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Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichten vom 17. bis 23. Januar 2017

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

In der Ostukraine wird nach wie vor gekämpft. Im Vergleich zur vergangenen Berichtsperiode ist die Intensität des Beschusses seitens der prorussischen Militärverbände um rund ein Drittel zurückgegangen. Die Verluste unter den ukrainischen Soldaten haben sich halbiert.

Waffen aus Russland. Der Sicherheitsdienst der Ukraine hat erneut im Kampfgebiet in der Zone der Anti-Terror-Operation Munition aus russischer Produktion entdeckt. Am 13. Januar hatte ein Sabotagetrupp der prorussischen Rebellen versucht, die ukrainischen Streitkräfte in der Nähe von Nowoluhansk anzugreifen. Als der Angriff abgewehrt wurde, wurde jene Munition gefunden.

Chemische Verseuchung. Der erste stellvertretende Leiter der Sonderbeobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (SMM-OSZE), Alexander Hug, hat mitgeteilt, dass dem gesamten Gebiet Donezk eine chemische Verseuchung droht, sollten die Kampfhandlungen unweit der Siedlung Nowhorodske fortgesetzt werden. Hug zufolge liegt eine Deponie für chemische Abfälle der dortigen Phenol-Fabrik genau zwischen den Stellungen der Konfliktparteien, die nur 400 Meter voneinander entfernt sind.

Schulen in den vorübergehend besetzten Gebieten. Derzeit gehen in den besetzten Gebieten der Region Donezk rund 100.000 Kinder in 537 Schulen. 23 Schulen sind geschlossen worden. Das teilte der Leiter der Hauptverwaltung der Polizei im Gebiet Donezk, Wjatscheslaw Abroskin, mit. Im von der Ukraine kontrollierten Teil der Region Donezk sind 563 Schulen in Betrieb, die von 150.200 Kindern besucht werden.

Bus mit Zivilisten beschossen. Am 20. Januar haben die prorussischen Rebellen einen zivilen Bus unweit der Siedlung Oleniwka im von ihnen besetzten Teil der Region Donezk beschossen. Dabei wurde eine Frau verletzt, berichtet das Pressezentrum des Stabs der Anti-Terror-Operation.

Rückeroberung von Territorium. Ukrainische Militärs sind in Richtung der besetzten Siedlung Stachanowka vorgerückt und haben dabei neue Stellungen eingenommen, die bis dahin von den prorussischen Rebellen gehalten wurden. Die Rebellen hatten die Hügel besetzt, obwohl sie laut den Minsker Vereinbarungen unter der Kontrolle der ukrainischen Seite stehen sollten. Nach der Unterzeichnung eines zusätzlichen Memorandums zu den Minsker Vereinbarungen vom 15. Februar 2015 hatten die prorussischen Militärverbände Debalzewe besetzt und damit gegen die Minsker Vereinbarungen verstoßen. Die ukrainischen Streitkräfte sind zur Taktik eines “schleichenden Vorrückens” übergegangen, was ihnen ermöglichte, Stellungen zurückzuerobern, die von den prorussischen Verbänden nach Minsk besetzt worden waren. Das Vorgehen der ukrainischen Soldaten steht den Militärs zufolge in keinem Widerspruch zu den Bedingungen der Minsker Vereinbarungen.

Was stellte die Ukraine in den befreiten Gebieten von Donezk wieder her. Im vergangenen Jahr wurden zirka zwei Milliarden Hryvna zur Wiederherstellung und den Bau von Infrastruktur im Gebiet von Donezk zur Verfügung gestellt. “Infrastruktur, Bildung und die medizinische Versorgung sind die wichtigsten Bereiche, in die wir im vergangenen Jahr Finanzmittel steckten”, berichtete Pawlo Schebriwskij, Chef der Donezker Kriegszivilgebietsverwaltung (Pressemitteilung auf Deutsch).

Das Leben in den “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”

Donezk bei Nacht in Bildern. Aufgrund der Kampfhandlungen hatten die meisten Gastronomiebetriebe im besetzten Donezk geschlossen. Aber im Laufe des Jahres 2016 öffneten wieder viele Restaurants und Cafés. Darunter gibt es welche, die im sowjetischen Stil gehalten sind. In der Stadt gibt es rund 300 Cafés, Restaurants und Diskotheken. Einen Gastronomiebetrieb zu eröffnen ist in der sogenannten “Volksrepublik Donezk” nicht schwierig. Man muss einige Steuern und Lizenzen bezahlen – zum Beispiel 8500 Hrywnja für den Verkauf von Alkohol und 10.000 US-Dollar für die Veranstaltung von acht Partys. Probleme mit Lebensmitteln und Spirituosen gibt es im besetzten Donezk nicht. Zu haben ist Jamon, italienischer Käse, Meeresfrüchte und teure Alkoholika. Delikatessen werden meist aus den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten der Ukraine nach Donezk geschmuggelt.

So sieht Donezk Anfang 2017 aus (Fotos). Journalisten der Zeitung “Vierte Gewalt” berichten, dass im besetzten Donezk nach und nach das Leben wieder einkehrt. Zugleich ist dort aber eine schwere Wirtschaftskrise zu spüren. Die Bevölkerung ist verarmt. Außenwerbung ist fast völlig verschwunden. Autohäuser und Banken sind geschlossen. Oft sind geschlossene Geschäfte anzutreffen. Viele Ladenlokale stehen zur Vermietung. Zuerst wurden die Geschäfte geschlossen, in denen Luxusgüter und teure Dienstleistungen angeboten wurden.

Der Donezker Blogger Stanislaw Wasin berichtet, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln und in den Straßen viele propagandistische Plakate zu sehen sind, auf denen die “Errungenschaften der Republik” gepriesen werden, aber auch dazu aufgerufen wird, sich den prorussischen Rebellen anzuschließen (Foto).

Die Ukraine klagt Russland vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag an

Am 16. Januar reichte die Ukraine eine Klage gegen die Russische Föderation beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag ein.

Darin wirft Kiew Moskau vor, systematisch terroristische Aktivitäten zu finanzieren. Ferner solle das Gericht feststellen, dass Russland UN-Konventionen verletzt hat.

Auf der Liste der Terrorgruppen, die Russland laut der Klage finanziert und unterstützt, stehen die sogenannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk”, die “Charkiw-Partisanen” sowie mit ihnen verbundene Gruppierungen und Einzelpersonen.

In ihrer Klage gegen Russland verlangt die Ukraine außerdem, dass die russischen Behörden ihre Unterstützung für bewaffnete Gruppierungen auf ukrainischem Territorium beendet (Pressemitteilung auf Deutsch).

Die Prüfung der Klage von der Ukraine gegen Russland vor dem Internationalen Gerichtshof wird zwar nicht alle Probleme beseitigen, um Moskau offiziell rechtlich zur Verantwortung zu ziehen, aber sie ist ein wichtiger Bestandteil zur Klärung der ukrainischen Interessen. Außerdem ist diese Klage der erste Erfolg der ukrainischen Diplomatie. “Der Fall wird lange dauern und das Gericht wird mehrere Jahre prüfen”, meinte Elena Serkal, stellvertretende Außenministerin der Ukraine (Pressemitteilung auf Deutsch).

Wirtschaft: In der Ukraine steigen die ausländischen Investitionen. Roshen schließt seine Fabrik in Russland.

Ausländische Investoren haben im vergangenen Jahr in der Ukraine 3,8 Milliarden Dollar investiert, was doppelt so viel ist wie im Jahr 2015. Das teilte der Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Handel, Stepan Kubiw, mit.

Derzeit dürfen 277 ukrainische Unternehmen von ihnen hergestellte Waren in die Europäische Union liefern. Das erklärte der Minister für Landwirtschaft und Ernährung, Taras Kutowyj, bei einem Treffen mit dem EU-Kommissar für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Vytenis Andriukaitis, das im Rahmen des Globalen Forums für Ernährung und Landwirtschaft (GFFA) in Berlin stattfand.

Der ukrainische Süßwarenhersteller Roshen schließt seine Fabrik in Russland. Das Unternehmen teilte mit, dass das Werk im russischen Lipezk seinen Betrieb einstellt. Laut Pressedienst wurde diese Entscheidung aus wirtschaftlichen und politischen Gründen getroffen, vor allem deswegen, weil die russischen Behörden Eigentum des Unternehmens unter Arrest gestellt haben. Dies habe einen Verkauf des Werks unmöglich gemacht.

Deutschland ist an einer Erweiterung der für beide Seiten vorteilhaften Zusammenarbeit mit der Ukraine im Bereich der Landwirtschaft interessiert. Das erklärte der Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der Bundesrepublik Deutschland, Peter Bleser. In den ersten elf Monaten des Jahres 2016 erreichte der Umfang des Agrarhandels zwischen der Ukraine und Deutschland rund 558 Millionen US-Dollar. Der Export lag bei 212,8 Millionen US-Dollar (ein Plus von 43,4 Millionen), und der Import bei 345,2 Millionen US-Dollar (ein Plus von 40,7 Millionen gegenüber dem Wert im gleichen Zeitraum des Vorjahres).

Krim: Leben ohne russischen Pass

Im Frühjahr 2014, nach der Annexion der Krim, hatte Russland automatisch zwei Millionen ukrainische Staatsbürger einfach zu Russen erklärt. Denjenigen, die die russische Staatsangehörigkeit nicht akzeptieren wollten, gab Russland einen Monat Zeit, die ukrainische Staatsbürgerschaft zu bestätigen, um danach eine ständige Aufenthaltserlaubnis auf der Krim zu erhalten. Ohne sie können die Bürger nicht einmal die einfachsten Dinge erledigen – von Bankgeschäften bis hin zu Arztbesuchen. Entsprechende Dienstleistungen werden nur dann erbracht, wenn die betreffende Person russischer Staatsbürger ist oder eine ständige russische Aufenthaltserlaubnis besitzt.

“Diejenigen, die die russische Staatsbürgerschaft akzeptiert haben, sind im Vorteil, denn sie haben zwei vollwertige Pässe: einen ukrainischen und einen russischen. Diejenigen, die die russische Staatsbürgerschaft abgelehnt haben, müssen sich in fünf Jahren, wenn die Aufenthaltserlaubnis abläuft entscheiden: erneut eine Aufenthaltserlaubnis beantragen und das schwierige Verfahren durchlaufen oder einfach einen russischen Pass annehmen, was aber bedeuten würde, den ukrainischen abzugeben”, sagte gegenüber Radio Liberty Sergej, der auf der Krim lebt.

“Es gab Fälle, wo Menschen die russische Staatsbürgerschaft abgelehnt haben, aber keine Aufenthaltsgenehmigung erhalten konnten, da sie nicht am Wohnort auf der Krim gemeldet waren. Solche Menschen wurden zu ‘unerwünschten Ausländern’ erklärt und vorübergehend in die Sammelstellen für Ausländer in der Region Krasnodar gebracht”, berichtet die russische Menschenrechtsaktivistin Swetlana Gannuschkina.

Umfrage: Wie die Ukrainer den Ausdruck von Gewalt bewerten

85 Prozent der Befragten sehen Gewalt in jeder Form als unannehmbar, wobei 32 Prozent der Befragten psychologische Gewalt (Missachtung, Druck, Flüche) als zulässige Methode ansehen.

Der problematischste Bereich ist häusliche und genderbedingte Gewalt. Jeder Vierte glaubt, dass es in Familienkonflikten besser ist, wenn sich keine Unbefugten einmischen, selbst wenn es um Gewalt geht. 29 Prozent der männlichen Soldaten und 27 Prozent der Zivilisten stimmten der Auffassung zu, dass wenn in einer Familie ein Mann Sex haben will, sich die Frau dem fügen müsse, weil “es ihre Pflicht sei”.

76 Prozent meinen, dass die Erfahrung von Kampfhandlungen keine Rechtfertigung für häusliche Gewalt sein darf.

15 Prozent der Soldaten und 10 Prozent der Zivilisten meinen, dass Frauen, die vergewaltigt werden, gewöhnlich selbst schuld daran wären. 14 Prozent meinen, Frauen sollten sich nicht über die Gewalt beschweren. 28 Prozent meinen, dass wenn ein Mann verprügelt wird, er selbst daran schuld wäre, weil er sich nicht schützen konnte. Und 45 Prozent meinen, dass Menschen, die Opfer sexueller Gewalt wurden, schweigen sollten (Pressemitteilung auf Deutsch).

Nachfolgend eine Auswahl an englischsprachigen Interviews, Analysen und Videos zur Situation in der Ukraine

Reportagen

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat Donald Trump zu seiner Amtseinführung gratuliert. Reportage von UNIAN.

Rede von Joe Biden in der Ukraine. Video von Hromadske International.

Konferenzen in Davos und Jalta. Reportage von The Day.

Wer wagt es, das “Ukrainische Frühstück” in Davos nach der Veröffentlichung des “Pintschuk-Plans” zu besuchen? Reportage von The Day.

Transkarpatien in Bildern des ukrainischen Künstlers Vasyl Svaliavchyk. Reportage von The Day.

Kinder singen traditionelle ukrainische Neujahrslieder. Reportage von Hromadske International.

Interviews

Ein Kompromiss bezüglich der Ukraine ist bereits gefunden. Interview von Hromadske International mit Carl Bildt in Davos.

Wie kann man 14 Kinder in der Nähe der Front großziehen? Interview von Hromadske International mit einer Mutter.

Meinung

Trumps sonderbares “dies für das” mit Putin. Kolumne des ukrainischen Diplomaten Bohdan Jaremenko für UNIAN.

Analyse

Wie der Westen das Wachstum der ukrainischen Wirtschaft fördert. Analyse von UNIAN.

Die wichtigsten Ereignisse der Woche: Weltwirtschaftsforum in Davos, Amtseinführung in den USA und Durchbruch vor dem Internationalen Gerichtshof. Jewgenij Magda für UNIAN

Erhöhung des Mindestlohns in der Ukraine, Sawtschenkos Fehler und Awakows Kaste. Kolumne des Experten Jewgenij Magda für UNIAN.