Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 30. August bis 5. September 2016

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

Die Waffenruhe wurde im Gebiet der Kampfhandlungen meist eingehalten. Es wurden einige Provokationen seitens der prorussischen Militärverbände festgestellt. Das teilte das ATO-Pressezentrum mit.

Gestern wurden die ukrainischen Checkpoints im Frontabschnitt Donezk bei Werchnjotorezke mit schweren Maschinengewehren und Schützenwaffen beschossen. Die ukrainischen Streitkräfte wurden bei Awdijiwka, Jasynuwata mit Granatwerfern, Schützenwaffen und Mörsern mit einem Kaliber von 82 Millimetern beschossen. Die Checkpoints bei Wodjane, Pawlopil, Talakiwka, Marijinka wurden mit Schützenwaffen beschossen. In Frontabschnitt Mariupol setzten die prorussischen Militärverbände Granatwerfer, Schützenwaffen und Kampffahrzeuge ein.

In der vergangenen Woche wurden die ukrainischen Streitkräfte 249 Mal von den prorussischen Militärverbänden beschossen. Infolge der Kampfhandlungen und des Beschusses wurden zwei ukrainische Soldaten getötet und 20 weitere verletzt (vier Soldaten der ukrainischen Streitkräfte und ein Grenzsoldat wurden wegen der Explosion einer Granate im Krankenwagen verletzt).

“Waffenruhe”: Politische Stellungnahmen. Das US-State Department hat die Waffenruhe im Donbass begrüßt und darauf hingewiesen, dass die Minsker Vereinbarungen weiter umgesetzt werden sollen. “Die USA begrüßen die Waffenruhe, die seit Beginn des neuen Schuljahrs von der Ukraine und Russland umgesetzt und von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa bestätigt wird“, hieß es in der Erklärung des Sprechers des US-State Department, John Kirby.

Auch Berlin hofft, dass die Minsker Vereinbarungen nach der Waffenruhe weiterhin umgesetzt werden. Das teilte Außenamtssprecher Martin Schäfer mit.

“Wir stellen fest, dass die Waffenruhe in der Ostukraine seit dem 1. September hält. Dies kann zur Grundlage für eine langfristige Regelung des Konflikts werden. Wir fordern weiterhin eine vollständige Umsetzung der Minsker Vereinbarungen“, erklärte die Hohe Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini.

Die ukrainische Seite ist weniger optimistisch. Das russische Kommando in den vorübergehend besetzten Gebieten in der Ostukraine nutze die “Waffenruhe” aus, um auf dem Gelände besetzter ukrainischer Industrieunternehmen militärische Infrastruktur aufzubauen. Außerdem seien weitere Gebiete von den russischen Invasionskräften geheim vermint worden, auch mit Antipersonenminen, was gemäß internationalen Konventionen verboten sei. Das teilte die Hauptverwaltung des Verteidigungsministeriums der Ukraine mit.

Der Chef des Generalstabs der ukrainischen Streitkräfte, Wiktor Muschenko, teilte mit, Russland bereite vor, die Anzahl der Militärs im Donbass zu erhöhen. Russland schicke mehr Soldaten über die Grenze in den Donbass und auf die Krim. Russland plane, ein drittes Armeekorps in den vorübergehend besetzten Gebieten Donezk und Luhansk zu schaffen, das aus russischen Berufssoldaten bestehen werde.

Die Medien in den vorübergehend besetzten Gebieten. In den vorübergehend besetzten Gebieten werden die analogen Frequenzen der ukrainischen TV-Sender “1+1” und “Nowyj Kanal” (Neuer Kanal) gestört. Dies teilte die Hauptverwaltung der Militäraufklärung des Verteidigungsministeriums mit. Die Frequenzen werden mit speziellen Geräten gestört, die ausschließlich von russischen Fachkräften bedient werden. Anstatt der ukrainischen Sender werden russische ausgestrahlt, die sogenannte “alternative Informationen” verbreiten. Sie werden von den Offizieren der Abteilung für Desinformation und Gegenpropaganda des Zentrums für Informationsbekämpfung (Nowotscherkassk, Russland) des Südlichen Militärkreises der russischen Streitkräfte zusammengestellt.

Weiterhin internationaler Handel auf der annektierten Krim

Die Weinkellerei Massandra auf der Krim, die Russland infolge der Annexion der Halbinsel an sich gerissen hat, wird laut einem Vertrag im Wert von über 50 Millionen Rubel, der im Rahmen des “Eastern Economic Forum” geschlossen wurde, Wein nach Kasachstan liefern. Das teilte die Direktorin der Weinkellerei, Janina Pavlenko, mit. Darüber hinaus wurden Weinlieferungen nach China vereinbart, sagte sie. Auch wolle das Unternehmen weitere Märkte im Fernen Osten erschließen. Bekanntlich unterliegen die Unternehmen auf der Krim internationalen Sanktionen.

Brandstiftung beim TV-Sender Inter: Angriff auf die Meinungsfreiheit?

In Kiew brannte das Gebäude des Fernsehkanals “Inter”. Vor dem dreistöckigen Gebäude standen unbekannte Menschen mit Transparenten. Auf ihnen stand “Inter ist ein Agent des Kremls”. Die Demonstranten warfen dem Sender vor, pro-russische Positionen zu vertreten. Im Gebäude selbst kam es aus bisher unbekannten Gründen zur Rauchentwicklung.

Der Leiter der Hauptverwaltung der Kiewer Polizei, Andrij Kryschtschenko, erklärte, Augenzeugen zufolge wurde in das Gebäude eine Rauchbombe geworfen. “Die Polizei nahm sechs Personen am Tatort fest. Es wird geprüft, ob sie an dem Vorfall beteiligt waren”, sagte Kryschtschenko. Wie der Sender mitteilte, wurde durch das Feuer ein TV-Studio zerstört. Inter spricht von einem bewaffneten Angriff. Tote gab es keine.

Oleksandr Pylypez, Direktor der Produktionsfirma “Nationale Informations-Systeme”, die zur Inter Media Group gehört, teilte mit, der Sender habe wiederholt Drohungen erhalten, doch die Behörden hätten nichts unternommen. Inter fordert nun, den Vorfall schnell aufzuklären.

Den Vorall haben bereits mehrere Abgeordnete verurteilt, darunter Mustafa Najem und Wolodymyr Arjew, aber auch der Vize-Premierminister Wjatscheslaw Kyrylenko, der Direktor für Politik und Kommunikation beim ukrainischen Außenamt, Oleksij Makejew, sowie die erste stellvertretende Parlamentsvorsitzende Iryna Heraschtschenko. Die Gewalt hat in der ukrainischen Öffentlichkeit die Debatte über die Pressefreiheit verstärkt.

Umfrage

Nach Angaben von Expat Insider hat die Ukraine im Jahr 2016 den 15. Platz in der Kategorie “Gastfreundschaft”, dem 19. Platz in der Kategorie “Gutwilligkeit” und den 5. Platz in der Kategorie “Freunde finden” belegt. Diese Zahlen hat InterNations vorgelegt, eine der größten internationalen Vereinigungen für Menschen, die im Ausland leben und arbeiten.

Insgesamt wurden mehr als 14.000 Personen aus 191 Ländern befragt. Die Ukraine kommt insgesamt auf Platz 34, was die “Lebensqualität “, das “Familienleben “, “Sex und Beziehungen”, “persönliches Vermögen” und anderes angeht.

Die Ergebnisse der Umfrage von der Gruppe „Raiting“, zur Frage, was wenn in nächster Zeit Präsidentschaftswahlen in der Ukraine durchgeführt würden, ergaben, dass die Führerin von Partei „Batkiwschtschina“, Julia Timoschenko, 17,7 Prozent der Stimmen erhalten würde; der Fraktionschef des Oppositionsblocks“, Juri Bojko, 11,5 Prozent; der amtierende Präsident, Petro Poroschenko, 10,7 Prozent; und der Chef der „Radikalen Partei“, Oleg Ljaschko, 9,8 Prozent. Für Nadeschda Sawtschenko würden 5,6 Prozent der Wähler stimmen; und für den Chef von „Swoboda“, Oleh Tjagnibok, 4,3 Prozent. Dmitrij Jarosch würde jeweils über 2 Prozent erhalten.

Gegenüber Dezember 2015 verringerte sich das Ranking des amtierenden Präsidenten, Petro Poroschenko, um fast die Hälfte (von 23 auf 11 Prozent), wobei das Unterstützungsniveau für Julia Timoschenko von 13 auf 18 Prozent stieg.

Start der elektronischen Einkommenserklärung für Beamte: Zweiter Versuch

Die Nationale Agentur für Korruptionsprävention hat das Meldesystem der elektronischen Einkommens- und Vermögenserklärung (“E-Declaration”) am 1. September in Betrieb genommen. Mit Stand 1. September wurden bereits 260 Schlüssel (Zugangscodes) aktiviert, womit bereits 260 Deklarationen von Beamten eingereicht hätten werden können. Dafür haben sie nun 60 Tage Zeit. Dies teilte die Leiterin der Agentur, Natalja Kortscha, mit.

Aktivisten haben inzwischen erneute Probleme beim Betrieb des Meldesystems festgestellt. So enthielt es am 3. September keine einzige Erklärung. Beobachtern zufolge hätte das System zumindest die Erklärungen anzeigen müssen, die vom 15. bis 22. August während des Testbetriebs eingegeben wurden. Auch gebe es Probleme bei der Eingabe von Daten. Das System akzeptiere nicht alle elektronischen Schlüssel. Am 4. September erschienen schließlich erste Einkommenserklärungen, doch funktionierte in dem Portal nicht die Suche nach Einkommenserklärungen.

Mit dem Meldesystem soll die ukrainische Öffentlichkeit das Vermögen von Staatsbediensteten besser kontrollieren können. Es ist auch eine der Bedingungen zur Gewährung einer visafreien Einreise für ukrainische Staatsbürger in die EU sowie für weitere Finanzhilfen des IWF.

Wirtschaft: Bedingungen für EU- und IWF-Kredite

Die EU nannte neue Bedingungen für eine neue Tranche in Höhe von 600 Millionen Euro an die Ukraine. Die Europäische Union fordert von der Werchowna Rada, einen Gesetzentwurf zu beschließen, der die Unabhängigkeit des Marktreglers für Strom verstärkt („Über die Nationalkommission, die die staatliche Regulierung im Bereich von Strom und der Kommunaldienstleistungen umsetzt“). Außerdem soll die Werchowna Rada einen Gesetzentwurf für den Strommarkt beschließen. Davon wird abhängen, ob die Ukraine eine neue Tranche makrofinanzieller Hilfe in Höhe von 600 Millionen Euro erhält, teilte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič, am Freitag mit.

Kredit vom IWF. Die Sitzung des Direktorenrats beim Internationalen Währungsfond in Bezug auf die zweite Revision des Programms über die Zusammenarbeit mit der Ukraine kann in der zweiten Septemberhälfte stattfinden. Dies teilte der offizielle Vertreter des Fonds, Gerry Rice, mit. Laut seinen Aussagen werden derzeit noch mehrere technische Fragen geklärt. Wie früher mitgeteilt wurde, genehmigte der IWF im März 2015 das Programm zur Zusammenarbeit mit der Ukraine unter Anwendung von Mechanismen zur ausgedehnten Finanzierung für 4 Jahre, wobei der Finanzierungsumfang 17,5 Milliarden US-Dollar beträgt. Im vergangenen Jahr erhielt die Ukraine zwei Tranchen laut diesem Programm in Höhe von 5 Milliarden US-Dollar und 1,7 Milliarden US-Dollar. Derzeit wird die Auszahlung einer dritten Tranche in Höhe von 1 bis 1,7 Milliarden US-Doller geprüft.

Kultur: Meridian Czernowitz

Vom 9. bis 11 September findet in Czernowitz zum siebten Mal das internationale Lyrikfestival statt. An der Veranstaltung nehmen Dichter aus der Ukraine, Deutschland, Österreich und der Schweiz teil. Eines der Schwerpunktthemen des diesjährigen Festivals ist der Holocaust und das Schicksal der Juden. Das Festival soll in Kiew mit Lesungen an der Gedenkstätte Babyn Yar und später in Berlin und Frankfurt fortgesetzt werden. Offizielle Webseite des Festivals.

Nachfolgend eine Auswahl an englischsprachigen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportage

Die Ukrainer gedenken der Opfer der Tragödie von Illowajsk, zu der es vor zwei Jahren im Kampfgebiet in der Ostukraine gekommen war. Reportage von Ukraine Today.

Verbotener Handel: Trotz Sanktionen geht der internationale Handel mit der Krim weiter. Reportage von KyivPost.

Auch nach dem offiziellen Start der elektronischen Einkommenserklärung für Beamte funktioniert das System nicht. Reportage von KyivPost.

Interviews

Die Ukraine – aufgrund ihres Potentials, ihrer Ressourcen und Menschen eines der reichsten Länder Europas. Interview von Ukraine Today mit dem ehemaligen EU-Vertreter in der Ukraine, Jan Tombinski.

Der ständige Vertreter der Ukraine in der UNO wirft UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon Untätigkeit vor. Interview von Hromadske International mit dem ständigen Vertreter der Ukraine in der UNO, Wolodymyr Jeltschenko.

Der Eurovision Song Contest 2017 sollte in Kiew stattfinden. Der Bürgermeister will alles daran setzen. Interview von Ukraine Today mit dem Bürgermeister von Kiew, Witalij Klitschko.

Wie der russische Informationskrieg in der Ukraine geführt wird. Interview von Hromadske International mit Peter Pomerantsev.

Analyse

Jetzt oder nie? Plant Russland einen Einmarsch? Analyse von Ukraine Today.

Vor kurzem wurde Ihor Rainin zum Chef der ukrainischen Präsidialverwaltung ernannt. Wer ist er? Ein Dossier von Hromadske International.

Business Digest der Woche von KyivPost.

Die Ukraine ist laut dem Ranking Expat Insider eines der freundlichsten Länder in der Welt. Analyse von Ukraine Today.

Bellingcat: Tausende russische Soldaten nehmen an den Kampfhandlungen in der Ostukraine teil. Analyse von Ukraine Today.