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Verhaftungen auf der Krim, Donbass-Gesetze, Renten- und Bildungsreform: Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten, 02.-08.10.2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Die Situation an der Trennlinie. Am 3. Oktober, erstmals seit dem Beginn der Waffenruhe anlässlich des Schulbeginns am 1. September, haben die Rebellen das Raketensystem “Grad” eingesetzt. Das geschah in der Nähe von Talakiwka (Frontabschnitt Prymorske). Es wurden 38 Geschosse in Richtung der ukrainischen Stellungen abgefeuert.

Russische Truppen im Donbass. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) hat festgestellt, dass die private russische Kompanie, bekannt unter dem Namen “Wagner-Gruppe”, in den Konfliktgebieten im Donbass und in Syrien eingesetzt wurde. Ihre Söldner waren am Abschuss des ukrainischen Militärflugzeugs IL-76 über Luhansk beteiligt. Die Kompanie wurde 2013 auf Basis des sogenannten “Slawischen Korpus” gegründet. Im Frühjahr 2014 war sie illegal für Russland auf der Krim tätig, später kämpfte sie im Gebiet Luhansk und ist jetzt für Russland in Syrien im Einsatz. Der Anführer der Gruppe ist der russische Oberst der Reserve, Dmitrij Utkin. Sein Spitzname lautet “Wagner”, daher der Name der Kompanie. Bis 2013 war er Kommandeur einer Spezialeinheit des russischen Militärgeheimdienstes GRU. Mitglieder der Wagner-Gruppe haben auf persönliche unveröffentlichte Befehle des russischen Präsidenten hin mehrmals russische staatliche Auszeichnungen erhalten.

Am 7. Oktober veröffentlichte der SBU Aufnahmen von Telefongesprächen der Anführer der russischen Söldner im Donbass. So enthält ein Video das Gespräch des Anführers der sogenannten “Volksrepublik Luhansk”, Ihor Plotnizkij, mit Andrej Patruschew, einem “Kommandeur” eines Bataillons der Terroristen, in dem er über den Abschuss des Flugzeugs berichtet. Veröffentlicht wurde auch ein Gespräch des Anführers der “Wagner-Gruppe” Utkin mit dem Generalmajor der russischen Streitkräfte, Jewgenij Nikiforow, dessen Spitzname “Tambow” lautet. Aus dem Gespräch geht hervor, dass Söldner der “Wagner-Gruppe” die oppositionellen Anführer innerhalb der Rebellen der “Volksrepublik Luhansk”, Alexandr Bednow und Alexej Mozgowoj, getötet haben.

OSZE. Die Rebellen hindern die Beobachter weiterhin an ihrer Arbeit. Am 5. Oktober haben sie eine OSZE-Patrouille nicht die Trennlinie im Frontabschnitt bei Nowotrojitske überqueren lassen. Diese Woche stellte die Sonderbeobachtermission der OSZE (SMM) in den besetzten Gebieten selbstfahrende Haubitzen, Panzer und eine Artilleriekanone fest. Das geht aus dem Bericht der Mission vom  3. Oktober  19.30 Uhr bis zum 4. Oktober 19.30 Uhr hervor, der auf der Internetseite der OSZE veröffentlicht ist.


Was bringen die vom Parlament verabschiedeten Donbass-Gesetze?

Am 6. Oktober hat das ukrainische Parlament zwei sehr wichtige Gesetzentwürfe verabschiedet: Nr. 7163 “Über die Besonderheiten der staatlichen Politik zur Gewährleistung der staatlichen Souveränität der Ukraine in den vorübergehend besetzten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk” sowie Nr. 7164 “Über die Schaffung notwendiger Voraussetzungen für eine friedliche Regelung der Lage in bestimmten Bezirken der Regionen Donezk und Luhansk”.

Der Weg bis zur Annahme der Gesetze. Am 4. Oktober brachte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko beide Gesetzentwürfe ins Parlament ein. Ein alternativer Gesetzentwurf mit der Nummer 7163-1 wurde von Abgeordneten der Fraktion der Partei “Samopomitsch” (Selbsthilfe) initiiert. Am 5. Oktober wurden die Donbass-Gesetzentwürfe auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt. Noch am selben Tag sollten sie erörtert werden, was aber nicht gelang, weil Abgeordnete der Opposition, unter anderem von der Partei “Samopomitsch”, das Rednerpult und das Präsidium blockierten. Mitglieder der Fraktion “Samopomitsch” forderten unter anderem, aus dem vom Präsidenten vorgelegten Gesetzentwurf Nr. 7163 die Bestimmungen zu streichen, in denen die Minsker Vereinbarungen erwähnt werden. Sie forderten auch, ein konkretes Datum der Besetzung des Donbass anzugeben sowie die Annexion der Krim in dem Gesetz zu erwähnen. Der Vorsitzende des Parlaments, Andrij Parubij, teilte nach Beratungen mit den Chefs der Fraktionen mit, dass vereinbart worden sei, die Bestimmungen über die Minsker Vereinbarungen im Gesetz zu streichen. Angenommen wurde das vom Präsidenten eingebrachte Gesetz am 6. Oktober.

Reaktionen: Sind alle mit dem Gesetz einverstanden? Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat in einer Erklärung betont, das Gesetz über die Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität über den Donbass stärke die Rechtsgrundlage für den Einsatz der ukrainischen Streitkräfte. Zugleich würden die Möglichkeiten der Armee in der Region erweitert. Gestärkt würden zudem die Argumente, der Ukraine Waffen zur eigenen Verteidigung zur Verfügung zu stellen. Auch die Argumente zugunsten einer möglichen Entsendung von UN-Friedenstruppen in den Donbass würden gestärkt.

Iryna Heraschtschenko, erste stellvertretende Vorsitzende des ukrainischen Parlaments, erklärte, der vom Präsidenten vorgelegte Gesetzentwurf über die Sonderbestimmungen für die lokale Selbstverwaltung in bestimmten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk sei für die ukrainischen Diplomaten eine Waffe in deren Einsatz für eine Verlängerung der Sanktionen gegen Russland.

Die Fraktion der Partei “Samopomitsch” warf im Zusammenhang mit den Gesetzen, in denen erstmals die Teile der Regionen Donezk und Luhansk, die von Kiew nicht kontrolliert werden, als von Russland vorübergehend besetzt definiert werden, der Parlamentsmehrheit “Simulation” vor. Die Partei “Samopomitsch” verglich die Abstimmung über den Sonderstatus für den Donbass mit der umstrittenen Abstimmung über den Verbleib der russischen Schwarzmeerflotte auf der Krim aus dem Jahr 2010.

Russland lehnt die verabschiedeten Gesetze ab, vor allem die Formulierungen zur Wiedereingliederung des Donbass. Das erklärte nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur RIA-Novosti Präsidenten-Sprecher Dmitrij Peskow.

Die Botschaft Japans in der Ukraine äußerte auf Facebook die Hoffnung, dass die Verlängerung der Sonderbestimmungen für die lokale Selbstverwaltung in bestimmten Gebieten der Regionen Donezk und Luhansk zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts beitragen wird.

Einzelheiten über die beiden Gesetze im folgenden Artikel des UCMC: 
Kampf um Donbass-Gesetze im ukrainischen Parlament


Menschenrechte: Erneut Repressionen auf der Krim und die Krim-Entschließung des Europäischen Parlaments

Vier neue Verhaftungen auf der Krim. Auf der von Russland besetzten Krim haben Sicherheitskräftevier Krimtataren festgenommen. Drei von ihnen sind Renat Suleymanov, Arsen Kubedinov und Seyran Mustafayev, schreibt der Rechtsanwalt Edem Semedlyaev auf Facebook. So sei Suleymanov von maskierten Männern an einen unbekannten Ort gebracht worden. Sie hätten einen Dienstwagen gefahren, aber ohne Kennzeichen. Über eine weitere Entführung berichtet auf Facebook der Rechtsanwalt Mammet Mambetov. Ihm zufolge wurde Talyat Abdurakhmanov nach einer Hausdurchsuchung von Sicherheitskräften an einen unbekannten Ort gebracht.

Das Europäische Parlament fordert Russland auf, Zugang zur Krim zu gewähren. Eine entsprechende Entschließung wurde am 5. Oktober während einer Sitzung des Europäischen Parlaments angenommen. Die Abgeordneten fordern zudem den EU-Sonderbeauftragten für Menschenrechte auf, der Menschenrechtslage auf der Krim stets Aufmerksamkeit zu widmen. Es wird darauf hingewiesen, dass das Europäische Parlament mit diesem Dokument erneut die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen unterstützt und die Verurteilung der illegalen Annexion der Krim nochmal bestätigt.


Reformen: Wie wird die Bildungsreform bewertet und was bringt die Rentenreform?

Bildungsreform: Bewertung durch die Venedig-Kommission erwartet. Nachdem das neue ukrainische Bildungsgesetz international auf Kritik gestoßen war, hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko das Außenministerium sowie das Ministerium für Bildung und Wissenschaft beauftragt, Gespräche mit den europäischen Partnern der Ukraine zu führen, insbesondere im Europarat. Der ständige Vertreter der Ukraine im Europarat, Dmytro Kuleba, schrieb auf Twitter, dass Experten des Europarats die ukrainische Bildungsreform sehr positiv bewerten würden. “Was Artikel 7 angeht, warten wir auf eine Bewertung durch die Venedig-Kommission”, so Kuleba.

Rentenreform. Am Sonntag (08.10.) hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko das Gesetz Nr. 6614 “Über die Änderung bestimmter Gesetze der Ukraine über die Erhöhung von Renten” unterzeichnet. Am 3. Oktober hatte das ukrainische Parlament eine Rentenreform gebilligt. Sie hat zur Folge, dass rund neun Millionen Rentner schon ab Oktober dieses Jahres eine höhere Rente erhalten werden.

Die Reform sieht noch weitere Veränderungen im ukrainischen Rentensystem vor. Dazu ein Artikel des UCMC: Diese Neuerungen bringt die Rentenreform in der Ukraine


Kultur: Medienkunst-Festival in Lwiw und ein vom The Guardian geförderter Film

Im Lwiw hat das Festival für audiovisuelle Kunst “Tetramatika-2017” begonnen. Die Veranstaltung geht auf eine Initiative ukrainischer Medienkünstler zurück, die mit Ton und visuellem Bild arbeiten. Teilnehmer kommen aber auch aus dem benachbarten Polen. Das Festival könnte sich zu einer “osteuropäischen Ars Electronica” entwickeln. Die “Ars Electronica” findet alljährlich im oberösterreichischen Linz statt.

Der Klang des industriellen Lwiw. Bei dem Festival in Lwiw erwartet die Besucher an verschiedenen Industriestandorten der Stadt das Projekt “Future Perfect” des Künstlers Anton Logow. Er hat für sein Projekt verlassene Fabriken ausgesucht. Mit tragbaren Sendern sollen auf UKW Werke von Künstlern ausgestrahlt werden: Eine Radiolandschaft in einer städtischen Umwelt.

Die Ukraine im Kontext der europäischen Medienkunst. Die Kuratoren-Gruppe “Offene Archive der ukrainischen Medienkunst” präsentiert das Projekt “Methode” über das Berliner Duo akuvido. Es besteht aus Absolventen der Kunstakademie Lwiw, die schon im Kontext der europäischen Medienkunst bekannt geworden sind. Teil des Programms ist auch die Ausstellung “Kein Name” des polnischen Video-Künstlers Miroslaw Balka. (Webseite des Festivals)

Der Kurzfilm “Home Games” der ukrainischen Regisseurin Alice Kowalenko ist auf der Facebook-Seitevom The Guardian veröffentlicht worden. Die Zeitung hatte die Produktion des Dokumentarfilms im Rahmen des Projekts “The Guardian kommt in die Ukraine” gefördert. Der Film erzählt die Geschichte einer 20-jährigen Fußballspielerin aus Kiew. (Infos und Trailer)


Sport: Silber in Gymnastik und Weltrekorde im Tauchen

Ukrainische Athleten gewinnen zwei Silbermedaillen bei der Gymnastik-WM. Die ukrainischen Athleten Ihor Radiwilow und Oleh Wernjajew haben zwei Silbermedaillen bei den Artistic Gymnastics World Championships im kanadischen Montreal gewonnen.

Weltrekorde im Tauchen. Die Ukrainerin Natalia Scharkowa hat zwei Goldmedaillen bei der Europameisterschaft in der Türkei gewonnen. Ihre beiden Siege stellen zugleich neue Weltrekorde nach der CMAS (Confédération Mondiale des Activités Subaquatiques) dar.