Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine
Bewaffnete Verbände der Russischen Föderation haben erneut gegen die Waffenruhe verstoßen, indem sie Stellungen der ukrainischen Vereinten Kräfte angegriffen haben. Der Beschuss fand in der Nähe von Pawlopil sowie bei Starohnatiwka statt.
Am 28. April verstießen die russischen Besatzungstruppen im Einsatzgebiet der ukrainischen taktischen Gruppe “Nord” mehrmals gegen die Minsker Vereinbarungen zum Abzug schwerer Waffen. Ferner wurde das ukrainische Militär in der Nähe der Ortschaften Krymske und Sajzewe beschossen. Zudem schoss der Feind zweimal am Abschnitt der Truppenentflechtung Nr. 3 Bohdaniwka-Petriwske mit großkalibrigen Maschinengewehren und Kleinwaffen.
Normandie-Format: Ergebnisse des Online-Treffens
Am 30. April hat eine Videokonferenz der vier Außenminister des Normandie-Formats (Ukraine, Russland, Deutschland und Frankreich) stattgefunden. Da seit dem letzten Gipfel der Staats- und Regierungschefs der vier Länder in Paris im Dezember 2019 keine Fortschritte bei der Umsetzung der dort getroffenen Beschlüsse erzielt wurden, sollte nun die Konferenz der Außenminister der Trilateralen Kontaktgruppe in Minsk neue Impulse verleihen. Auch wenn von ihr kein Durchbruch erwartet wurde, gibt es dennoch einige erwähnenswerte Punkte.
Kein Konsultativ-Rat. Dieses Gremium wird es nicht geben. In einem Konsultativ-Rat sollten erstmals Vertreter der Ukraine und der sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” alleinige Verhandlungspartner sein. Moskau sollte nur noch als Beobachter dabei sitzen. Jedes andere Format, in dem es keine direkten Verhandlungen zwischen Kiew und den sogenannten “Volksrepubliken” gibt, lehnt Russland ab. Moskau beschuldigt die Partner im Normandie-Format, Vereinbarungen vom 11. März zunichte gemacht zu haben. In der Trilateralen Kontaktgruppe sind bislang die Ukraine, Russland und die OSZE unter Hinzuziehung von Vertretern der von Kiew nicht kontrollierten Gebiete vertreten.
Kein direkter Dialog mit den “Volksrepubliken”. Während der russische Außenminister Sergej Lawrow schon traditionell die dringende Notwendigkeit betont, den Konflikt im Donbass zu regeln, besteht das ukrainische Außenministerium auf eigenen Prinzipien. Kiew erklärt sich zu einem Dialog mit den Bewohnern der besetzten Gebiete bereit. In diesem Zusammenhang schlägt der Gesellschaftliche Rat beim Außenamt vor, die Ukraine könnte selbst einen Konsultativ-Rat schaffen, um die ukrainische Delegation in der Trilateralen Kontaktgruppe zu unterstützen.
Sicherheit geht vor. Solange die Sicherheitsbestimmungen nicht erfüllt sind, gibt es keinen Grund für eine politische Debatte, so wie sie Russland will. Das meint der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba. Ihm zufolge standen die Sicherheitsfrage und die Waffenruhe im Mittelpunkt des Gesprächs der vier Außenminister. So soll die Trilaterale Kontaktgruppe ein neues Datum für die Waffenruhe vereinbaren. Russland besteht weiterhin darauf, dass anfangs die Steinmeier-Formel mit einem “Sonderstatus” für den besetzten Donbass umgesetzt wird.
Humanitäre Fragen. Es gibt weder die Aufhebung von Reisebeschränkungen noch die Eröffnung neuer Übergangsstellen. Bezüglich eines Austausch von Kriegsgefangenen einigten sich die Seiten darauf, die Verhandlungen fortzusetzen und die nächsten Etappen vorzubereiten.
Handel mit Agrarland: Selenskyj billigt Gesetz – Tymoschenko klagt
Letzte Woche hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ein Gesetz unterzeichnet, das den Handel mit Agrarland erlaubt. Das Gesetz war am 31. März 2020 vom Parlament verabschiedet worden. Es ist eine der Bedingungen des IWF für eine neue Kredittranche für die Ukraine.
Unterdessen hat die Fraktion der Partei “Vaterland” angekündigt, gegen dieses Gesetz vor dem Verfassungsgericht des Landes zu klagen. “Es ist kein Wunder eingetreten. Der Präsident hat dieses skandalöse Gesetz über den Verkauf von ukrainischem Agrarland unterzeichnet. Der Kampf geht weiter. Wir werden diese verbrecherische Entscheidung so bald wie möglich vor dem Verfassungsgericht anfechten”, schrieb Fraktionsführerin Julia Tymoschenko auf ihrer Facebook-Seite.
Ukrainische Erntehelfer: Bleiben sie diese Saison zuhause?
In letzter Zeit wird in der Ukraine zunehmend über die Probleme der Saisonarbeiter diskutiert, die derzeit wegen der Grenzschließungen im Zuge der Corona-Pandemie nicht ins Ausland fahren können. Ein mehrmonatiger Job im europäischen Ausland ermöglicht vielen Arbeitern, ihre Familien daheim für den Rest des Jahres zu ernähren. Ausländische Arbeitgeber organisieren inzwischen Charterflüge für Erntehelfer, doch die ukrainische Regierung blockiert.
Wie hat alles angefangen? Anfang April wandte sich Finnland an das ukrainische Außenamt mit der Bitte, die Ausreise von rund 1000 Landarbeitern zu erleichtern. Helsinki versprach, die Charterflüge zu bezahlen und den Erntehelfern bei ihrer Ankunft eine zweiwöchige Quarantäne zu ermöglichen. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte Mitte April, die Ukraine erhalte viele solche Bitten aus dem europäischen Ausland und habe noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Ende April stellte sich jedoch heraus, dass die Behörden ukrainische Arbeiter gar nicht aus dem Land lassen wollen. Bislang ist nur ein Flugzeug mit 200 Ukrainern in Finnland angekommen.
Die Haltung der Regierung. “Wir wollen alles versuchen, damit die Menschen in der Ukraine bleiben. In der Ukraine gibt es auch viel Arbeit”, sagte am 22. April der ukrainische Premierminister Denys Schmyhal. Und Außenminister Kuleba erklärte am 28. April: “Es ist unlogisch, massenweise Charterflüge zu organisieren, damit die Ukrainer in Länder fliegen, wo die Pandemie noch andauert.” Die Regierung verbreitet zunehmend die Überzeugung, ukrainische Arbeitsmigranten könnten trotz ihres eigenen Wunsches und trotz des Interesses europäischer Arbeitgeber zuhause bleiben.
Rechtlicher Aspekt. Sowohl der Pressedienst des Außenamtes als auch das Ministerkabinett bestätigten, dass es kein Dokument gibt, mit dem das Recht der Ukrainer auf Auslandsreisen eingeschränkt wird. Allerdings ist der Flugverkehr aufgrund der Corona-Quarantäne stark eingeschränkt. Daher benötigt jede Chartermaschine eine Sondererlaubnis, die von einer speziellen Arbeitsgruppe des Ministerkabinetts erteilt wird. Auf der Webseite der Regierung heißt es, die Behörden würden auf Ersuchen ausländischer Arbeitgeber “punktuell” über Auslandsflüge für Ukrainern entscheiden. Voraussetzung sei, dass die ausländischen Arbeitgeber für angemessene Lebens- und Arbeitsbedingungen sowie für erforderlichen Gesundheitsschutz sorgen.
Was sagen ausländische Arbeitgeber? Europäische Landwirte sind besorgt: Die Erntezeit rückt näher und niemand ist zum Ernten da. Aufgrund der Coronavirus-Pandemie, der Quarantäne-Maßnahmen und Grenzschließungen können Saisonarbeiter, meist aus Osteuropa, nicht kommen.
Was sagen ukrainische Menschenrechtler? Sie sind über Äußerungen der Regierung, wonach Arbeiter zuhause bleiben sollten, empört. Sie meinen, die Behörden hätten keine rechtliche Basis, die Bürger nicht ins Ausland reisen zu lassen. Das sei ein Verstoß gegen Artikel 33 der Verfassung des Landes, der das Recht garantiert, das Territorium der Ukraine frei zu verlassen. Den Menschenrechtlern zufolge sollten die Menschen selbst bei einer Pandemie entscheiden können, ob sie im Ausland arbeiten wollen. Die einzige Bedingung, die der Staat stellen könne, sei, dass diese Personen nicht auf Kosten des Staates aus dem Ausland evakuiert werden.
Wirtschaftliche Argumente. Im Jahr 2019 überwiesen Ukrainer, die im Ausland arbeiten oder leben, nach Angaben der Nationalbank rund 13 Milliarden US-Dollar in die Ukraine, und nach Angaben der Weltbank fast 16 Milliarden US-Dollar. Dies sind ungefähr zehn Prozent des ukrainischen BIP. Angesichts der großen Bedeutung dieser Überweisungen sollten die ukrainischen Behörden flexibler sein, meinen Ökonomen. Anstatt die Ausreise von Arbeitnehmern einzuschränken, sollten sie Wege finden, um eine sichere Reise und Beschäftigung für die Ukrainer zu gewährleisten.
Ukrainische Filmakademie: Das sind die Preisträger
Am 3. Mai hat die Ukrainische Filmakademie ihre jährlichen Preise vergeben. Bester Film des Jahres ist der Streifen “My Thoughts Are Silent” von Antonio Lukich. Er wird von der ukrainischen Jury als Entdeckung des Jahres gefeiert und für das beste Drehbuch geehrt. Zudem wird er für die beste weibliche Hauptrolle, gespielt von der ukrainischen Schauspielerin Irma Witowska, ausgezeichnet. Der Film erhielt bereits beim Internationalen Filmfestival Karlovy Vary Preise.
Für die beste Regie wurde der Film “Homeward” von Nariman Aliev geehrt. Er liefert eine künstlerische und sehr persönliche Sicht des Regisseurs krimtatarischer Abstammung auf die Annexion der Halbinsel Krim und den Krieg mit Russland im Donbass. Der Film feierte in Cannes sein Debüt und wurde für den Oscar als bester ausländischer Film nominiert. Schauspieler Ahtem Seitablayev wurde als beste männliche Rolle gekürt.
Drei Auszeichnungen bekam der Film “Volcano“. Dieses Spielfilmdebüt des Dokumentarfilmers Roman Bondarchuk wurde für den besten Sound und die beste Kamera geehrt. Der Schauspieler Viktor Zhdanov wurde als bester männlicher Nebendarsteller ausgezeichnet.
Der Zeichentrickfilm “Deep Love” von Mykyta Lyskov ist in der Ukraine ein Hit. Er war unter anderem beim Festival d’Animation Annecy und wurde zum besten Zeichentrick-Kurzfilm des Jahres gekürt.
Der Streifen “Heat Singers” unter Regie von Nadezhda Parfan wurde als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet. Er hatte beim Festival Visions du Reel Weltpremiere und wurde von Kritikern als erfolgreiches Beispiel für einen Dokumentarfilm gefeiert.
Wie die Ukraine gegen Covid-19 kämpft
In der Ukraine gibt es mit Stand vom 4. April 12.331 bestätigte Coronavirus-Fälle. Davon sind 303 Personen verstorben und 1619 inzwischen genesen. Innerhalb eines Tages wurden 418 neue Fälle gemeldet. Insgesamt wurde das Virus bei 855 erkrankten Kindern und bei 2387 medizinischen Beschäftigten festgestellt. Bislang wurden in der Ukraine 134.592 PCR-Test durchgeführt. Ambulant werden zurzeit 8669 Patienten behandelt, darunter 703 Kinder und 1975 medizinische Beschäftigte. Ins Krankenhaus mussten 3662 Bürger, darunter 152 Kinder und 412 Mediziner. An Beatmungsgeräte mussten 160 Personen, darunter ein Kind und 14 Mediziner, angeschlossen werden.