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Start der elektronischen Einkommenserklärung für Beamte gescheitert

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Nach langer Entwicklung ist das System der elektronischen Einkommenserklärung für Beamte nur unvollständig an den Start gegangen. Mit ihm sollen eigentlich die Einkünfte der Staatsdiener offengelegt werden. Beobachter sprechen von Sabotage.

Kiew, 15. August 2016 – Am 15. August hat die Leiterin der ukrainischen “Nationalen Agentur für die Prävention von Korruption”, Natalija Kortschak, mitgeteilt, dass genau um Mitternacht das System zur elektronischen Einkommenserklärung für Beamte seine Arbeit aufgenommen hat. Doch das Meldesystem wurde ohne die gesetzlich vorgeschriebene Zertifizierung gestartet, die vom ukrainischen “Staatlichen Dienst für besondere Kommunikation und Datenschutz” hätte vorgenommen werden müssen. Seitens des Dienstes hieß es kurz vor dem Start, es gebe Probleme mit der Software für die elektronische Einkommenserklärung, weswegen keine Zertifizierung erteilt werden könne.

Ohne eine behördliche Zertifizierung des Systems der elektronischen Einkommenserklärung gab es nur zwei Möglichkeiten: entweder eine Verschiebung bis zu einem vollständigen Start, was aber Zusagen der Ukraine gegenüber westlichen Partnern verletzen würde, oder ein Start des Meldesystems in einem Testmodus. Die zweite Option birgt große Gefahren, da das System in einem Testbetrieb keine Rechtskraft besitzt. Beobachter weisen darauf hin, dass der Start des Meldesystems ohne Zertifizierung Beamten ermöglichen wird, sich einer strafrechtlichen Verantwortung zu entziehen, sollten sie zu ihren Einkommen falsche Angaben machen. Wenn also ein Beamter mit nicht angegebenen Vermögenswerten “auf frischer Tat ertappt” würde, könnte dieser nicht belangt werden.

Visafreiheit und Finanzhilfen in Gefahr

Witalij Schabunin, Leiter der NGO “Zentrum zur Bekämpfung von Korruption”, sagte auf einer Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center (UCMC), dass nun die Korruptionsbekämpfung gefährdet sei. “Es wird die Möglichkeit geschaffen, jegliche durch Korruption, Drogenhandel, Schmuggel und auf anderen Wegen illegal erworbenen Vermögenswerte zu legalisieren. Angaben in einer nicht zertifizierten Datenbank können nicht als Beweis dienen. Man kann nicht einmal theoretisch strafrechtliche Untersuchungen durchführen. Jetzt wird man viel Geld legalisieren, von dem dann die Beamten leben werden. Im nächsten Sommer werden wir uns in der “Grauzone” der Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen (gegen Geldwäsche) FATF wiederfinden. Man muss ein Verrückte sein, um jetzt noch mit Investitionen zu rechnen”, sagte Schabunin.

Doch mit dem Meldesystem sollte nicht nur Korruption bekämpft werden. Es war auch die letzte Hürde für die Ukraine zur Visafreiheit mit der EU und zur Gewährung von Finanzhilfen der EU in Höhe von 1,2 Milliarden Euro sowie des IWF in Höhe von drei Milliarden US-Dollar. “Der Todesstoß für die elektronische Einkommenserklärung ist auch ein Todesstoß für die Visafreiheit und die westliche Finanzhilfe. Ohne dieses Geld wird die Hrywnja im Herbst abstürzen”, unterstrich Schabunin.

Zusagen werden nicht eingehalten

Jaroslaw Jurtschyschyn, Leiter von Transparency International Ukraine, erinnerte im UCMC daran, dass nach einem Aufruf seiner Organisation der ukrainische Präsident Petro Poroschenko der internationalen Gemeinschaft versprochen habe, dass das System zur elektronischen Einkommenserklärung ab dem 15. August vollständig funktionieren werde. “Ich weiß nicht, ob sich der Präsident schämt, aber ich finde es sehr peinlich. Heute muss ich Transparency International darüber informieren, dass unser Präsident sein Wort nicht hält. Die europäischen Partner haben das elektronische Meldesystem an die Visafreiheit gebunden und im Memorandum des IWF ist es klar festgeschrieben. Das ukrainische Volk wird ständig belogen, aber mit der internationalen Gemeinschaft wird das so nicht funktionieren”, sagte Jurtschyschyn.

Ihm zufolge ist im ukrainischen Etat für diese Reform kein Geld zugeteilt worden. Die Finanzierung hätten das United Nations Development Programme (UNDP) und die Weltbank übernommen. Ihnen werde jetzt vorgeworfen, Druck auszuüben. Ein weiterer “Sündenbock” sei die private Firma “Miranda”. Dabei habe sie sich bereit erklärt, täglich rund um die Uhr an der Software zu arbeiten. Jetzt verlange man vor ihr, “Fehler” zu korrigieren, aber welche, sage man nicht, so Jurtschyschyn.

Kritik an Präsident Poroschenko

“Die elektronische Einkommenserklärung ist ein Lackmustest, der zeigt, dass die Staatsmacht gar nicht die Absicht hat, die Korruption zu bekämpfen”, sagte Oleksandra Drik, Leiterin des “Gesellschaftlichen Lustrations-Komitee”, das dem NGO-Bündnis “Einkommenserklärungen unter Kontrolle” angehört. “Dass die Gesetze des Landes und die Zusagen an die EU und den IWF nicht eingehalten werden, zeigt, dass die ukrainische Regierung sich nicht an Gesetze halten will. Das ist auch eine Provokation gegen die ukrainischen Öffentlichkeit”, so Drik.

Der Parlamentsabgeordnete Serhij Leschtschenko sagte im UCMC, dass für das Scheitern der elektronischen Einkommenserklärung der Präsident unmittelbar die Verantwortung trage. Ihm stimmte der Abgeordnete Mustafa Najem zu. Poroschenko hätte Premier Wolodymyr Hrojsman, den Leiter des “Staatlichen Dienstes für besondere Kommunikation und Datenschutz”, Oleksandr Turtschynow, der auch Chef des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates ist, sowie alle Verantwortlichen zu sich rufen können. Er hätte sie alle, so Najem, dazu drängen können, ihrer Aufgabe nachzukommen. “Stattdessen betreibt der Präsident mit Auftritten im Fernsehen Augenwischerei. Wenn er dort sagt, dass man die elektronische Einkommenserklärung einführen muss, und dann irgendein kleiner Beamte “Nein” sagt, ist allen klar, dass dies Unsinn ist”, so Najem.