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Belarus und Ukraine: Zunehmende diplomatische Spannungen

Diese Woche ist es zu einer Verschärfung in den Beziehungen zwischen Belarus und der Ukraine gekommen. Als Reaktion darauf, dass die Ukraine die EU-Sanktionen gegen Belarus unterstützt, ließ Alexander Lukaschenko eine Sanktionsliste gegen ukrainische Staatsvertreter erstellen und den ukrainischen Botschafter einbestellen. Ihm wurde eine Protestnote übergeben. Was ist los zwischen Kiew und Minsk?

Belarussische Sanktionen gegen ukrainische Staatsvertreter und Einbestellung des ukrainischen Botschafters. Minsk betrachtet seine Sanktionsliste als “angemessene” Reaktion auf die ukrainische Unterstützung der von der Europäischen Union gegen belarussische Staatsvertreter verhängten Sanktionen. Dies erklärte der belarussische Außenminister Wladimir Makej bei einem gemeinsamen Briefing mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow am 26. November. Makej betonte, dass die Unterstützung Kiews für Sanktionen gegen Belarus ein unfreundlicher Schritt sei, den die Ukraine angeblich auf Anweisungen des Westens hin unternommen habe.

Am 26. November wurde dem ukrainischen Diplomaten Ihor Kysym im belarussischen Außenministerium eine Protestnote übergeben. Darin “protestiert die belarussische Seite entschieden gegen eine ununterbrochene Serie von anti-belarussischen Aktionen gegen die Botschaft der Republik Belarus in der Ukraine und fordert die Gewährleistung eines angemessenen Sicherheitsniveaus für die diplomatische Vertretung gemäß dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961”.

Das ukrainische Außenministerium hingegen betrachtet die Einbestellung des ukrainischen Botschafters ins belarussische Außenamt und die Übergabe einer Protestnote im Zusammenhang mit Aktionen in der Nähe der belarussischen diplomatischen Vertretungen als eine übermäßig emotionale Reaktion. Das Außenministerium betont, dass die Ukraine die Bestimmungen des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen von 1961 strikt einhält und die Sicherheit ausländischer diplomatischer Vertretungen in ihrem Hoheitsgebiet garantiert.

“Wir gehen davon aus, dass die belarussische Seite auch ihrer Verantwortung für ihre internationalen Verpflichtungen nachkommt und keine Verstöße gegen die diplomatische Immunität zulässt, wie etwa unbegründete Inspektionen des diplomatischen Wagens des ukrainischen Botschafters in Belarus beim Überqueren der ukrainisch-belarussischen Grenze”, so das ukrainische Außenministerium.

Stärkung der Beziehungen zwischen Belarus und Russland. Der selbsternannte belarussische Präsident Alexander Lukaschenko erklärte gegenüber dem russischen Außenminister Sergej Lawrow, er wolle die “brüderlichen” Beziehungen zu Russland intensivieren. 

“Wir müssen vielleicht nicht über einen Neustart sprechen, sondern über eine Stärkung, Intensivierung unserer Beziehungen … Ich möchte, dass Sie dies verstehen und wissen, dass wir dazu bereit sind … Wir möchten nicht nur gutnachbarschaftliche Beziehungen, wir möchten eine sehr enge, brüderliche Beziehung zur Russischen Föderation. Ich habe nichts Neues gesagt. Ich habe das immer gesagt, nur wollte man dies nicht immer in Russland betonen und wiederholen. Anscheinend war dies für jemanden nicht von Vorteil, aber die Zeit hat gezeigt, dass wir ohne sehr enge und freundschaftliche Beziehung nicht umhin kommen”, sagte Lukaschenko laut dem ihm nahestehenden Telegram-Kanal “pul_1”.

Lukaschenko beschuldigt die Ukraine, Proteste zu unterstützen. Letzte Woche warf Alexander Lukaschenko Kiew erneut vor, Massenproteste in Belarus organisiert zu haben. Er ist überzeugt, dass in der Ukraine, in Polen und in Litauen “Zentren” zur Unterstützung von Protesten in Belarus eingerichtet wurden. Bei einem Treffen mit der Führung der Präsidialverwaltung, der Nationalversammlung, dem Staatssekretariat des Sicherheitsrates, dem Außenministerium und dem KGB stellte Lukaschenko fest, dass sich Polen, Litauen und die Ukraine der Proteste angenommen hätten.

“Sie sehen, dass auf der Straße nichts gelingt, dass die Proteste abnehmen. Was soll man tun? In Polen, Litauen, der Ukraine, in diesen Zentren, ist man besorgt, was man als nächstes tun soll, denn es könnte ganz die Luft ausgehen, aber man will zumindest bis zur warmen Jahreszeit durchhalten, als würden sie dann wieder zunehmen. Sie haben nicht die Straßen bekommen und sind nun in die Hinterhöfe gegangen. Morgen kommen sie in Ihre Wohnungen. In den Hinterhöfen wird ihnen auch nichts gelingen”, sagte Lukaschenko.

Europäische Sanktionen gegen Lukaschenko. Unterdessen haben am 26. November die Abgeordneten des Europäischen Parlaments einen Resolutionsentwurf zu den anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Belarus, einschließlich der Ermordung des Künstlers und Oppositionellen Roman Bondarenko angenommen.

Für die Resolution stimmten 613 Abgeordnete, 41 waren dagegen, 35 enthielten sich. Darin wird eine rasche, gründliche, unvoreingenommene und unabhängige Untersuchung des Todes von Roman Bondarenko sowie der Todesfälle von Aleksandr Tarajkowskij, Aleksandr Vychor, Artem Parukow, Gennadij Schutow und Konstantin Schischmakow gefordert, zu denen es während der Proteste gekommen ist. 

Die Abgeordneten rufen die EU außerdem auf, eine internationale Untersuchung der Verbrechen des Lukaschenko-Regimes gegen die Bevölkerung von Belarus zu unterstützen.

Darüber hinaus unterstützt die Resolution die Entscheidung des Rates, an einem dritten Paket von Sanktionen gegen Unternehmen und Oligarchen mit Verbindungen zu Lukaschenko zu arbeiten, da die von der EU und ihren Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen nach wie vor unwesentlich sind. Es wird auch gefordert, die EU-Sanktionsliste zu erweitern.

Das Dokument fordert auch ein vollständiges Einfrieren der Überweisung von EU-Mitteln an die belarussische Regierung und staatlich kontrollierter Projekte, einschließlich Darlehen der Europäischen Investitionsbank, der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und anderer.

Es sei daran erinnert, dass das Europäische Parlament im September eine Resolution zu Belarus angenommen hat, in der der Koordinierungsrat der Opposition anerkannt wird. Am 19. November einigten sich die EU-Außenminister darauf, mit den Vorbereitungen für eine neue Sanktionsrunde gegen das Regime von Alexander Lukaschenko zu beginnen. Die Arbeiten an dem neuen Sanktionspaket werden voraussichtlich Ende November oder Anfang Dezember abgeschlossen sein.

Wahlen und Proteste in Belarus: Chronologie der Ereignisse. In Belarus waren am 9. August Präsidentschaftswahlen abgehalten worden. Laut offiziellen Angaben der Zentralen Wahlkommission sollen 80,1% der Wähler für Lukaschenko und 10,1% für seine Gegnerin Swetlana Tichanowskaja gestimmt haben.

Nachdem die Wahlergebnisse bekannt gegeben worden waren, kam es landesweit zu Protesten. Sicherheitskräfte nehmen dabei Demonstranten fest und wenden Gewalt gegen sie an. Gegen Oppositionelle werden politisch motivierte Strafverfahren eingeleitet.

Die Europäische Union hat die Wahlergebnisse nicht anerkannt und gegen belarussische Staatsvertreter Sanktionen verhängt, die für die Fälschung der Wahlergebnisse und die Anwendung von Gewalt gegen Regimegegner verantwortlich sind.