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Die Museen des Donbass werden zu modernen Art-Zentren und umfassen die Kulturlandschaft der Region

Die städtischen Landeskundemuseen von Slowjansk und Lysytschansk, beide im Donbass, werden in moderne Kulturzentren reorganisiert. Diese Umorganisation wird im Rahmen des Projekts ” Das Museum ist zur Renovierung geöffnet” des Ukraine Crisis Media Centers (UCMC) durchgeführt.

Von November 2016 bis März 2017 werden zwei Museen, in Slowjansk (Donezker Gebiet) und Lysytschansk (Luhansker Gebiet), zum Schauplatz von “Reparaturarbeiten”. Darunter werden nicht nur traditionelle kosmetische Arbeiten, wie der Austausch von Fenstern und Türen, verstanden, sondern auch die Modernisierung der Methoden und Formate der Museen. Darüber berichtete Leonid Maruschtschak, Kurator der Kulturabteilung bei UCMC, sowie Olga Gontschar, Koordinatorin für Projekte und Kommunikation der Kulturabteilung bei UCMC.

Die Hauptidee des Projekts besteht in der Umgestaltung der Museen in moderne Kulturzentren, die das Leben ihrer Städte aktiv umfassen und eine humanitäre Politik ihrer Region bilden, sagte das Team der Kulturabteilung. Durch das Projekt sollen Ausstellungen entstehen, sowie mehrere Fortbildungsmaßnahmen für die Museumsmitarbeiter und Besucher. Außerdem sollen Methoden für die weitere Entwicklung der Museen empfohlen werden.

Warum gerade Museen und warum in der Ostukraine

“Museen waren, sind und werden geistbildende Institutionen. In den 1970ern, als sie gegründet wurden, bestand ihre Hauptaufgabe darin, den Kommunismus zu bewerben. Eine Art “Sprachrohr des Kremls”. Heute erfüllen die Museen eigentlich auf gleiche Weise immer noch die Funktion, die sie in den 1970ern und 1980ern hatten”, sagte Leonid Maruschtschak.

“Wir rechnen damit, dass die schwierige sozialkulturelle und politische Situation in der Ukraine solange anhalten wird, bis sich diese Institutionen [Museen] verändert haben, die von allen Generationen besucht werden. Die Museen sind Orte, wo sich die Identität des Volkes, der Stadt und des Landes als Ganzes bildet. Deshalb wählten wir Museen als Platz, wo qualitative Änderungen stattfinden müssen. Seit 2015 führten wir mehrere Projekte im Rahmen des Programms “Kulturdiplomatie zwischen den Regionen der Ukraine” durch und lernten dabei die östliche Region kennen. Wir untersuchten die Situation und kamen zu mehreren Ergebnissen. Wir arbeiteten vielfach mit der Öffentlichkeit, mit Meinungsführern, Museumsmitarbeitern und Kulturabteilungen auf allen Niveaus. Die Museumsmitarbeiter stimmen zu, dass sich in ihren Museen etwas ändern muss. Sie erkennen an, dass ihnen dafür allerdings das Instrumentarium für diese Veränderungen fehlt”, erklärte Leonid Maruschtschak.

UCMC sammelte Informationen über Projekte, die von der Kulturabteilung umgesetzt wurden

Neue Maßnahmen, neues Publikum

Die städtischen Landeskundemuseen von Slowjansk und Lysytschansk werden erstmals in ihren Räumlichkeiten moderne ukrainische Kunst ausstellen. Die Veranstaltungen werden mit Empfängen im Format “Artist Talk” begleitet, wo man die Künstler treffen kann. So wurde Anfang Februar im Museum von Lysytschansk ein Filmalmanach über die Street-Art “Konturen” vorgestellt. Es fand ein öffentliches Gespräch über moderne Medienkunst statt, sowie ein Treffen mit Olexander Dolgij, dem Gründer des Kiewer Art-Raums “Ephir”. Das Format der Interaktion zwischen Publikum und Künstlern ist hier ungewöhnlich, meinte der Projektleiter. Die “neue” Veranstaltung wirkte auf ein “neues” Publikum anziehend. Die Museen werden somit selbst zu einer Plattform, um die sich das Publikum sammelt.

Am 17. Februar wurde im städtischen Landesundemuseum von Lysytschansk die Ausstellung “Museum der Stadt Swetlograd” eröffnet. Die Künstler erklärten, dass während der Sowjetzeit unter dem Namen “Swetlograd” geplant war, Lysytschansk mit den beiden Nachbarstädten Rubischne und Sewerodonezk zu vereinen. Doch diese Idee blieb Utopie. Im Rahmen der Ausstellung “Museum der Stadt Swetlograd” untersuchen die Künstler mit Hilfe von Fotos, Videos, Installationen und der Arbeit mit dem Raum das moderne Gebiet der utopischen Stadt. Für die Ausstellung wurde das Kellergeschoss des städtischen Landeskundemuseums gewählt, das früher als Museumsbestand diente und für die Besucher nicht zugänglich war.

Die Formierung einer Berufsgemeinschaft

Das Projekt zielt nicht nur darauf ab, den Raum für Museen im Osten umzuformen, sondern auch die Museumsmitarbeiter in einer Berufsgemeinschaft zu organisieren und dafür zu gewinnen.

“Wir planen, dass sich die Museumsmitarbeiter des Gebiets und des Landes in Workshops, Diskussionen und auf Konferenzen kennen lernen”, sagte Olga Gontschar.

Die ersten Museumsmitarbeiter nahmen bereits im November 2016 an Lehrveranstaltungen teil. Das Team des Landeskundemuseums von Lysytschansk besuchte das historische Dmitrij-Jawornizkij-Museum von Dnipropetrowsk. Spezialisten des ukrainischen Instituts für Mode und des nationalen Kunstmuseums führten in einer Stiftung, die sich in Kiew befindet, einen Workshop über Trachten für die Museumsmitarbeiter aus Lysytschansk durch. Im Rahmen des Projekts fand auch der Workshop “Moderne Methoden der Museumsarbeit” in Slowjansk vom 21. bis 24. Februar statt. Direktoren, Konservatoren und wissenschaftliche Mitarbeiter aus zirka 40 Museen im Gebiet von Donezk und Luhansk erhielten praktisches Wissen zur neuen Herangehensweise in Museumsangelegenheiten, im Projektmanagement, der Kommunikation und wissenschaftlichen Forschung.

Ein Museums-YouTube-Hit mit neuer Technik

Im Rahmen des Projekts erhielt das städtische Landeskundemuseum von Slowjansk moderne Technik, mit deren Hilfe Veranstaltungen umgesetzt werden konnten, die früher technisch unmöglich waren. Darunter befindet sich ein Quadrokopter, ein Elektronenmikroskop, ein Entfernungsmesser, Foto- und Videokameras und ähnliches. Es ist geplant, dass auch andere Museen der Region in Zukunft die technischen Mittel des sogenannten “Museumslabors” nutzen können. Der Quadrokopter des Museums ist bereits zur Erforschung der Region im Einsatz. Daraus entstand ein Video, das die meisten Klicks im YouTube-Kanal des Projekts erhielt. Es zeigt Luftaufnahmen des riesigen Denkmals von Artjom (eine Sowjetfigur) in Swjatogorsk (Gebiet von Donezk).

In einem Workshop wurde mit Hilfe des Elektronenmikroskops im städtischen Landeskundemuseum von Slowjansk von Spezialisten erklärt, worin der Unterschied zwischen einem Original, einer Kopie und einer Replik besteht. Als Ausstellungsbeispiel diente ein Bronzewassermann (ein Geschirr für Flüssigkeiten) aus dem 13. Jahrhundert aus Niedersachsen, dessen Original im Museum von Slowjansk aufbewahrt wird. Eine Kopie und ein Replik stehen im Museum des benachbarten Swjatogorsk.

Vom Kommerzprodukt mit “Null” Kunstwert zur Kreativindustrie

Als die Künstler als Teilnehmer des Projekts die lokalen Gegebenheiten untersuchten, meinten sie, dass es auch für ihre Arbeiten Möglichkeiten gibt und sie nicht unbemerkt bleiben. So war es dann auch bei der Ausstellung “Slawische Keramik – Arbeiten mit dem Material” im Landeskundemuseum von Slowjansk. Die Kuratoren waren die beiden jungen ukrainischen Künstler aus Kiew: Anna Sorokowa und Taras Kowatsch.

Die Herstellung von Keramik war in Slowjansk über viele Jahrhunderte ein Kernbereich der lokalen Industrie. Vor allem deshalb, weil der Rohstoff in der Region vorhanden war. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert entstanden große Industrieunternehmen, die Fließen und Steingut herstellten. In der Sowjetzeit wurde die Produktion auf Industrieniveau gehoben. Seit der ukrainischen Unabhängigkeit ging die Keramikproduktion wieder in Kleinunternehmen über, verlor dabei aber seine ästhetische Komponente. Die Ausstellung versucht, die historische Entwicklung der Keramikproduktion in der Region durch bestehende Exponate im Landeskundemuseum von Slowjansk hervorzuheben. Das ambitionierte Ziel besteht auch darin, eine Basis zu schaffen, um die lokale Keramikproduktion in eine Kreativindustrie zu verwandeln.

Sie können das Projekt “Museum während der Renovierung geöffnet” auf der Website von UCMC unter der Rubrik “MuseumOpen” und “Kultur” verfolgen, sowie auf der Facebook-Seite des Projekts für die Landeskundemuseen in Lysytschansk und Slowjansk.

Die Initiative wird von der United States Agency for International Development im Rahmen der “Ukraine Confidence Building Initiative” (UCBI) unterstützt