Trump, NATO, EU und die Ukraine, wichtige Veranstaltungen in Mariupol sowie weitere Themen

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Der Feind hat Stellungen von Einheiten der ukrainischen Vereinten Kräfte mit Mörsern des Kalibers 120 und 82 mm beschossen, die durch die Minsker Vereinbarungen verboten sind. Er schoss auch mit Waffen von Schützenpanzern, mit Granatwerfern verschiedener Systeme, großen Maschinengewehren und anderen Kleinwaffen. Außerdem waren feindliche Scharfschützen aktiv.

Am 1. November wurde in der Nähe der Ortschaft Solote-4 in der Region Luhansk die Truppenentflechtung abgeschlossen. “Die Etappe der Entflechtung von Kräften und Ausrüstung auf beiden Seiten am Abschnitt Nr. 2 in der Nähe von Solote-4 in der Region Luhansk wurde abgeschlossen. Die Vertreter der OSZE-SMM haben unter anderem mit einer Drohne die von uns durchgeführten Maßnahmen überprüft”, teilte das Pressezentrum der ukrainischen Vereinten Kräfte mit.


Internationale Politik: Trump, NATO, die EU

Trump und ein Treffen im Weißen Haus. US-Präsident Donald Trump hat erklärt, er würde gerne den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Washington treffen. “Ich möchte, dass er ins Weiße Haus kommt, wenn er das will, aber ich glaube, dass er das möchte”, sagte der US-Präsident auf die Frage eines Journalisten, ob er Selenskyj nach Washington einladen wolle. Trump fügte hinzu: “Ich denke, er würde sehr schnell kommen. Er ist ein guter Mann. Er wurde in der Ukraine unter Bedingungen einer unglaublichen Korruption gewählt, die mich sehr beunruhigt”, sagte Trump. Im Herbst 2019 war in den USA ein politischer Skandal um ein Telefonat zwischen Trump und Selensky entbrannt. Medien berichteten unter Berufung auf einen Informanten, Trump habe angeblich Selenskyj unter Druck gesetzt, in der Ukraine Ermittlungen gegen Joe Biden und seinem Sohn Hunter einzuleiten. Biden gilt als einer der wichtigsten Kandidaten der Demokratischen Partei für die nächsten Präsidentschaftswahlen.

Ukraine und NATO.Der stellvertretende Ministerpräsident für europäische und euroatlantische Integration der Ukraine, Dmytro Kuleba, hat mitgeteilt, die Ukraine habe die NATO gebeten, sie zum NATO Enhanced Opportunity Program einzubeziehen. “Die Ukraine hat die Nordatlantische Allianz ersucht, zu einer neuen Stufe der Zusammenarbeit überzugehen und ihr den Status eines Teilnehmers am NATO Enhanced Opportunity Program zu verleihen”, sagte Kuleba bei einem Briefing in Kiew am 1. November. Er wies darauf hin, dass die Ukraine im Rahmen einer solchen Partnerschaft vorrangig zur Zertifizierung von Maßnahmen zugelassen werden könnte, die zwischen der NATO und der Ukraine stattfinden würden. Das Programm umfasst auch eine verstärkte nachrichtendienstliche Zusammenarbeit, aber auch die Möglichkeit, dass Vertreter von Partnerländern Positionen im NATO-Hauptquartier oder in NATO-Strukturen erhalten.

Die Ukraine sei bereit, sich der Mission der NATO im Irak anzuschließen, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Andrij Sahorodnjuk. “Es geht um Beratung und Training für die irakischen Streitkräfte bei der Wartung von Ausrüstung, die möglicherweise in der Sowjetzeit oder danach hergestellt wurde, die aber unsere Spezialisten kennen. Das ist eine nicht-kämpferische Mission, die sich im Hinterland abspielt”, sagte Sahorodnjuk bei einer Pressekonferenz am 1. November in Kiew. Ihm zufolge könnten bis zu ein Dutzend Ukrainer in einer solchen Mission im Irak sein. Der Minister sagte, die Verhandlungen über die Teilnahme der Ukraine an der Mission seien noch nicht abgeschlossen und in naher Zukunft werde eine Entscheidung getroffen.

Assoziierungsrat EU-Ukraine. Am 5. November findet in Brüssel die 5. Sitzung des EU-Ukraine Assiziierungsrates statt. Das werde ein wichtiger Schritt sein, der die Beziehungen zur Europäischen Union stärken werde, erklärte der stellvertretende Ministerpräsident für europäische und euroatlantische Integration der Ukraine, Dmytro Kuleba. Laut dem Pressedienst des Ministerkabinetts sollen bei dem Treffen Kontakte zwischen Vertretern der neuen ukrainischen Regierung und von EU-Institutionen, insbesondere der Europäischen Kommission, hergestellt werden. Erörtert werden sollen außerdem Ideen zur weiteren Integration, die den Dokumenten zugrunde liegen werden, die der Assoziationsrat im Dezember billigen soll. “Wir haben allen Grund zur Annahme, dass die Intensität des Dialogs zwischen der Ukraine und der EU nur zunehmen wird”, erklärte Kuleba.


Foren für Investitionen und Humanitäres in Mariupol

Am 29. und 30. Oktober fanden in Mariupol zwei Foren statt: eines für Investitionen und ein anderes für Fragen der humanitären Hilfe. Beide wurden von Präsident Wolodymyr Selenskyj initiiert, und beide befassten sich mit der Frage, was mit dem Donbass geschehen soll. Das erste Forum richtet sich an ausländische Unternehmen und Partner. Bei dem zweiten ging es darum, wie man das Leben der Menschen im Osten der Ukraine und auf der Krim verbessern könnte und womit man bei der Reintegration des Donbass beginnen sollte.

Seit Ausbruch des russisch-ukrainischen Krieges waren dies die ersten Großveranstaltung, die von der ukrainischen Regierung zu diesen Themen in nächster Nähe zur Konfliktzone organisiert wurden. Darüber hinaus fand in Mariupol eine Sitzung des Ministerkabinetts statt. Der ukrainische Sender “Hromadske” berichtete ausführlich über die Veranstaltungen. Hier eine Zusammenfassung:

Investitionsforum: RE: THINK. Invest in Ukraine

Fast das gesamte Ministerkabinett und über 20 offizielle ausländische Delegationen kamen zu dem Forum, darunter der Leiter der Generaldirektion für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen sowie die Leiter der EBWE und der Weltbank. Eigens für die Veranstaltungen wurde eine 230 Kilometer lange neue Straße von Saporischschja gebaut. In Mariupol gab es nicht einmal einen angemessenen Ort für die Veranstaltungen. Deshalb wurde auf dem zentralen Platz der Stadt vor dem Theater ein Zelt aufgebaut.

Internet-Zugang.In Mariupol unterzeichneten Vertreter von vier ukrainischen Mobilfunkbetreibern ein Memorandum, wonach das gesamte Land Zugang zum Internet erhalten soll. Mychajlo Fedorow, stellvertretender Ministerpräsident für digitale Transformation, sagte, es werde anderthalb bis zwei Jahre dauern, bis das Land komplett abgedeckt sein werde.

Privatisierung staatlicher Unternehmen.Wirtschaftsminister Tymofij Milowanow legte eine Liste staatlicher Unternehmen vor, die privatisiert werden sollen. Die Weltbank unterstützt die Einrichtung eines Internationalen Fonds zur Unterstützung der Partnerschaft beim Wiederaufbau und der Reintegration des Donbass. Eines der ersten ist ein Projekt zur Verbesserung des Trinkwassers in Mariupol.

Memorandum mit der EBWE.Premier Oleksij Hontscharuk und Vertreter der Regierung unterzeichneten mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung ein Memorandum über eine Milliarde Euro. Darin sind Mittel zum Bau von regionalen Straßen vorgesehen. Die erste Tranche über 300 Millionen Dollar ist für Straßen in der Region Cherson vorgesehen. Außerdem ist ein Börsengang der Eisenbahn “Ukrzaliznytsia”, eines der größten ukrainischen staatlichen Unternehmen, geplant.

Die PrivatBank.Vertreter des IWF, mit denen die Ukraine derzeit über eine neue Tranche verhandelt, waren in Mariupol nicht zugegen. Premier Hontscharuk erwartet, dass eine IWF-Mission in wenigen Wochen in der Ukraine eintreffen wird, und dass bis Ende des Jahres ein Programm gebilligt wird. Laut dem britischen Finanzexperten Timothy Ash ist die PrivatBank sowohl für den IWF als auch für Investoren ein zentrales Thema. EBWE-Vizepräsident Alain Pilloux sagte, das Problem sei nicht einmal, dass eine Privatisierung der PrivatBank beginnen könnte, im Prinzip gebe es dafür keinen Grund. Die Frage sei, warum die Regierung immer noch keine Entschädigung von Ihor Kolomojskyj für die aus der Bank abgezogenen 5,5 Milliarden fordere. Die Privatbank ist die größte Bank der Ukraine. Sie wurde im Dezember 2016 verstaatlicht, um das ukrainische Finanzsystem nicht zu gefährden. Bis zur Verstaatlichung gehörte die Bank zur Privat-Gruppe des Oligarchen Kolomojskyj.

Humanitäres Forum der Einheit: Selenskyjs Reintegrations-Plan und Senzows Rede

Am 30. Oktober, einen Tag nach dem Investitionsforum, fand in Mariupol ein weiteres Forum statt. Es war deutlich kleiner. Dessen Teilnehmer versammelten sich im neu errichtete Bürgerbüro, dem zweiten in der Stadt. Schwerpunkt des Forums waren humanitäre Probleme der vom Krieg betroffenen Ukrainer.

In einer Rede in Mariupol ging Präsident Wolodymyr Selenskyj auf die Notwendigkeit ein, ein Konzept für eine Übergangsjustiz zu entwickeln. Hierbei handelt es sich um eine Reihe von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften in Bezug auf die Verantwortung für den Konflikt, auf den Schadensersatz und weitere Themen – vom Austausch von Gefangenen bis hin zu den Dokumenten, die in den besetzten Gebieten im Umlauf sind und in keiner Weise mit der ukrainischen Gesetzgebung übereinstimmen. Eigentlich erläuterte Selenskyj seinen Plan zur Reintegration.

  • Ende der “heißen Phase” (es gibt keine militärische Lösung; der Sanktionsdruck auf Russland muss fortgesetzt werden, bis es die internationalen Vereinbarungen erfüllt);
  • Versöhnung der Menschen, um “Wunden zu heilen” (unter maximaler Beteiligung der Öffentlichkeit, weil “niemand im Land solche Erfahrungen gemacht hat und daher nicht sagen kann: nur meine Meinung ist richtig”);
  • Der Staat muss für eine sichere Reintegration sorgen.

Der Schlüssel besteht darin, sich auf eine gemeinsame Vision des Friedens zu einigen, die auf den Werten “Freiheit, Demokratie, Zivilgesellschaft und Rechtsstaatlichkeit, würdiges Leben, Güte, Toleranz, Integrität sowie auf der Achtung des Gesetzes, des Privateigentums und des anderen” beruht.

Senzows Rede. Nach den Plänen der Organisatoren des Forums, des Büros zur Entwicklung einer humanitären Politik der Ukraine, sollten Reden von Meinungsführern, die die Ukraine einen, den Höhepunkt der Veranstaltung darstellen.

Eine kurze Rede hielt der ehemalige politische Gefangene des Kremls und ukrainische Filmregisseur Oleh Senzow. Er betonte, neben der russischen Führung und der Korruption in der Ukraine gebe es noch ein Problem “in uns selbst”. Er sprach über den Maidan im Jahr 2013/2014. “Ich erinnere mich noch gut, wie es damals war, im Winter. Wir gingen höflich, korrekt, offen und ehrlich miteinander um. Das half mir die gesamten fünf Jahre. Ich wusste, warum ich auf der Krim alles riskiert habe und warum ich gesessen habe. Als ich zurückkam, sah ich zu meinem großen Bedauern, dass wir all dies verloren haben … Die Revolution der Würde hat sich in eine Gegenrevolution des Hasses verwandelt. Wir gehen sehr aggressiv miteinander um, sind fragmentiert und intolerant.”