Präsident Selenskyj erstmals zu Besuch in Kanada

Bei seinem ersten Besuch in Nordamerika hat sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau getroffen. Gemeinsam mit der kanadischen Außenministerin Chrystia Freeland und dem ukrainischen Vizepremier Stepan Kubiw eröffnete Selenskyj in Toronto die dritte Ukraine Reform Conference, die vom 2. bis 4. Juli dauerte. Einzelheiten vom Ukraine Crisis Media Center:

Ausweitung des Handels. Während ihres Treffens einigten sich Selenskyj und Trudeau auf die Ausweitung des Freihandelsabkommens zwischen der Ukraine und Kanada. Sie sprachen auch über die Unterstützung demokratischer Reformen in der Ukraine, die für eine euroatlantische Integration des Landes notwendig sind.

Waffenexport in die Ukraine. Selenskyj und Trudeau sprachen zudem über die Sicherheitslage in der Region angesichts des Krieges im Donbass sowie über den Export kanadischer Waffen in die Ukraine. Die Lieferungen waren möglich geworden, nachdem das kanadische Außenministerium im Dezember 2017 Beschränkungen für kanadische Unternehmen aufgehoben hatte.

Selenskyj: Justizreform und Korruptionsbekämpfung. In seiner Rede auf der Konferenz sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, die Ukraine wolle die Welt positiv überraschen.

Sie müsse die Justiz reformieren und die Korruption bekämpfen. Darüber hinaus erinnerte Selensky an das Projekt “Staat im Smartphone”, das E-Governance und einen digitalen Wandel im öffentlichen Sektor vorsieht. Die bisherige Beamtenmentalität solle durch künstliche Intelligenz ersetzt werden.

Selenskyj sagte ferner: “Monopole müssen überwunden und feindliche Übernahmen sowie Schmuggel bekämpft werden. Eigentum muss geschützt, die Kreditwürdigkeit des Landes verbessert und Investitionen in großem Umfang angezogen werden. All dies muss getan werden, um den Lebensstandard der ukrainischen Bürger zu verbessern.”

Fragen seitens der Partner der Ukraine

Das erste Panel nach der Eröffnung der Reform-Konferenz wurde vom US-Sonderbeauftragten für die Ukraine, Kurt Volker, moderiert. An der Diskussion nahmen die ukrainische Finanzministerin Oksana Markarowa, der kommissarische IWF-Chef David Lipton, die schwedische Außenministerin Margot Wallström, die EU-Kommissarin für den Binnenmarkt, Industrie und Unternehmertum sowie kleine und mittlere Unternehmen, Elzbieta Bienkowska, sowie der britische Staatsminister für Commonwealth-Fragen und die Vereinten Nationen, Tariq Ahmad, teil.

Bewertung der Reformen in der Ukraine. Der britische Vertreter, der 2017 in London die erste Konferenz zu Reformen in der Ukraine ausgerichtet hatte, sagte, Veränderungen seien für die Ukraine die beste Verteidigung. Er wünschte den Ukrainern dabei etwas mehr Geduld.

“Wir in Großbritannien haben seit sehr langer Zeit Demokratie. Das braucht einige Zeit. Ich möchte sagen, dass in Ihrem Zeugnis der letzten fünf Jahren hervorragende Noten stehen”, sagte Ahmad.

Die schwedische Außenministerin Margot Wallström, betonte, dass die Ukraine nach der Revolution der Würde wirklich große Fortschritte gemacht habe. Sie fügte hinzu, dass die ukrainische Führung nicht vergessen sollte, für wen die Reformen gemacht würden.

IWF. Selenskyj erklärte in Toronto, er erwarte, dass die Zusammenarbeit mit dem IWF so bald wie möglich wieder aufgenommen werde. “Wir wollen unsere Beziehung zum IWF fortsetzen. Ich unterstreiche das. Wir werden alles tun, damit die Ukraine floriert”, so der Präsident.

Der kommissarische IWF-Chef David Lipton, sagte, damit die Ukrainer nicht auf der Suche nach einem besseren Leben ins Ausland gingen, müssten zu Hause angemessene Bedingungen geschaffen werden. “Das Geschäftsmodell für die Ukraine sollten Lieferung von Waren nach Europa sein und nicht die Lieferung von Arbeitskräften”, betonte er.

Um in der Ukraine für europäische Verhältnisse zu sorgen, werde Geld benötigt. Daher komme man um Investoren nicht umhin. Und hier müsse die Ukraine den Weg gehen, den einst Polen beschritten habe, meint Lipton.

Die meisten Diskussionsteilnehmer wiesen außerdem auf den Beitrag der Zivilgesellschaft zu den Reformen in der Ukraine hin. Erinnert wurde auch an die zunehmenden Überfälle auf Aktivisten. Eine weitere wichtige Frage, für die sich die Teilnehmer der Diskussionen während der Konferenz interessierten, ist, was die Regierung getan habe und tun werde, um die Korruption zu überwinden.

Fazit war, dass Bedrohungen für zivilgesellschaftliche Aktivisten sowie die Korruption im Lande die Umsetzung von Reformen gefährden.

Antworten der ukrainischen Minister

Wirtschaftslage. Finanzministerin Oksana Markarowa sagte, sie sei sich der Herausforderungen sehr gut bewusst, vor denen das Land “am Ende des politischen Zyklus” stehe. Ihr zufolge hat die derzeitige Regierung alles getan, um die Turbulenzen gering zu halten. So wachse die ukrainische Wirtschaft seit mehr als drei Jahren und die Inflation und andere Indikatoren seien ermutigend.

Am ersten Konferenztag nahmen an den Diskussionen der erste stellvertretende Vizepremier und Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Handel, Stepan Kubiw, die Leiterin des Gesundheitsministeriums, Ulana Suprun, und der stellvertretende Vizepremier und Minister für regionale Entwicklung, Hennadij Subko, teil. Jeder von ihnen stellte seine “eigenen” Reformen vor.

Die Minister betonten, obwohl die Ukraine jedes Jahr Milliarden von Dollar für die Verteidigung und Sicherheit ausgeben müsse, wachse die Wirtschaft des Landes. Auch werde die Dezentralisierung schnell umgesetzt. So habe die Ukraine in zwei Jahrn so viel geschafft wie Polen seinerzeit in zehn Jahren. Zudem sei die Gesundheitsreform erfolgreich gestartet.

Die Hauptbotschaft aller Reden war: Die Reformen in der Ukraine laufen. Das Land weiß, wie man sie umsetzt, aber es braucht dabei die Unterstützung seiner westlichen Partner.