Kiew, 1. Dezember 2014. Der Präsident des Instituts für Wirtschaftsanalysen und hauptwissenschaftlicher Mitarbeiter des Cato-Institute, Andrej Illarionow, erklärte bei einem Pressebriefing im Ukrainischen Crisis Media Center, dass ein Grund für die schlechte Wirtschaftssituation in der Ukraine das hohe Niveau der Staatsausgaben ist. Wenn die Staatsführung keine entsprechenden Maßnahmen unternimmt, ist ein Staatsbankrott des Landes unvermeidbar.
Die Wirtschaftssituation in der Ukraine ist derzeit nicht sehr günstig und leider verschlechtert sie sich ständig. Im vergangenen Monat verringerten sich die Devisenreserven um fast 4 Mrd. Dollar, wodurch der aktuelle Stand unter 12 Mrd. Dollar liegt. Andrej Illarionow nennt drei „wenn“ für einen ukrainischen Default: Wenn die derzeitige Wirtschaftspolitik fortgesetzt wird, wenn das Tempo des Reserverückgangs wie im vergangenen Monat anhält, und wenn die ukrainische Staatsführung keine Sofortmaßnahmen zur Vermeidung der sich entwickelnden Krise unternimmt, wird ein Staatsbankrott der Ukraine unvermeidbar.
Was muss zur Vermeidung eines Defaults unternommen werden? Ein wesentlicher Grund für das wirtschaftliche Chaos ist die unangemessene Höhe des Haushaltsdefizits. Das Defizit des Staatshaushalts beträgt derzeit zirka 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Wenn man außerbudgetmäßige Subventionen berücksichtigt, sind es sogar 15 Prozent des BIP. Diese Höhe des Budgetdefizits führt dazu, dass monatlich 2 bis 3 Mrd. Dollar zur Finanzierung des Budgetdefizits von den Devisenreserven genommen werden. Dieses Problem muss unbedingt in den nächsten Wochen gelöst werden.
Die Staatsführung muss alle Anstrengungen auf die Lösung der vordringlichsten Probleme richten, aber es muss auch eine Lösung eines längerfristigeren Problems werden – die Kürzung des Staatsausgaben. Laut den letzten Daten des Internationalen Währungsfonds beträgt der Anteil der Staatsausgaben am BIP der Ukraine 53 Prozent. Im postsowjetischen Raum gibt es kein Land mit einem so hohen Ausgabenniveau.
Für eine erfolgreiche Entwicklung und den Beginn eines schnellen Wirtschaftswachstums müssen die Staatsausgaben auf 20 Prozent des BIP verringert werden, was heißt, dass zwei Drittel der heutigen Staatsausgaben nicht mehr vom Staat bezahlt werden.
„In der Ukraine gibt es enorme Staatsausgaben, die nicht dem Niveau der Wirtschaftsentwicklung des Landes entsprechen. Sie würgen jedes Wirtschaftswachstum und die Wirtschaft insgesamt ab,“ sagte Andrej Illarionow. Einer der Posten bei den Staatsausgaben sind die extremen Energiesubventionen, die fast 10 Prozent des BIP ausmachen und zu übermäßigen Ausgaben für Energievorräte führen. Werden diese reduziert, gekoppelt mit einer vernünftigen Politik zur Gewinnung von Energievorräten auf dem Gebiet der Ukraine und einem geringen Import, kann der Bedarf gedeckt werden. Aber dafür müssen die Energiesubventionen abgeschafft werden.
Ein weiterer Posten bei den Staatsausgaben sind die Staatseinkäufe, die keine Beziehung zu den dringenden Bedürfnissen des Staates haben, die man aber, wie der georgische Ökonom Kacha Bendukidse früher sagte, um 4 Prozent des BIP verringern kann. Ein weiterer Posten der hohen Staatsausgaben sind die Sozialleistungen auf einem Niveau von 17 Prozent, was es sogar in Ländern mit einem höheren BIP nicht gibt. Der russische Ökonom A. Illarionow ist davon überzeugt, dass die Ukraine alle staatlichen Verpflichtung erneut prüfen muss.
Laut aktuellen Untersuchungen des Instituts für Wirtschaftsanalysen liegt der optimale Rahmen der Staatsausgaben für Länder wie Russland und die Ukraine zwischen 15 und 19 Prozent des BIP. Bei der bestmöglichen Annäherung an dieses Niveau wird der Wirtschaftsabschwung der Ukraine aufhören und ein Wirtschaftswachstum beginnen. Aber wenn das Rückgangstempo für die Devisenreserven auf dem Niveau des vergangenen Monats bleibt, werden die Devisenreserven der Ukraine innerhalb von drei Monaten aufgebraucht sein.