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Russland kurz vor einer weiteren Aggression gegen die Ukraine: Was sich in einer Woche getan hat

Hauptthema in der Ukraine ist seit Tagen eine mögliche verstärkte Aggression Russlands. Diskutiert wird in diplomatischen und politischen Kreisen, aber auch unter Experten und in den Medien, wie ernst die Bedrohung ist und welche Szenarien möglich sind. Hier die wichtigsten Nachrichten der letzten Tage in Kürze:

An der diplomatischen Front. Diese Woche weilte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zu einem Besuch in Brüssel, wo er mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sprach und auch zu einem ersten bilateralen Treffen mit dem US-Außenminister Antony Blinken zusammentraf. Ferner nahm Kuleba an einem Treffen der NATO-Ukraine-Kommission teil, das sich auf die Eskalation der russischen Aggression konzentrierte.

Ebenfalls am 13. April führten US-Präsident Joe Biden und der russische Präsident Wladimir Putin ein Telefongespräch. Darin forderte Biden Putin auf, die Spannungen an der Grenze zur Ukraine abzubauen, und lud den russischen Präsidenten ein, sich in einem Drittland zu treffen, um Fragen von gemeinsamem Interesse zu erörtern.

Am 16. April ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu einem Arbeitsbesuch nach Paris gereist, wo er sich mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron getroffen hat. Im Anschluss an das Gespräch tauschte sich auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer Videokonferenz mit den beiden Präsidenten aus.

“Die Bundeskanzlerin, Präsident Macron und Präsident Selensky erörterten insbesondere die Sicherheitslage an, der ukrainisch-russischen Grenze sowie in der Ostukraine. Sie teilten die Sorge über den Aufwuchs russischer Truppen an der Grenze zur Ukraine sowie auf der illegal annektierten Krim. Sie forderten den Abbau dieser Truppenverstärkungen ein, um so eine Deeskalation der Lage zu erreichen”, heißt es in einer Pressemitteilung der deutschen Bundesregierung. Die Bundeskanzlerin und der französische Präsident hätten ihre Unterstützung für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine unterstrichen und die Notwendigkeit betont, die Minsker Vereinbarungen auf beiden Seiten vollständig umzusetzen. Merkel und Macron hätten erklärt, “dass Deutschland und Frankreich ihre Bemühungen im Normandie-Format weiter fortsetzen werden”.

Vier Szenarien einer russischen Aggression. Der Verteidigungsminister der Ukraine, Andrij Taran, erläuterte am 14. April auf einer Sitzung des Unterausschusses für Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments anhand verfügbarer Informationen eingehend vier mögliche Ziele, die die Russische Föderation mit der anhaltenden Konzentration ihrer Streitkräfte in der Nähe der ukrainischen Grenzen und auf der besetzten Krim verfolgt.

Erstens könnte es sich um eine Demonstration der Stärke handeln, um den Druck auf die Ukraine zu erhöhen, positive Veränderungen hinauszuzögern und vor allem die euroatlantische Integration der Ukraine zu verhindern.

Zweitens könnte dies auf die Vorbereitung einer Operation von der Krim aus hinweisen, um das Problem der Wasserversorgung der von Russland besetzten ukrainischen Halbinsel zu lösen, obwohl die Besatzungsmacht eigentlich für die Versorgung der Bevölkerung verantwortlich ist.

Drittens schließt das ukrainische Verteidigungsministerium nicht aus, dass es zu einer russischen Provokation im Osten der Ukraine kommen könnte, so wie es in Georgien gewesen sei, um danach Kiew beschuldigen zu können, gegen die Waffenruhe verstoßen zu haben, und um dies wiederum als Vorwand zu nutzen, weitere Teile der Regionen Luhansk und Donezk zu besetzen.

Viertens könnte die groß angelegte Konzentration der russischen Streitkräfte eine Antwort Russlands auf die NATO-Manöver Defender Europe 2021 sowie eine Vorbereitung auf die russischen Manöver West 2021 in Russland sein.

“Angesichts all dieser Vermutungen können wir nicht ausschließen, dass die russischen Besatzungskräfte auf der Krim oder in der Nähe unserer Grenzen in diesem Jahr zu erheblichen Provokationen greifen werden”, sagte Andrij Taran.

Neue US-Sanktionen gegen Russland. Am 15. April haben die USA neue Sanktionen gegen Russland verhängt. Ein entsprechendes Dokument wurde von US-Präsident Joe Biden unterzeichnet. Dies berichtet der Pressedienst des Weißen Hauses. Die Sanktionen werden wegen russischer Cyberangriffe, die versuchte Einflussnahme auf die US-Wahlen und die Besetzung der Krim verhängt.

Es sind folgende Sanktionen:

Sanktionen gegen 32 juristische Personen und physische Personen, die von der russischen Regierung veranlasste Versuche unternommen haben, die US-Präsidentschaftswahlen im Jahr 2020 zu beeinflussen. Sie haben zudem Desinformation betrieben. Aufgrund der Besetzung der Krim wurden gegen acht physische und juristische Personen Sanktionen verhängt.

Die USA weisen zehn russische Diplomaten aus Washington aus.

US-Finanzinstituten ist es ab dem 14. Juni verboten, Schuldverschreibungen direkt von der Zentralbank, dem Finanzministerium und dem Nationalen Wohlfahrtsfonds der Russischen Föderation zu erwerben.

Sanktionen richteten sich auch gegen sechs russische Technologieunternehmen, die nach US-Angaben russische Geheimdienste unterstützen.

Das Sanktions-Dekret von US-Präsident Joe Biden gegen Russland besagt, dass einige Aktionen Russlands eine “außerordentliche Bedrohung” für die nationale Sicherheit, die Wirtschaft und die Außenpolitik der USA darstellen. In dem Dokument heißt es, dass die konkrete schädliche außenpolitische Tätigkeit der Regierung der Russischen Föderation eine atypische und außergewöhnliche Bedrohung für die nationale Sicherheit, die Außenpolitik und die US-Wirtschaft darstellen.

Russlands Reaktion auf die neuen US-Sanktionen. Das russische Außenministerium hat den US-Botschafter in Russland, John Sullivan, aufgrund der neuen US-Sanktionen einbestellt. Dies teilt die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, während eines Briefings mit. Ihr zufolge “wird das Gespräch für die amerikanische Seite schwierig werden”. Sacharowa fügte hinzu, dass eine Reaktion Russlands auf die neuen US-Sanktionen “unvermeidlich” sei und dass man Washingtons “aggressives Verhalten stark zurückweisen” werde. Das russische Außenministerium erklärte auch, dass das Vorgehen der USA “den Grad der Konfrontation gefährlich erhöht”.

Informationskrieg: Russische Bürger denken schlechter über die Ukraine. Unterdessen wird die Propaganda im russischen Fernsehen verstärkt, und zwar mit Drohungen gegen die Ukraine und Plänen für einen Angriff. Die Folge dieser Propaganda ist bereits in Meinungsumfragen zu sehen. Laut Umfragen des russischen Lewada-Zentrums hat sich die Haltung der Russen gegenüber der Ukraine innerhalb eines Monats erheblich verschlechtert. Gerade zu dieser Zeit lief die Eskalation seitens Russlands: Zuspitzung der Lage im Donbass seitens der Besatzer, Informations-Attacken und die Truppenkonzentration an der Grenze zur Ukraine.

Die Umfragen ergaben, dass im Februar 55% der Russen gegenüber der Ukraine positiv eingestellt waren und 31% negativ. Im März waren es 50% bzw. 35%.

Die Veränderungen sind bei den älteren Befragten am deutlichsten. Während im Februar 2021 fast die Hälfte (49%) der Befragten über 55 Jahren der Ukraine gegenüber positiv eingestellt war und 43% negativ, so waren dies Ende März 2021 entsprechend 42% bzw. 43%.

28% der Russen meinen, dass die sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” unabhängige Staaten werden sollten. Ein weiteres Viertel (25%) befürwortet einen Beitritt der “Republiken” zur Russischen Föderation. Nur 10% sind für eine Rückkehr der Territorien zur Ukraine im Status eines gewöhnlichen ukrainischen Gebietes.