und Jurij Werbyzkyj (er wurde später ermordet) laufen noch die vorgerichtlichen Untersuchung. Diese Fälle trugen sich am 22. Januar 2014 zu. Derzeit gibt es keine Verdächtigen.

– Eine Attacke der Polizei-Sondereinheit Berkut am 18. Februar 2014 forderte das Leben von zehn Demonstranten, 500 wurden verletzt. Ein Berkut-Angehöriger aus Charkiw wurde auf Bewährung verurteilt, sein Kommandant sitzt im Gefängnis, sechs weitere Berkut-Offiziere gelten als Verdächtige (einer ist ein Berkut-Kommandant aus Charkiw und einer aus Lwiw).

– In der Nacht vom 18. auf den 19. Februar 2014 kamen bei einer Berkut-Attacke und bei dem Brand des Gewerkschaftshauses am Maidan zehn Demonstranten ums Leben. Unter den Beschuldigten sind der ehemalige Leiter der Abteilung des Sicherheitsdienstes der Ukraine (SBU) in der Region Kiew sowie drei Angehörige bezahlter Schlägertrupps, die gegen die Maidan-Aktivisten eingesetzt wurden (sogenannte “Tituschki”).

– Am 20. Februar 2014 kamen auf der Instytutska-Straße am Maidan 48 Demonstranten ums Leben, 157 wurden verletzt. Als Beschuldigte gelten neben den Berkut-Angehörigen (nach 18 wird weiter gefahndet) auch der ehemalige Ministerpräsident Mykola Asarow, der ehemalige Innenminister Vitalij Sachartchenko und Viktor Janukowytsch.

– 13 Angehörige von Sicherheitskräften und der Truppen des Innenministeriums wurden während der Ereignisse auf dem Maidan getötet. Weitere 900 wurden verletzt und 200 erlitten Schusswunden. In all diesen Fällen gibt es keine Verdächtigen.

– 35 Ermittler der Generalstaatsanwaltschaft sind zu den Untersuchungen der Maidan-Fälle hinzugezogen worden.

Artikel von Hromadske International auf Englisch

Blockade der Kohlelieferungen: Problem der Energiereform und Gefahr für die Energiesicherheit des Landes

Was vor sich geht. Die Blockade der Kohlelieferungen aus den nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten im Osten des Landes ist derzeit das Topthema der politischen Auseinandersetzungen. Seit Januar blockieren Aktivisten und Politiker mehrere Bahnübergänge in den Gebieten von Luhansk und Donezk. Dies führte bereits zu Lieferengpässen bei Anthrazitkohle aus den besetzten Gebieten an ukrainische Kraftwerke. Das Ministerkabinett warnte vor möglichen Stromausfällen in manchen Landesteilen. Die Regierung ernannte vorbeugend einen Krisenstab und machte klar, dass es in sieben Gebieten wirklich zu Stromabschaltungen kommen kann.

Argumente von den Organisatoren der Protestaktion. Die Aktivisten der Blockade nennen die Wirtschaftsbeziehungen zu den “Volksrepubliken” einen Handel mit Blut. Um dies zu unterbinden, müssen entsprechende Gesetze beschlossen werden, damit die Finanzierung der “Volksrepubliken” aufhört. Nach ihrer Meinung erhalten die Separatisten Geld durch die Zusammenarbeit mit Unternehmen in der Gesamtukraine.

Warum die Kohle für die Ukraine ein Problem ist. In der Ukraine nutzt eine Hälfte der Wärmekraftwerke Anthrazitkohle; die andere verwendet Gaskohle. Diese Wärmekraftwerke können einander nicht ersetzen. Seit 2014 wurde in der Ukraine ein Defizit an Anthrazitkohle beobachtet. Es gibt auch andere Möglichkeiten, die Lager außer mit Kohle aus dem besetzten Donbass aufzustocken: Importe aus Südafrika, Australien, den USA oder Vietnam. Der Import aus dem Ausland misslingt allerdings bisher wegen des teuren Preises. Am 13. Februar hatte die Ukraine 842.000 Tonnen Anthrazit- und 688.000 Tonnen Gaskohle. Täglich verbrennen die Anthrazitwärmekraftwerke zirka 30.000 Tonnen. Wenn die Blockade auf weitere Zugverbindungen ausgeweitet und andauern wird, reichen die Vorräte noch für 20-40 Tage.

Argumente der Staatführung, Kohle aus den besetzten Gebieten zu kaufen. Die Regierung meint, dass die Blockade beendet werden muss, weil sie die Energiesicherheit des Landes gefährdet. Die Ukraine hat eigentlich keine andere Wahl, als Anthrazitkohle für die Wärme- und Stromerzeugung zu nutzen. Diese wird ausschließlich aus den nichtkontrollierten Gebieten erworben. Die Staatsführung weist auch darauf hin, dass sie damit nicht die Separatisten finanziert. Die Ukraine kauft die Kohle aus dem Donbass bei Unternehmen, die im ukrainisch kontrollierten Gebiet registriert sind. Trotzdem befinden sich die Gruben in den “Volksrepubliken”, deren juristische Adressen sich im ukrainisch kontrollierten Gebiet befinden. Damit zahlen die Gruben in das ukrainische Budget Steuern und die Grubenarbeiter erhalten ihren Lohn über bargeldlose Zahlungen auf Hryvnakarten bei ukrainischen Banken.

Was die ukrainische Staatsführung verschweigt. Die Situation durch die Blockade soll ein Signal an die Staatsführung sein, weil die Energiereform verschleppt wurde. Experten und die Öffentlichkeit fordern bereits seit über einem Jahr mehr Transparenz bei der Preisbildung für Energiekohle und Strom aus Wärmekraftwerken, sowie einen Bericht darüber, dass allmählich auf Anthrazitkohle verzichtet wird (das Programm wurde bereits 2015 beschlossen). Die Ukrainer mussten gerade wegen dieses Programms höhere Strompreise zahlen, um einen Teil der Kohle zu importieren und damit nicht mehr von Kohle aus den “Volksrepubliken” abhängig zu sein. Die Regierung muss auch die Gerüchte und Beschuldigungen über Kohleeinkäufe untersuchen, die im Zusammenhang mit Supergewinnen im Umfeld des Präsidenten und der Unternehmen des Oligarchen Rinat Achmetow im Raum stehen. Bis heute gab die Regierung auf diese Vorwürfe keine Antwort. Statt dessen droht es der Bevölkerung mit Stromabschaltungen.

“Die Blockade des Donbass” im Zentrum von Kiew

Am 19. Februar 2017 haben in Kiew Protestaktionen stattgefunden, die später eskaliert sind. Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizeikräften kamen etwa zehn Personen zu Schaden. Fünf Demonstranten wurden festgenommen. Die Demonstration war von den Organisatoren im Voraus angemeldet worden. Für Sicherheit sorgten 6500 Polizeibeamte.

Mehrere Tausend Anhänger einer Blockade des Donbass hatten zunächst gemeinsam mit Angehörigen der Freiwilligen-Bewegung der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) einen Marsch von der Innenstadt zum Präsidialamt veranstaltet. Dabei forderten sie einen Stopp des Handels mit den besetzten Gebieten im Donbass und die Freilassung von Geiseln in den sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”. Ferner übten die Demonstranten Kritik an der jetzigen Staatsführung. Vor dem Präsidialamt traf der Protestmarsch allerdings auf einen Polizeikordon. Am Abend kam es dann zwischen Demonstranten und der Polizei zu Auseinandersetzungen. Unter den Organisatoren des Protests waren die beiden Parlamentsabgeordneten Jegor Sobolew und Semen Sementschenko von der Partei “Samopomitsch” (Selbsthilfe). (Fotos der Proteste). Am Morgen des 20. Februar war es auf dem Unabhängigkeitsplatz ruhig. Zu Massenprotesten ist es nicht gekommen. Auch wurden keine Zelte aufgestellt.

Umfrage: Rangliste der ukrainischen Präsidenten. Wer genießt das größte Vertrauen?

Einer Studie zufolge genoss der erste Präsident der unabhängigen Ukraine, Leonid Krawtschuk, der im Jahr 1991 mit 61,6 Prozent der Stimmen gewählt wurde, nach drei Jahren Amtszeit das Vertrauen von nur noch 16 Prozent der Menschen.

Der zweite Präsident der Ukraine, Leonid Kutschma, genoss zu Beginn seiner ersten Amtszeit im Jahr 1994 das Vertrauen von 38 Prozent der Ukrainer, zwei Jahre später von 21 Prozent und am Ende seiner zweiten Amtszeit nur noch von 15 Prozent.

Der dritte Präsident der Ukraine Viktor Juschtschenko, der 2005 mit 51,99 Prozent der Stimmen gewählt wurde, genoss zu Beginn seiner Amtszeit das Vertrauen von 49 Prozent der Menschen, am Ende jedoch von nur noch neun Prozent.

Der vierte Präsident der Ukraine, Viktor Janukowytsch, genoss im Jahr 2010 das Vertrauen von 31 Prozent der Menschen, im Jahr 2014 nur noch von zehn Prozent.

Der fünfte Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, genoss zu Beginn seiner Präsidentschaft im Jahr 2014 das Vertrauen von 49 Prozent der Ukrainer. Nach zwei Jahren waren es nur noch 24 Prozent.

UkrainerInnen gewannen den Europäischen Moot-Court-Wettbewerb zur Europäischen Menschenrechtskonvention

Das Team der Kyiv-Mohyla Akademie ergatterte den ersten Platz des juristischen Wettbewerbes im Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Außerdem wurde das Team mit dem Preis für die beste Klageschrift und Oleg Dykiy mit dem Preis für das beste Plädoyer des Finales  ausgezeichnet. Laut der Website des Europarates ging der zweite Platz an das Team aus Bulgarien und der dritte Platz and das Team aus Großbritannien.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Neue Angriffe bei Awdijiwka. Reportage von UNIAN.

Dritter Jahrestag der tragischen Ereignisse während der Revolution der Würde. Reportage von UNIAN.

Trump zu Putin: Gib die Krim zurück! Reportage der Zeitung The Day.

20 Jahre Ukrainian Fashion Week. Reportage der Zeitung The Day.

Großbritannien hat die Gefahr der russischen Propaganda erkannt. Reportage von The Day.

Love Story aus dem Donbass. Reportage von Hromadske International.

Interviews

Finanzielle Machenschaften sind in der Ukraine ein Volkssport. Interview von UNIAN mit dem ukrainischen Finanzminister Olexandr Danylenko.

Die Entscheidung, die Krim zu annektieren, traf eine Person. Interview von Hromadske International mit dem ehemaligen Abgeordneten der russischen Staatsduma, Denys Woronenkow, der in der Ukraine politisches Asyl beantragt hat.

Analyse

Die Münchner Sicherheitskonferenz und die Änderung von Donald Trumps Russland-Politik. Wochenübersicht von UNIAN.