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1065. Kriegstag: Angriff auf Saporischschja, Selenskyj über Verhandlungen, FT über westliche Kräfte

Russland greift Saporischschja mit Raketen an

In der Nacht des 23. Januar haben die russischen Truppen vier Raketenangriffe auf Saporischschja durchgeführt. Es gab große Schäden und viele Verletzte. Dies gab der Leiter der Gebietsverwaltung Saporischschja, Iwan Fedorow, bekannt. 25 Opfer sind bekannt, darunter ein zwei Monate alter Junge. Ein 47-jähriger Mann ist umgekommen. Infolge des Beschusses geriet ein Industriegebäude in Brand, Wohnhäuser und Fahrzeuge wurden durch die Druckwelle und Trümmer beschädigt und ein zweistöckiges Wohngebäude wurde zerstört, berichtet die Polizei.

Selenskyj über die Bedingungen für Verhandlungen

Wolodymyr Selenskyj hat betont, dass sich die russischen Truppen auf die Frontlinien vor der groß angelegten Invasion zurückziehen müssten. Seiner Ansicht nach wäre dies eine Möglichkeit, Verhandlungen zur Beendigung des Krieges aufzunehmen. Dies erklärte der ukrainische Präsident am 22. Januar in einem Interview mit Bloomberg am Rande des Wirtschaftsforums in Davos. Selenskyj sagte außerdem, dass jede in der Ukraine stationierte Friedenstruppe auch US-Truppen umfassen müsse. Zugleich betonte er, dass die Ukraine “kein Stück Papier akzeptieren wird, wie es das Budapester Memorandum ist”. “Es beinhaltet, wie in der NATO, die Möglichkeit, im Falle einer Bedrohung der Souveränität Konsultationen einzuberufen. Wir haben sie nach der Besetzung der Krim einberufen. Und glauben Sie, dass jemand gekommen ist? Nein”, sagte Selenskyj.

FT über mögliche ausländische Truppen in der Ukraine

Ukrainische Politiker gehen davon aus, dass eine Entsendung von 40.000 bis 50.000 ausländischen Soldaten als Sicherheitskräfte entlang der Frontlinien machbar wäre. Die Financial Times schrieb darüber am 23. Januar und betont, dass die Präsidentschaft Donald Trumps die Idee des französischen Präsidenten Emmanuel Macron wiederbelebt, ein westliches Militärkontingent in der Ukraine zu stationieren, um künftig gegen neue russische Aggressionen vorzugehen.

Diese Idee sei noch vor einem Jahr als nicht umsetzbar und zu riskant abgelehnt worden, schreibt die FT. Doch seitdem sei die ukrainische Armee in Schwierigkeiten geraten und die Aussichten auf eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine seien geschmälert. Donald Trump wiederum habe wiederholt erklärt, dass er die Kämpfe so schnell wie möglich beenden wolle. Kyjiw hingegen signalisiere seine Bereitschaft zu einer Einigung, wenn die Verbündeten verlässliche Sicherheitsgarantien böten.

Wie die FT schreibt, sei es übertrieben, wenn der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von der Notwendigkeit von 200.000 Soldaten spreche. Nach Aussagen von Personen, die an den Verhandlungen zwischen Kyjiw und seinen Verbündeten beteiligt seien, würden ukrainische Politiker die Entsendung von 40.000 bis 50.000 ausländischen Soldaten für durchaus realistisch halten. Der britische Premierminister Keir Starmer und NATO-Generalsekretär Mark Rutte würden das Thema voraussichtlich am 3. Februar bei einem “informellen Treffen” besprechen. Bisher hätten lediglich die baltischen Staaten Unterstützung für diese Idee signalisiert, sofern es sich um eine größere Mission unter Beteiligung weiterer Verbündeter handeln würde, schreiben die Journalisten.

Als Macron seine Idee äußerte, ausländische Truppen in die Ukraine zu schicken, meinte er, dass europäisches Militärpersonal dabei eine wichtige unterstützende Rolle übernehmen könnte. Dazu zählen etwa der Schutz kritischer Infrastrukturen, die Ausbildung ukrainischen Militärpersonals und die Überwachung der Grenze zu Belarus. Allerdings habe Trumps Wiederwahl den Verlauf der Debatte verändert, meint die FT.

Der Schwerpunkt liege nun darauf, wie europäische Truppen zur Friedenssicherung eingesetzt werden könnten und wie sie zur Unterstützung der ukrainischen Verteidigungskräfte beitragen könnten. Die Mission, schreibt die FT, solle drei Ziele verfolgen: der Ukraine die Unterstützung des Westens zuzusichern, Russland von künftigen Angriffen abzuhalten und den USA zu zeigen, dass Europa sich für die Sicherheit der Ukraine einsetzen werde.

Der ehemalige NATO-Vertreter und heutiges Mitglied des European Council on Foreign Relations, Camille Grand, sagte in Bezug auf die Frage, wie eine westliche Truppenstationierung in der Ukraine aussehen könnte, dass eine solche Truppe stark genug sein müsse, um kein leichtes Ziel für Russland zu sein. Grand schätzt, dass die Truppe 40.000 Mann umfassen könnte. Dabei dürfte ihre Gründung im Rahmen einer Koalition unter Führung Großbritanniens, Frankreichs und der Niederlande sowie unter Beteiligung der baltischen und nordischen Länder erfolgen. Um das Risiko einer Eskalation mit Russland zu begrenzen, solle die Rolle der NATO minimiert werden. Grand schlägt außerdem vor, dass die EU im Rahmen des sogenannten “Berlin-Plus-Formats” die strategischen Planungsfähigkeiten der NATO für Friedenssicherungseinsätze wie in Bosnien und Herzegowina nutzen könnte.

Bei einer möglichen Mission würde es sich nicht um eine traditionelle Friedensmission handeln, sie würde aber auch nicht an der Front eingesetzt werden. Das westliche Militär wäre somit eher eine “stabilisierende Kraft” oder “Abschreckungskraft” und nicht eine völlig neutrale “Friedenstruppe”. Als Beispiel nennt die FT das Modell Südkoreas, wo US-Truppen stationiert sind. Ein weiteres Beispiel ist die von der NATO geführte “Friedensmission” im Kosovo.

Die FT stellt auch klar, dass es möglicherweise nie zu einem Einsatz ausländischer Truppen in der Ukraine kommen wird, da die Idee selbst auf einem möglichen Abkommen mit Russland basiere, das es der Ukraine ermöglichen würde, ihre Souveränität und Armee zu behalten, ihr Territorium zu kontrollieren und ein demokratisches Land zu bleiben. Ein Land, das mit dem Westen zusammenarbeitet. Die FT warnt vor einem möglichen Szenario, dass Russland dem möglicherweise nie zustimmen wird. Darüber hinaus kann Moskau jeden Vertrag, den es unterzeichnet, kündigen. Zudem könnte Europa aus Angst vor einer Eskalation des Konflikts mit Russland die Entsendung von Truppen in der heißen Phase des Krieges ablehnen. Und selbst wenn die Staats- und Regierungschefs der Länder einer solchen Mission zustimmen, könnte sie von den Parlamenten oder Wählern der jeweiligen Länder blockiert werden.

Allerdings betont die FT, dass die Risiken einer Truppenentsendung im Vergleich zu den Risiken einer Untätigkeit gering seien.