Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine
Die russischen Besatzungstruppen haben mit Granatwerfern, großkalibrigen Maschinengewehren und Handfeuerwaffen geschossen. Die Stellungen der ukrainischen Vereinten Kräfte nahe der Orte Trojizke, Nowoluhanske und Talakiwka wurden vom Feind mit 120-mm-Mörsern und die Verteidigungspunkte bei Trojizke, Luhanske, Switlodarsk und Hnutowe mit 82-mm-Mörsern beschossen. Die Verteidiger von Trojizke wurden mit Waffen von Schützenpanzern angegriffen. In Awdijiwka kam es am 15. Oktober zu einem Gefecht. Am 16. Oktober waren verstärkt feindliche Scharfschützen unterwegs.
Am Abend des 20. Oktober fielen nahe dem Kontrollpunkt “Majorsk” in dem von Kiew nicht kontrollierten Teil des Donbass Schüsse. Infolgedessen wurde ein aufblasbares Zelt beschädigt, in dem sich zu dem Zeitpunkt Zivilisten befanden. Niemand von ihnen kam zu Schaden.
Russische Staatsduma sieht “militärische Bedrohung in der Ukraine”
Die Staatsduma Russlands hat erklärt, dass im Donbass die “militärische Bedrohung durch die Kiewer Machthaber zunimmt”. In der auf der Webseite der Staatsduma am 18. Oktober veröffentlichten Erklärung kündigen die russischen Parlamentarier an, auf Offensiven “adäquat zu reagieren”. Zudem bezeichnen die Abgeordneten Veranstaltungen, die am 14. Oktober in Kiew anlässlich des Tags des Verteidigers der Ukraine stattfanden, als “neonazistisch”. Ferner kritisieren die Parlamentarier die Schaffung einer unabhängigen orthodoxen Landeskirche in der Ukraine, was zum Ziel habe, die “wahre orthodoxe Kirche” zu zerstören und den “Krieg gegen Russen und Russischsprachige” fortzusetzen. Die Ukraine habe sich in einen “Terror-Staat” verwandelt, so die Erklärung der Staatsduma.
Putin nimmt Stellung. Der russische Präsident Wladimir Putin geht davon aus, dass er mit einer neuen Führung in der Ukraine ein neues Verhältnis aufbauen kann. “Wir müssen abwarten, bis die innenpolitischen Zyklen ihr Ende erreichen und ich zähle sehr darauf, dass wir mit der neuen Führung wenigstens irgendwelche Beziehungen aufbauen und uns einigen können. Wir sind dazu bereit, wir wollen das”, sagte er auf dem Valdai-Forum in Sotschi.
Reaktion des ukrainischen Außenamts.Der Außenminister der Ukraine, Pawlo Klimkin, meint, die Erklärung der russischen Staatsduma “Über die Zuspitzung der Lage in der Ukraine” sei Propaganda. “In Wirklichkeit lebt ein bedeutender Teil Russlands in einer parallelen Realität”, sagte Klimkin am 18. Oktober auf einem Expertenforum in Odessa. Der Minister lehnte eine offiziell Stellungnahme zur Erklärung der Staatsduma ab. “Wenn ein Alien auf der Erde ankommt, von nichts weiß und als erstes die Erklärung der Staatsduma liest, könnte er meinen, dass nicht Russland einen Teil der Ukraine besetzt hat, sondern dass wir, die Ukraine, einen Teil Russlands besetzt haben, dass wir Terroranschläge in Russland organisieren, dass wir dorthin reguläre ukrainische Truppen, Waffen und Söldner schicken und natürlich Dutzende politische Gefangene und Geiseln festhalten sowie Menschen in Salisbury und Syrien töten”, so Klimkin.
Autokephalie: Patriarchat von Konstantinopel bekommt Vertretung in Kiew
Am 18. Oktober hat das ukrainische Parlament einen vom Präsidenten eingebrachten Gesetzentwurf angenommen, wonach die Sankt Andreas-Kirche in Kiew dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel zur Nutzung übergeben wird. Präsident Petro Poroschenko machte deutlich, dies solle dazu beitragen, dass die Ukraine eine unabhängige orthodoxe Landeskirche und den dafür notwendigen Autokephalie-Erlass (Tomos) des Patriarchen von Konstantinopel erhält.
“Die Ukraine kehrt zum aktiven Dialog mit der Welt-Orthodoxie zurück. Eine Vertretung des Ökumenischen Patriarchats, der Mutterkirche, wird dazu beitragen, diese Beziehungen zu stärken und die Ukraine beim Aufbau einer unabhängigen orthodoxen Kirche zu unterstützen”, schrieb Poroschenko am 18. Oktober auf Facebook.
Die Sankt Andreas-Kirche in Kiew bleibt aber als bedeutendes Kulturdenkmal in staatlichem Besitz. Vertreter des Ökumenischen Patriarchats werden lediglich einen Vertrag über die Nutzung der Kirche unterzeichnen, heißt es seitens der zuständigen Behörden.
Wirtschaft: Die Regierung erhöht den Gaspreis. Was bedeutet das?
Am 19. Oktober hat das Ministerkabinett den Gaspreis für die Bevölkerung um 23,5 Prozent erhöht. Jetzt müssen die Ukrainer 8550 Hrywnja (rund 285 Euro) pro 1000 Kubikmeter Gas bezahlen. Der Hauptgrund für die Anhebung ist die Notwendigkeit, die Zusammenarbeit mit dem IWF fortzusetzen und eine neue Kredit-Tranche zu erhalten. Nur wenige Stunden nach dem Regierungsbeschluss teilte der IWF mit, die Unterstützung der Ukraine wieder aufzunehmen. Es geht um ein neues 14-monatiges Standby-Arrangement (SBA) in Höhe von 3,9 Milliarden US-Dollar. Ausschlaggebend für die IWF- Entscheidung war wohl nicht nur die Erhöhung des Gaspreises für die Bevölkerung, sondern auch die Tatsache, dass der Staatsetat für 2019 vom Parlament in erster Lesung verabschiedet wurde. Ein ausgeglichener Haushalts und der Gaspreis waren zwei wesentliche Voraussetzungen für die Wiederaufnahme der Finanzierung seitens des IWF.
Zwei verschiedene Gaspreise.Heute gibt es in der Ukraine zwei getrennte Gasmärkte. Gas an die Bevölkerung liefern regionale Gasgesellschaften. An sie gibt der staatliche Energiekonzern Naftogaz Erdgas zu Tarifen ab, die unter den Marktpreisen liegen. Dadurch war der Gaspreis für die Bevölkerung bisher viel niedriger als für große Industrieunternehmen, die Marktpreise zahlen müssen. Diese Regelung wurde mit den geringen Einkommen der Menschen begründet.
IWF fordert Marktpreis für alle.In der Zusammenarbeit mit dem IWF war der Gaspreis immer eine Priorität. Der Hauptgrund, warum der IWF die Angleichung der Gaspreise für die Bevölkerung und die Industrie verlangt, sind hohe Ausgaben der Regierung. Denn die Differenz zwischen dem niedrigen Gaspreis für die Bevölkerung und dem Marktpreis, die beim Staatskonzern Naftogaz jedes Jahr entstand, musste mit Geld aus dem Staatshaushalt beglichen werden. Schließlich kauft Naftogaz Erdgas vor allem im Ausland zu Marktpreisen ein.
Ineffizienz und Korruption. Letztlich wurden Milliarden von Hrywnja aus dem Staatshaushalt nicht effizient ausgegeben. Die regionalen Gasgesellschaften, von denen die meisten dem geflüchteten und derzeit in Österreich befindlichen Oligarchen Dmytro Firtasch gehören, konnten dabei Geld verdienen. So kauften die regionalen Gasgesellschaften bei Naftogaz angeblich für die Bevölkerung Gas zu einem niedrigeren Preis ein, verkauften es aber zum Marktpreis an Industrieunternehmen weiter. Die so entstandenen Gewinne flossen auf die Konten des Oligarchen. Und gleichzeitig musste der Staat, also der Steuerzahler, die Preisdifferenz bei Naftogaz begleichen. Der vom IWF geforderte Preisangleich soll solche Machenschaften unmöglich machen. Die jetzige Entscheidung ist ein Schlüsselindikator, der dem IWF signalisieren soll, dass die ukrainische Regierung bereit ist, die Korruption zu bekämpfen und die Oligarchen nicht zu subventionieren, da die Mittel im Haushalt ohnehin begrenzt sind.
Hinhaltetaktik der Regierungen. Die ukrainische Regierung hatte sich gegenüber dem IWF schon vor zehn Jahren verpflichtet, den Erdgaspreis für die Industrie und die Bevölkerung anzugleichen. Doch erfüllt wurde die Zusage nicht. Auch mit dem Abschluss eines neuen Abkommens mit dem IWF im Jahr 2015 versprach die Regierung, Marktpreise bei Erdgas für die Bevölkerung einzuführen. Da auch diese Zusage nicht erfüllt wurde, bekam die Ukraine in vier Jahren vom IWF von den ursprünglich geplanten 17,5 Milliarden Dollar lediglich die Hälfte.
Warum wird Geld vom IWF benötigt?Hätte sich die Regierung weiterhin geweigert, den Gaspreis zu erhöhen, würde die Ukraine keine IWF-Tranche erhalten. Sie wird in erster Linie benötigt, um mehr als 112 Milliarden Hrywnja Staatsschulden zurückzuzahlen, die im ersten Quartal 2019 fällig werden. Zudem orientieren sich am IWF auch andere Kreditgeber der Ukraine: die Weltbank, die EU sowie westliche Anleger, die Staatsanleihen kaufen und so dem Staat Geld leihen. Schon jetzt muss die Ukraine teuer für die mangelnde Kooperation mit dem IWF bezahlen: für neue Kredite, die das Finanzministerium auf dem Weltmarkt aufnimmt, zahlt die Ukraine 7,5 bis neun Prozent Zinsen pro Jahr. Zum Beispiel zahlt die Ukraine für den IWF-Kredit etwa zwei Prozent Zinsen und für die der EU fast Null Prozent.
Unpopuläre Entscheidung.Die Gaspreiserhöhung wird sich auf die Wohngelder der Menschen auswirken, die mit Gas kochen und heizen. Auch werden praktisch alle Lebensmittel teurer. Nach Schätzungen der Nationalbank wird die Erhöhung des Gaspreises um 20 bis 25 Prozent einen Anstieg der Preise um etwa ein bis zwei Prozent nach sich ziehen. Der Gaspreise für die Bevölkerung wird aber auch nach der jetzigen Erhöhung unter dem Marktpreis liegen. Daher werden die Tarife nächstes Jahr wieder um mindestens 15 Prozent angehoben. Die höheren Preise werden sich auf die Umfragewerte der Regierung sicher negativ auswirken.