Putin-Pressekonferenz: Was Russlands Präsident über die Ukraine gesagt hat

Am 19. Dezember hat der russische Präsident Wladimir Putin zum Jahresabschluss eine große Pressekonferenz abgehalten. Die Ukraine war eines der wichtigsten Themen. Was hat Putin über den Krieg im Donbass und über die vom Kreml gesteuerten Anführer der “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” gesagt? Wann wird die Grenze zu Russland im Osten der Ukraine geschlossen? Wird Gazprom seine Schulden in Höhe von drei Milliarden Dollar gegenüber Naftogaz zahlen? Einzelheiten vom Ukraine Crisis Media Center:

Die ukrainischen Gebiete am Schwarzen Meer und im Osten “ursprünglich russisch”

Putins skandalöseste Äußerung war die, wonach alle Gebiete der Ukraine am Schwarzen Meer und im Osten des Landes “ursprünglich russische Gebiete” gewesen sein sollen und nun müsse sich die Russische Föderation damit auseinandersetzen.

“Was hatte Wladimir Iljitsch Lenin vorgeschlagen? Er schlug keine Föderation, sondern eine Konföderation vor. Er beschloss, dass ethnische Gruppen an bestimmte Gebieten gebunden werden und das Recht erhalten, aus der Sowjetunion auszutreten. Aber die Gebiete waren so zugeschnitten, dass sie nicht immer den traditionellen Lebensräumen bestimmter Völker entsprachen, so dass sofort Schmerzpunkte entstanden. Sie gibt es noch immer zwischen den ehemaligen Republiken. Es gibt sogar innerhalb der Russischen Föderation 2000 solcher Punkte. Stalin war gegen einen solchen Aufbau, akzeptierte aber letztlich Lenins Form. Und was ist passiert? Wir haben gerade hier mit einem Kollegen aus der Ukraine über unsere Beziehung gesprochen. Aber im Zuge der Schaffung der Sowjetunion wurden ursprünglich russische Gebiete, die überhaupt nichts mit der Ukraine zu tun hatten, alle Gebiete am Schwarzen Meer und westrussische Gebiete an die Ukraine übergeben, mit der seltsamen Formulierung, ‘um den Prozentsatz des Proletariats in der Ukraine zu erhöhen’, weil die Ukraine ländliches Gebiet war. Dies ist eine etwas seltsame Entscheidung, die aber durchgesetzt wurde. Das alles ist das Erbe des Staatsaufbaus von Wladimir Iljitsch Lenin, und jetzt müssen wir uns damit auseinandersetzen.”

Über die Minsker Vereinbarungen: “Eine Revision würde in die Sackgasse führen”

Putin sprach auch über die Minsker Vereinbarungen, die auf dem Pariser Gipfel im Normandie-Format erörtert wurden. Dabei kritisierte er den ukrainischen Präsidenten. “Wolodymyr Selenskyjs Aussage nach den Pariser Gesprächen, wonach jene Vereinbarungen revidiert werden könnten, ist sehr alarmierend. Eine Revision dessen, was in Minsk vereinbart wurde, wird die ganze Situation in eine Sackgasse führen”, sagte Putin und fügte hinzu, der frühere ukrainische Präsident Petro Poroschenko, der die Ukraine in Minsk vertrat, habe darauf bestanden, dass das Dokument von den Anführern der beiden nicht anerkannten Republiken im Donbass unterzeichnet wird. Alle drei, Petro Poroschenko, der damalige französische Präsident Francois Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hätten Putin damals “an der Kehle gepackt”. Die Vertreter der nicht anerkannten Republiken hätten sich aber geweigert, zu unterschreiben. “Ich enthülle hier sozusagen ein Geheimnis unserer Verhandlungen in Minsk. Trotzdem haben wir sie dann überzeugt und sie haben ihre Unterschriften dort geleistet. Damit hat die Ukraine selbst anerkannt, dass es die Machthaber gibt”, sagte Putin.

Über das Sonderstatus-Gesetz für den Donbass: “In der Verfassung verankern”

Dem russischen Präsidenten zufolge ist das”Gesetz über die lokale Selbstverwaltung in einigen Teilen der Gebiete Donezk und Luhansk”ein zentraler Punkt der Minsker Vereinbarungen. “Es ist ein positives Signal, dass es um ein weiteres Jahr verlängert wurde, aber es muss in der Verfassung verankert werden und einen ständigen Status erhalten. Aber anscheinend will wie schon die frühere ukrainische Führung auch die jetzige dies nicht tun. Erforderlich ist ein direkter Dialog mit dem Donbass. Vorerst sind Änderungen der Verfassung bezüglich der Dezentralisierung angekündigt. Aber soll das statt der Minsker Vereinbarungen sein? Wenn das den Donbass betrifft, dann muss das mit diesen Regionen abgestimmt werden. Aber es wird nichts abgestimmt”, so Putin.

Über ausländische Truppen im Donbass: “Sympathisierende Staaten liefern Waffen”

“Dort gibt es keine ausländischen Truppen. Es gibt eine örtliche Polizei und örtliche Selbstverteidigungskräfte, die sich aus Einheimischen zusammensetzen. Und woher haben sie ihre Waffen? In vielen Teilen der Welt gibt es verschiedene Arten von Kämpfen mit Panzern und Artillerie. Woher bekommen sie diese Waffen? Von Regierungen und Staaten, die ihnen sympathisieren. Aber das sind dann ihre Waffen”, sagte Putin.

Über die Schließung der russisch-ukrainischen Grenze im Donbass: “Erst nach Wahlen”

Die Schließung der Grenze soll Putin zufolge am nächsten Tag nach Kommunalwahlen in den heute besetzten Gebieten des Donbass erfolgen. “Erst nach einer umfassenden politischen Einigung, die Änderungen der Verfassung der Ukraine vorsieht, wenn die Republiken die Rechte bekommen, die in den Minsker Abkommen festgelegt sind, wird das einen Abschluss finden”, betonte der russische Staatschef.

Über ein weiteres Treffen im Normandie-Format: “Positive Veränderungen nötig”

Wladimir Putin sagte auf der Pressekonferenz: “Was ein nächstes Treffen, angenommen im April, angeht, wird das dann relevant, wenn es positive Veränderungen gibt. Es gibt sie, das muss man objektiv sagen. Erstens wurde das Gesetz über den Sonderstatus verlängert und die Grundlage für eine Beilegung ist nicht verschwunden. Zweitens wurde ein Truppenrückzug an mehreren wichtigen Punkten durchgeführt, aber unsere ukrainischen Partner wollen keine Truppenentflechtung an der gesamten Kontaktlinie. Meiner Meinung nach ist das ein Fehler, aber das ist deren Position. Der Beschuss hat abgenommen, was auch eine positive Sache ist, aber leider dauert er immer noch an. Aber es gibt auch alarmierende Dinge. Dies ist alles Gegenstand der Gespräche. In diesem Sinne ist es zweckmäßig, die Arbeit im Normandie-Format fortzusetzen.”

Über das Stockholmer Urteil und die Schulden von Gazprom gegenüber Naftogaz

“Es gibt diese Entscheidung, das ist wahr, und wir müssen davon ausgehen. Ich bin überzeugt, dass dieses Urteil des Stockholmer Schiedsgerichts nicht juristischer, nicht rechtlicher, sondern eher politischer Natur ist. Eine der Begründungen dafür war ‘die schwierige Wirtschaftslage in der Ukraine'”, so Putin.

Über den künftigen Transit russischen Erdgases durch die Ukraine

“Wir werden nach einer für alle akzeptablen Lösung suchen, einschließlich der Ukraine. Trotz des Baus neuer Objekte wie Nord Stream 1, Nord Stream 2 und Turkish Stream werden wir den Transit durch die Ukraine aufrechterhalten. Die Frage ist nur der Umfang des Transits und die Laufzeiten, die durch einen Vertrag geregelt werden können. Wir wollen keinen Vertrag für einen bestimmten Zeitraum abschließen, um dann den Transit zu beenden. Nein, wir sind selbst daran interessiert, wir möchten das, denn das ist eine bequeme Route”, erläuterte Putin.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Ukraine und Russland am 19. Dezember in Berlin in Gesprächen, die über sieben Stunden dauerten, eine grundsätzliche Einigung über einen neuen Vertrag für den Transit von russischem Erdgas durch die Ukraine erzielt haben. Das teilte der Vertreter der Europäischen Kommission bei den Gesprächen, Maroš Šefčovič, während eines Briefings in Berlin mit. Einzelheiten des Abkommens wurden nicht genannt, da sich die Verhandlungspartner mit den Regierungen in Kiew und Moskau noch beraten wollen.

Nach den Verhandlungen wurden auch keine Bestimmungen des neuen Transit-Abkommens bekannt gegeben: weder die Vertragslaufzeit noch der Umfang des Transits. Auch wurde kein Tarif für den Gastransit genannt. Dies sind wichtige Punkte, von denen insbesondere die Einnahmen der Ukraine sowie die stabile Versorgung Europas mit russischem Gas in den kommenden Jahren abhängen.