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Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten von 15. bis 21. November 2016

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine bleibt angespannt. In der vergangenen Woche hat die ukrainische Seite 232 Angriffe per Beschuss festgestellt, infolgedessen ein ukrainischer Soldat getötet und 16 weitere verletzt wurden. Die prorussischen Rebellen setzten wieder schwere Waffen ein. Am Freitag wurde Talakiwka mit Artillerie mit einem Kaliber von 152 Millimetern und Schyrokine mit Panzern beschossen.

Am 20. November haben die prorussischen Militärverbände die Angriffe an allen Abschnitten der Front verringert. Im Frontabschnitt Mariupol wurden die ukrainischen Checkpoints mit Panzern, Kampffahrzeugen, Granatwerfern mit einem Kaliber von 82 Millimetern bei Krasnohoriwka, Nowotroizke und Wodjane beschossen. Im Frontabschnitt Donezk bei Luhanske und Awdijiwka setzten die prorussischen Kräfte Granatwerfer ein. Im Frontabschnitt Luhansk wurden die ukrainischen Soldaten bei Makarowe, Schowte, Krymske und Trjochizbenka mit allen Waffengattungen beschossen.

Wahlen im Donbass. Die ukrainische Vertreterin der politischen Untergruppe in der Trilateralen Kontaktgruppe zur friedlichen Beilegung des Konflikts in der Ostukraine, Olga Aiwasowska, teilte mit, dass sich die Konfliktparteien in keinem einzigen Punkt zur Durchführung von Wahlen in den vorübergehend besetzten Gebieten angenähert hätten. Zum Beispiel fordere die ukrainische Seite, dass ukrainische Parteien an Wahlen teilnehmen. Die Vertreter der vorübergehend besetzten Gebiete sind dagegen und wollen keine ukrainischen Parteien zulassen. Beide Seiten sind aber einverstanden, dass Binnenflüchtlinge an Wahlen teilnehmen sollen. Die ukrainische Seite ist bereit, in der ganzen Ukraine für sie spezielle Wahllokale einzurichten. Die selbsternannten Republiken hingegen fordern, dass die Menschen nur “zuhause” an Wahlen teilnehmen dürfen.

Russland verlegt Militärangehörige in die Ukraine. Der US-Botschafter bei der OSZE, Daniel Baer, hat darauf hingewiesen, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa allein an zwei Grenzübergangsstellen zwischen der Ukraine und Russland über 30.000 Personen in Militäruniformen gezählt habe, die die Grenze überquert hätten. Es handele sich um die Grenzübergangsstellen Gukowo und Donezk (Gebiet Rostow, Russland). Obwohl die Arbeit der OSZE-Mission von Russland eingeschränkt wird, konnte sie nachweisen, dass Russland die Lage in der Ostukraine destabilisiert. Seit drei Monaten reagiert Russland auf keine Anfragen der OSZE mit der Bitte, diese Grenzübergangsstellen verlassen zu dürfen und ihre Umgebung zu kontrollieren.

OSZE: Angriff auf Mariupol möglich. Daniel Baer hat erklärt, dass ein Angriff der vereinten pro-russischen Kräfte auf Mariupol und seine Umgebung möglich sei. Am 14. November hätten die russisch Kräfte die OSZE-Beobachter daran gehindert, zwei Bezirke nordöstlich von Mariupol zu besuchen.

Eingeschränkter Zugang der OSZE-Beobachter. Der Zugang der OSZE-Beobachter zu den Entflechtungszonen bei “Perwomajske-Solote”, Stanyzja Luhanska und “Petriwske-Bohdaniwka” ist immer noch eingeschränkt. Diese Gebiete sind möglicherweise weiterhin vermint. (Bericht der OSZE auf Englisch).

Reiseberichte von einem deutschen Journalisten, aus der ATO-Zone rund um Donezk vom Oktober 2016 (auf Deutsch).

Die Ukraine auf dem Weg der Visafreiheit mit der EU

Kurz vor dem 3. Jahrestag der „Revolution der Würde“ veröffentlichte der Rat der Europäischen Union die Entscheidung, dass die Visafreiheit für die Ukraine und Georgien gleichzeitig mit dem Beginn des neuen Stoppmechanismus „Visapflicht“ in Kraft tritt. Damit werden Ukrainer in die Länder des Schengenraums bis zu 90 Tage innerhalb von 180 Tagen ohne Visum einreisen können.

In der Europäischen Union wird damit gerechnet, dass die Verhandlungen über den Stoppmechanismus in nächster Zeit abgeschlossen sind. Das Europäische Parlament bestand bereits seit langem darauf. Seit April dieses Jahres hatte die Ukraine die Unterstützung der Europäischen Kommission in dieser Frage. Und in dieser Woche unterstützte der Rat der Europäischen Union, nach Überwindung von Widerständen einiger Mitgliedsländer, die Visafreiheit mit der Ukraine.

Menschenrechte: “Ukrainische Spione” auf der Krim, Entwurf des Gesetzes gegen häusliche Gewalt und Arbeitssklaven in Russland

Zwei weitere Festnahmen auf der Krim. Auf der von Russland besetzten Krim sind zwei weitere Personen verhaftet worden, die als “ukrainische Saboteure” bezeichnet werden. Es handelt sich um Oleksij Stohnij und Hlib Schablij. Stohnij wird als Oberst der ukrainischen Aufklärung und Schablij als ukrainischer Offizier bezeichnet. Sie wurden vergangene Woche festgenommen, was aber erst am 21. November bekannt geworden war. Ein Gericht auf der Krim verhängte gegen die beiden Ukrainer eine zweimonatige Haft.

Ein russischer TV-Kanal veröffentlichte ein Video von der Vernehmung der Männer. Darin geben sie zu, im Auftrag der ukrainischen Aufklärung tätig gewesen zu sein sowie Geld von dem bereits zuvor auf der Krim festgenommenen Dmytro Schtiblikow erhalten zu haben. Auch ihm werden subversive Aktivitäten auf der Krim vorgeworfen. Stohnij arbeitete in einem Schreibwarenladen und ist Absolvent der Militärischen Hochschule von Sewastopol. Schablij ist Geschäftsmann und zugleich Kapitän zweiten Ranges.

Somit wirft die selbsternannte Staatsmacht auf der Krim bereits fünf Ukrainern vor, Spionage und subversive Aktivitäten auf der Halbinsel betrieben zu haben. Vor Stohnij und Schablij wurden bereits Oleksij Bessarabow, Dmytro Schtiblikow und Wolodymyr Dudka festgenommen.

Entwurf des Gesetzes gegen häusliche Gewalt. Am 17. November hat das ukrainische Parlament einen Gesetzentwurf zur Verhinderung häuslicher Gewalt angenommen. Es sieht ein einheitliches staatliches Register für Fälle häuslicher Gewalt vor. In das Register sollen Angaben zu Personen eingetragen werden, die Gewalt melden, aber auch zu Personen, die Gewalt anwenden. Zudem sollen in dem Register Angaben zu den Fällen selbst (Datum, Ort usw.) gemacht werden. Außerdem sieht der Gesetzentwurf Maßnahmen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt vor.

Arbeitssklaven in Russland. Mehr als 400 Ukrainer sind in Russland als Arbeitskräfte in Sklaverei geraten. Das berichtet Maria Tomak, Koordinatorin des Projekts “Medieninitiative für Menschenrechte”. Viele Ukrainer sind nach wie vor in Russland auf der Suche nach einem gut bezahlten Job. Sie unterzeichnen keine Arbeitsverträge. In Russland werden ihnen ihre Pässe abgenommen, weswegen sie nicht nach Hause zurückkehren können. Derzeit sind rund 400 solche Fälle bekannt.

Krim: Internationale Institutionen beziehen Position zur Krim

Der Ausschuss für soziale, humanitäre und kulturelle Angelegenheiten (Dritter Ausschuss) der Generalversammlung der Vereinten Nationen hat Russland als Okkupations-Staat und die Autonome Republik Krim als vorübergehend besetztes Territorium bezeichnet. Die Resolution bekräftigt die territoriale Integrität der Ukraine, erkennt die Annexion der Krim durch Russland nicht an und verurteilt die Einbeziehung der Einwohner der Halbinsel zum Dienst in den russischen Streitkräften. Die Resolution wurde von 73 Ländern unterstützt, 23 stimmten dagegen, darunter Russland.

Zugleich hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag die Lage auf der Halbinsel als internationalen bewaffneten Konflikt zwischen der Ukraine und Russland eingestuft. Dem veröffentlichten Bericht zufolge begann der bewaffnete Konflikt spätestens am 26. Februar 2014, als die russischen Streitkräfte eingesetzt wurden, um die Kontrolle über die Halbinsel zu übernehmen. In dem Bericht wird zudem auf die Unterdrückung der Krimtataren auf der Halbinsel hingewiesen, darunter auf Einreiseverbote, rechtswidrige Durchsuchungen und Verletzungen der Meinungsfreiheit.

Am 21. November haben in Kiew Gedenkveranstaltungen anlässlich des dritten Jahrestags des Beginns der Revolution der Würde stattgefunden. So wurden auf der Allee der Helden der Himmlischen Hundertschaft die Helden des Euromaidans geehrt. Der Präsident sprach sich in einer Rede für die Errichtung einer Gedenkstätte und eines Museums aus. Eine noch zu schaffende gemeinnützige Stiftung solle die dafür nötigen Mittel sammeln. Landesweit sind über 380 Veranstaltungen geplant. Das Ministerium für Kultur hat für die kommenden Tage eine Reihe von Bildungsveranstaltungen angekündigt. Auch die diplomatischen Vertretungen der Ukraine im Ausland führen Gedenkveranstaltungen durch.

Ukraine Crisis Media Center hat ein Wörterbuch der Revolution der Würde vorbereitet. Der Maidan ist der Hauptplatz von Kiew. Als sich die Revolution entfaltete, wurde damit begonnen, ohne Unterbrechung zu demonstrieren, wofür eine Zeltstadt auf dem Maidan errichtet wurde. Unten finden Sie mehrere Bilder von dieser Zeltstadt. Setzen Sie sich und erinnern Sie sich mit uns zusammen an die damalige Zeit.

Umfrage: Gibt es eine Alternative zu Putin? Sind Sanktionen nötig?

Der Anteil der Russen nimmt zu, die auch nach 2018 Wladimir Putin als russischen Präsidenten haben möchten. Laut einer Umfrage des russischen “Lewada-Zentrums” wollen 63 Prozent der Russen Putin auch nach 2018 als Präsidenten sehen. Fast jeder zweite Befragte (49 Prozent) glaubt, dass in naher Zukunft keine Führungspersönlichkeit in Erscheinung treten wird, die Putin ersetzen könnte.

Laut einer anderen Umfrage des “Lewada-Zentrums” hat der Anteil der Russen, die die anti-russischen Sanktionen des Westens als “Schwächung und Demütigung” ihres Landes empfinden, seinen bisher höchsten Wert erreicht: 74 Prozent. Unter der Bevölkerung herrscht weiterhin die Ansicht vor, man sollte der westlichen Kritik an Russland keine Beachtung schenken. Dieser Meinung sind 59 Prozent der Russen.

Kultur: Johnny Depp setzt sich für Oleh Senzow ein. Museen nahe der Front werden zu Kulturzentren

Der Hollywood-Schauspieler Johnny Depp unterstützt den ukrainischen Regisseur Oleh Senzow, der aufgrund erfundener Anschuldigungen in Russland inhaftiert ist. Die Kampagne Imprisoned for Art (Eingesperrt wegen Kunst), wurde von der Menschenrechtsgruppe Voice-Projekt organisiert. Internationale Künstler machen mit der Kampagne auf ihre Kollegen in aller Welt aufmerksam, die aus politischen Gründen im Gefängnis sitzen. Johnny Depp ließ sich mit einem Schild fotografieren, auf dem das Datum der Festnahme Senzows auf der Krim, die Dauer seiner Haft und der Ort des Strafvollzugs geschrieben stehen (Meldung auf Englisch).

Die Landeskunde-Museen in den nahe der Front gelegenen Städten Slowjansk (Gebiet Donezk) und Lysytschansk (Gebiet Luhansk) werden im Rahmen des Projekts der Kulturabteilung des Ukraine Crisis Media Center, “Museum zur Renovierung geöffnet“, in moderne Kulturzentren umgewandelt. An der Arbeit sind Kuratoren sowie ukrainische und internationale Künstler beteiligt. Die Museen werden mit neuester technischer Ausrüstung ausgestattet. Die Mitarbeiter der Museen bekommen Fortbildungen.

Nachfolgend eine Auswahl an englischen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Dokumentarfilm

“Die Unsichtbaren”. Ein Dokumentarfilm von Hromadske über Ukrainer mit Behinderungen.

Reportagen

Endloser Beschuss in Awdijiwka. Reportage von Ukraine Today.

Neue Schutzhülle: Diskussion über die Zukunft in Tschernobyl. Reportage von KyivPost.

Europäische Institutionen erörtern eine visafreie Einreise für Ukrainer in die EU. Reportage von Ukraine Today.

Reformer, raus! Reportage von KyivPost.

Die Schweiz erweitert die Sanktionen gegen Abgeordnete der russischen Staatsduma. Reportage von Ukraine Today.

Interviews

Exklusiv-Interview von Ukraine Today mit dem Automaidan-Aktivisten, Dmytro Bulatow,  der an Kampfhandlungen in der Ostukraine teilgenommen hat.

Die Zukunft der polnisch-ukrainischen Beziehungen. Interview von Hromadske International mit Peter Dickinson, dem Verleger von Business Ukraine Magazine.

Meinung

Putins Weg zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Kommentar der ukrainischen Abgeordneten Switlana Salischtschuk für Ukraine Today.

Analyse

Die Magnitsky-Liste: Wie Russland gegen westliche Sanktionen kämpft. Analyse von Hromadske International.

Trojanische Pferde des Kremls in Europa: Analyse des Atlantic Council.

Die Woche im ukrainischen Parlament: Diese Gesetze wurden vom 14. bis 18. November verabschiedet. Analyse von KyivPost.

Russland als vorübergehender Besatzer: Pro und Kontra. Analyse von Ukraine Today.

Der Einfluss des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Europa nimmt zu. Analyse von KyivPost.