Die russische Beteiligung an den “Volksrepubliken” im Donbass: 11 Fakten, die Sie wissen sollten

Obwohl Russland eine direkte Beteiligung an den separatistischen “Volksrepubliken” von Donezk und Luhansk dementiert, gibt es Belege für das Gegenteil und sie nehmen ständig zu. Folgendes sollten Sie über die Beteiligung Russlands am unerklärten Krieg in der Ostukraine wissen:

  1. Mehrere ehemalige und derzeitige Führer der “DVR/LVR” sind russische Staatsbürger

Mehrere militärische Führer der sogenannten “Volksrepubliken” kamen aus Russland und hatten vor dem Krieg keinen Bezug zum Donbass. Zum Beispiel war Igor Girkin, bekannt als Strelkow, in der Frühphase der “Donezker Volksrepublik” einer der Schlüsselpersonen und in Wahrheit ein ehemaliger Geheimagent des FSB und russischer Staatsbürger. Arsen Pawlow (Motorola), Igor Besler und Alexander Moschajew (Kosak Babaj), sowie mehrere weitere ehemalige und derzeitige militärische Führer der “DVR/LVR” waren ebenfalls russische Staatsbürger. Darunter befindet sich auch Alexander Kasakow, der sich direkt mit der PR in Bezug auf den “DVR-Führer” Alexander Sachartschenko beschäftigt. Dabei werden in den Armeen und sogenannten Institutionen der “Volksrepubliken” nur sehr wenige Entscheidungen wirklich lokal getroffen.

  1. Die Milizen im Donbass erhalten immer noch militärische Hilfe aus Russland

Eine Untersuchung der internationalen Freiwilligengruppe “InformNapalm”, die auf den 17. September 2016 datiert ist, führt 31 Waffenarten auf, die im Donbass zum Einsatz kamen, aber in der Ukraine von 2004 bis 2015 nie produziert wurden. Diese Untersuchung wurde in einer PACE-Sitzung vorgestellt. Eine weitere Untersuchung von “InformNapalm”, die Objekte der russischen Armee in der Ostukraine beinhaltet, zeigen 75 Gliederungen, die im Donbass kämpfen. International ist dieser Bericht bekannt. Er wurde bei einer Sitzung der Parlamentarischen Versammlung der NATO am 19. November 2016 in Istanbul vorgestellt.

  1. Viele internationale Medien stellten ihre Materialien über eine russische Kriegsbeteiligung vor

Die jüngsten stammen von “France 24”. Französische Journalisten erfuhren, dass die Milizen Technik und Munition aus Russland erhalten; dass sie von russischen Trainern ausgebildet werden und dass sie notwendiges Geld, sowie humanitäre Hilfe (oftmals zusammen mit Lieferungen für die Armee) aus Russland bekommen.

  1. Die Wirtschaft der “Republiken” ist stark von russischem Geld abhängig

Eine weitere komplexe Untersuchung zu dem Thema führte der deutsche Journalist von der BILD-Zeitung, Julian Röpcke, durch. Er analysierte die wirtschaftliche Situation der “Republiken” und zeigte, dass Russland die “DVR/LVR” finanziert. Ohne Außenfinanzierung könnten sie nicht überleben. Röpcke gab auch eine Theorie ab, wie Russland Geld in die “Republiken” schafft, indem hauptsächlich Banken in der georgischen Region Abchasien verwendet werden, die sich seit Anfang der 1990er Jahre und insbesondere nach der russischen Aggression gegen Georgien 2008 de facto unter russischer Kontrolle befindet.

Später tauchten “Züge unter verstärkten Schutz” auf, die laut Röpcke “tonnenweise Banknoten und Münzen” in die Ukraine transportierten. Hauptknotenpunkte der Züge waren die Verteidigungspunkte Illowajsk und Debalzewe. Die Namen dieser Orte sind allen gut bekannt, die sich für den Konflikt in der Ukraine interessieren, da um beide Städte erbittert gekämpft wurde.

Es gibt Belege, dass in beiden Fällen reguläre russische Militäreinheiten an den Kämpfen beteiligt waren; im Fall von Illowajsk gab es kurz vor der Unterzeichnung des ersten Minsker Abkommens eine extreme Invasion Russlands auf das Gebiet der Ukraine. Im Fall von Debalzewe fanden die Kämpfe um die Stadt während der Unterzeichnung des zweiten Minsker Abkommens statt. Der erste Punkt dieses (zweiten) Abkommens sah eine 72-stündige Feuerpause vor. Wahrscheinlich erwarteten die russischen Militärstrategen, dass dieser Eisenbahnknotenpunkt innerhalb dieses Zeitraums eingenommen werden kann. Als Debalzewe nicht während dieser im zweiten Minsker Abkommen vereinbarten 72-stündigen Feuerpause eingenommen war, wurde die Vereinbarung ignoriert und die Kämpfe um diese Stadt hielten eine weitere Woche an.

Nach Einschätzung des Journalisten gibt Russland monatlich 79,1 Millionen Euro für den Unterhalt der “Republiken” aus.

  1. Maßgebliche Analysezentren fanden ebenfalls Beweise für eine russische Beteiligung

Das bekannte amerikanische Analysezentrum “Atlantic Council” veröffentlichte eine Untersuchung über die Rolle Russlands im Leben der “Volksrepubliken” im Donbass. Die Präsentation dieser Untersuchung beginnt mit den Worten: “Russland kämpft gegen die Ukraine. Russische Staatsbürger und Soldaten kämpfen und sterben in einem Krieg, der von ihrer eigenen Regierung entfacht wurde. Der russische Präsident Wladimir Putin dementiert weiterhin eine russische Beteiligung an den Kriegshandlungen, obwohl es viele Beweise dafür gibt und sie unbestreitbar sind.”

Die Untersuchung wurde am 15. Oktober 2015 veröffentlicht. Zumindest seither sind Gegendarstellungen aus Russland zu einer militärischen Beteiligung in der Ukraine unglaubwürdig.

Hierzu sei angemerkt, dass gleichzeitig mit dem Bericht des “Atlantic Council” auch der Bericht mit dem Namen “Putins Krieg” von einer Tochter des russischen Oppositionellen Boris Nemzow veröffentlicht wurde. Nemzow wurde im Februar 2015 in Moskau erschossen, kurz nachdem er neue Enthüllungen über den Krieg in der Ostukraine ankündigte.

  1. Informationsquellen über Beamte des Kremls zeigen ihre Rolle als echte Herren der “Volksrepubliken”

Am 25. Oktober veröffentlichte das “Digital Forensic Research Lab” des “Atlantic Council” die Ergebnisse einer komplexen Untersuchung über gehackte Emails (SurkovLeaks).

Wladislaw Surkow, der als einer der einflussreichsten Personen in der näheren Umgebung von Putin zählt, gab nicht nur Hinweise über die russische Führung der “DVR/LVR”, sondern auch über die selbstausgerufenen Republiken Südossetien und Abchasien. Das Email-Konto von Surkow wurde von der ukrainischen Hackergruppe “Cyber Hunta” gehackt. Darin wurden viele Hinweise gefunden, die seine Beteiligung an den Aktionen im Donbass bestätigen. Laut Informationen mehrerer Medien sei Denis Puschilin, einer der “DVR-Führer”, vollständig von Surkow abhängig.

  1. Veröffentlichung neuer Beweise über den Sommer 2014, als das Gebiet der Ukraine beschossen wurde

Der jüngste Bericht von “Bellingcat” vom 21. Dezember 2016 widmet sich den Angriffen durch russische Artillerie auf die ukrainische Armee vor zwei Jahren. Der Bericht zeigt die Positionen und Stellungen der Angriffe.

“Russische Soldaten feuerten im Sommer 2014 abertausende Artilleriegeschosse auf Ziele innerhalb der Ukraine”, heißt es in dem Bericht.

Die russische Armee sollten die Separatisten im Sommer 2014 dabei unterstützen, bereits klar an die ukrainische Armee verlorene Positionen zurückzugewinnen.

  1. Russland liquidierte und diskreditierte Kämpfer der “DVR/LVR”, die nach eigenem Ermessen handelten

Das jüngste Beispiel war Arsen Pawlow, der als “Motorola” bekannt ist. Die führende britische Ausgabe “The Guardian” veröffentlichte einen Artikel, in dem es heißt, dass “Motorola” entweder wegen interner Streitigkeiten ermordet wurde, oder dass ihn Russland als “ungeeigneten Separatistenführer” ansah und ihn von dem Posten entfernte. In dem Artikel heißt es außerdem, dass die Separatistenführer ihre Aktionen mit den Mentoren in Moskau koordinieren, die auch die politische Bühne in den selbsternannten Republiken finanzieren und kontrollieren, trotz eigener Behauptungen. Das heißt, dass jeder, der sich weigert, diese Spielregeln zu befolgen, durch eine loyalere Person ersetzt wird. In den vergangenen sechs Monaten gab es drei solcher Fälle: vermutlich wurden die Kämpfer Alexander Buschujew, Alexander Nemogaj und Alexander Osipow wegen Ungehorsams oder wachsender Autorität ermordet.

  1. Die MH17-Katastrophe zeigt, dass Russland seit den ersten Kriegstagen im Donbass beteiligt war

Die Investigativ-Gruppe “Bellingcat” erklärte am 30. September 2016, dass eine Einheit der russischen Armee für die Übergabe des Flugzeugabwehrraketenkomplexes “BUK” verantwortlich ist, mit dem das Flugzeug MH17 abgeschossen wurde. “Bellingcat” veröffentlichte seine erste Untersuchung am 8. November 2014, wobei es schon damals hieß, dass das Raketensystem aus Russland geliefert wurde.

Außerdem bestätigten die Internationale Untersuchungskommission (Joint Investigation Team) in ihrem Ermittlungsbericht, dass das Flugzeug MH17 durch eine BUK-Rakete abgeschossen wurde, die aus Russland stammte: “Die Anlage wurde aus Russland in die Ostukraine verlegt und kurz darauf wieder nach Russland zurück gebracht.”

  1. Russland sitzt für die Separatisten in Minsk, die dort fast nichts sagen

Die pro-russischen Milizen waren sogar in einem Format der trilateralen Verhandlungen mit der OSZE zur Konfliktlösung nicht vertreten. Da alle Verhandlungsergebnisse im Rahmen der Treffen im Normandie-Format erzielt werden, sind russische Vertreter die einzige Stimme der “Republiken”. Dies spricht dafür, dass Russen hinter den Separatisten stehen. Hromadske interviewte hierzu ukrainische und russische Generäle, die jeweils bestätigten, dass sie miteinander verhandeln.

  1. Tote im russischen Krieg – “Fracht 200”

Trotz der Vereinbarungen, die in den Minsker Abkommen vorgesehen sind, erlaubt Russland der OSZE-Sonder-Monitoring-Mission in der Ukraine nur zwei kleine Abschnitte der ukrainisch-russischen Grenze zu kontrollieren. Allerdings hat die Mission dennoch die Möglichkeit, über die Verlegung von Beförderungsmitteln an den Grenzposten zu berichten, was es erlaubt, einen regelmäßigen Strom von Fahrzeugen aus der Ukraine nach Russland zu dokumentieren, die die Aufschrift “Fracht 200” tragen. Dies ist ein russischer Militärcode und bedeutet, dass die Fahrzeuge Tote befördern. Fast jede Woche enthalten die Berichte der OSZE solche Beobachtungen.

Die genaue Anzahl der Russen, die im Krieg gegen die Ukraine ums Leben kamen, ist nicht bekannt. Und diejenigen, die versuchten, die Fälle von Angehörigen der Landlandetruppen aus Pskow zu untersuchen, wurden eingeschüchtert, bedroht oder ihnen wurde das Etikett eines “ausländischen Agenten” angehängt.

In einem kürzlich veröffentlichten Artikel des bekannten Russlandexperten Paul Goble, wird eine statistische Anomalie in drei russischen Regionen beobachtet: in Nischni Nowgorod, Woronesch und Krasnojarsk. Goble merkte an, dass es gerade in diesen drei Regionen 2014/2015 im Vergleich zu den Vorjahren 6.312 “übermäßige Todesfälle” gab.

Diese hohe Todesziffer ist realistisch, wenn man die Tatsache berücksichtigt, was die Hochrechnung der Daten ergibt, wie viele Medaillen laut dieser Meldung an russische Soldaten während des Konflikts in der Ukraine vergeben wurden. Damit ist es “sehr wahrscheinlich, dass zehntausende russische Soldaten am unerklärten Krieg in der Ukraine teilnahmen oder einen Beitrag leisteten”.

Das Material wurde von Vitalij Rybak und Internews Ukraine vorbereitet

Der Autor bedankt sich bei: Natalja Gumenjuk, Alexej Mazuka, Olexander Nikonorow, Alya Schandra, Nastja Stanko und anderen Kollegen für die erteilten Ratschläge.