2018 war für die Ukraine kein einfaches Jahr. Seit fünf Jahren herrscht im Osten des Landes Krieg, die Krim ist immer noch von Russland annektiert, dutzende ukrainische politische Gefangene befinden sich in russischen Gefängnissen und im Asowschen Meer hat sich die Lage beispiellos verschärft. Das vergangene Jahr war auch das letzte der Amtszeit von Petro Poroschenko, der im Frühjahr 2014 nach der Revolution der Würde zum Präsidenten gewählt wurde. Was die Erfolge dieser Amtszeit angeht, stellen sich die Ukrainer viele Fragen: Wie steht es um die Bekämpfung der Korruption, die Justizreform und die Untersuchungen von Überfällen auf Aktivisten der Zivilgesellschaft? Doch es gab 2018 auch viele positive Veränderungen. Einzelheiten vom Ukraine Crisis Media Center:
Erfolg für die Kirche: Die Gründung einer ukrainischen autokephalen Kirche
Die Kirchen-Diplomatie hat ihre Früchte gebracht. Zum ersten Mal seit mehr als 300 Jahren hat die Ukraine die Möglichkeit erhalten, eine von Russland unabhängige Kirche zu gründen. Dank der Unterstützung des Patriarchats von Konstantinopel fand am 15. Dezember 2018 in Kiew ein Vereinigungs-Konzil statt, bei dem der Metropolit von Perejaslaw und Bila Zerkwa, Epifanij, zum Oberhaupt der neuen Orthodoxen Kirche der Ukraine gewählt wurde. Am 6. Januar 2019 wird das Oberhaupt der neuen vereinigten Kirche zusammen mit dem Präsidenten nach Istanbul fliegen, wo ihnen der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., den Tomos über Autokephalie, eine Urkunde über die Verleihung der Unabhängigkeit, übergeben wird. Damit wird das Verfahren zur Gründung einer eigenständigen orthodoxen Kirche in der Ukraine abgeschlossen sein.
Erfolg der Diplomatie: Weiter Sanktionen der EU und der PACE gegen Russland
An der internationalen Front kann die Ukraine im Europarat zweifelsohne von einem Sieg sprechen. Trotz des Drucks seitens der Russischen Föderation hat die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) die Sanktionen gegen Russland in Kraft gelassen. Im Oktober 2018 gab es eine Abstimmung, auf der die PACE Russland seine Verstöße gegen das internationale Recht hätte “vergeben” können, nur damit Moskau im Januar 2019 wieder nach Straßburg zurückkehren kann. Doch die PACE ließ sich von Moskau nicht erpressen und beließ die Sanktionen gegen Russland in Kraft. Darüber hinaus wurde in der PACE erstmals offen über die Notwendigkeit gesprochen, über einen Ausschluss Russlands aus dem Europarat nachzudenken.
Erwähnenswert sind auch die Sanktionen der EU gegen die Russische Föderation. Das Jahr 2018 hätte durchaus zu einem Durchbruch für Russland zuungunsten der Ukraine werden können. Denn die Wirtschaftssanktionen gegen Moskau müssen alle sechs Monate einstimmig bestätigt werden. Im Jahr 2018 wurden die Sanktionen aufrechterhalten.
Wirtschaftserfolge: Handel mit der EU, Naftogaz gegen Gazprom und der IWF
Der EU-Markt. Der europäische Markt hat sich zum wichtigsten für die ukrainischen Exporte entwickelt. In den ersten zehn Monaten des Jahres 2018 stieg der Anteil der Europäischen Union an den ukrainischen Exporten auf 42,4 Prozent. Das Wachstum gegenüber dem Vorjahr betrug 16,1 Prozent. Damit dürfte es mit der Abhängigkeit der Ukraine vom russischen Markt vorbei sein. Russlands Anteil an den ukrainischen Exporten beträgt nur noch 7,8 Prozent (drei Milliarden US-Dollar). Polen folgt mit 2,7 Milliarden US-Dollar Russland bereits dicht an den Fersen.
Naftogaz gegen Gazprom. Ein weiterer wirtschaftlicher Erfolge der Ukraine war die Entscheidung des Stockholmer Schiedsgerichts in dem Fall von Naftogaz. 2,56 Milliarden Dollar zugunsten von Naftogaz – so lautet das Urteil im Streit mit dem russischen Konzern Gazprom, der mehr als dreieinhalb Jahre dauerte. Im Laufe des Jahres 2018 hatte Naftogaz versucht, die Beschlagnahme von Gazprom-Vermögen vor Gericht zu erwirken. Am 19. Dezember erhielt Naftogaz schließlich von Gazprom 2,093 Milliarden US-Dollar von den 2,689, die der russische Konzern den Ukrainern schuldete.
Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit dem IWF.Am 18. Dezember 2018 billigte der IWF im Rahmen eines neuen Stand-by-Programms nach mehr als einem halben Jahr Pause eine Tranche in Höhe von 1,4 Milliarden US-Dollar für die Ukraine. Dieses Programm ist kleiner als das vorherige, das sogenannte Erweiterte Finanzierungsprogramm. Das Stand-by-Programm ist auf fast vier Milliarden US-Dollar ausgelegt, die Kiew in den nächsten vier Jahren erhalten kann. Im Gegensatz zum Erweiterten Finanzierungsprogramm, das die Ukraine zwischen 2015 und 2017 erhielt, wird das neue Stand-by-Programm Ländern gewährt, deren Volkswirtschaften stabil sind, aber bei der Lösung bestimmter Probleme noch Unterstützung benötigen.
Militärische Erfolge: US-Waffen und die NATO
Im Jahr 2018 begannen die USA mit der Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine. Das sind nicht nur die Panzerabwehrlenkwaffen vom Typ “Javelin”. Im Herbst 2018 übergaben die Amerikaner der Ukraine zwei Patrouillenboote vom Typ “Island”. Der US-Kongress erweiterte das Programm zur Unterstützung der ukrainischen Verteidigung.
Wichtige Veränderungen gabe es auch in Richtung NATO. Obwohl Ungarn während des gesamten Jahres 2018 Treffen der NATO-Ukraine-Kommission auf der Ebene der Minister und Staatschefs blockierte, gab es auf dem euro-atlantischen Kurs im vergangenen Jahr deutlich mehr Erfolge als Misserfolge. Im Herbst 2018 begann das ukrainische Parlament mit Änderungen zur Verfassung. Mit ihnen soll ein Beitritt zur Allianz als ein unbestreitbares Ziel der Ukraine festgeschrieben werden. Im Frühjahr bestätigte das Bündnis auf seiner Webseite und etwas später auch auf seinem Gipfel, dass die Ukraine eine NATO-Mitgliedschaft anstrebt und somit den Status eines “aspiring country” hat. Einen symbolischen Abschluss fand das Jahr mit der Lieferung militärischer Ausrüstung der NATO an die Ukraine. Sie wurde in Brüssel ins Flugzeug des ukrainischen Präsidenten verladen, der zurück nach Kiew flog. Zudem verabschiedete die Ukraine im Jahr 2018 erstmals ein grundlegend neues nationales NATO-Ukraine-Jahresprogramm, das auf der Grundlage des Membership Action Plan (MAP) der NATO erstellt wurde.
Erfolg im Kulturbereich: Gründung des Ukrainischen Instituts
2018 gab es eine strategische Entscheidung im Bereich der Kultur. Das Außenministerium der Ukraine hat das Ukrainische Kulturinstitut gegründet. Diese Institution soll wie das Goethe-Institut für Deutschland und das Institut français für Frankreich die Ukraine und ihre zeitgenössische Kultur im Ausland repräsentieren. Ziel der Einrichtung ist es, ukrainischen Kulturinstitutionen und Künstlern zu helfen, ihre Arbeit im Ausland zu zeigen. Das Institut möchte auch Verbindungen zu ausländischen Kulturinstitutionen herstellen, um die internationale Dimension der zeitgenössischen ukrainischen Kultur zu stärken. Im Staatshaushalt für 2019 sind für das Ukrainische Kulturinstitut 90 Millionen Hrywnja vorgesehen. Ein Drittel davon wird in das “Jahr der ukrainischen Kultur” in Österreich fließen. Das Programm sieht 50 Veranstaltungen und Projekte in fünf österreichischen Städten vor. Das Projekt soll 2019 zum Flaggschiff des Instituts werden.