Das ukrainische Nationale Anti-Korruptions-Büro hat dem Leiter des Staatlichen Fiskaldienstes der Ukraine, Roman Nasirow, vorgeworfen, den Staat um zwei Milliarden Hrywnja geschädigt zu haben. Nasirow wurde für die Dauer der Ermittlungen von seinem Amt suspendiert. Derzeit entscheidet das Gericht über eine präventive Maßnahme gegen ihn.
Wer ist Nasirow? Roman Nasirow leitete die Staatliche Steuerbehörde seit Mai 2015. Zu deren Chef wurde er nach einem vom Finanzministerium durchgeführten Auswahlverfahren. Davor war Nasirow Parlamentsabgeordneter des “Blocks Petro Poroschenko” und saß dem Steuerausschuss des Obersten Rates der Ukraine vor. Davor war er als Investmentbanker und stellvertretender Direktor der Staatlichen Getreide-Korporation tätig, eines der größten Staatsunternehmen in der Landwirtschaft, das sich auch mit dem Export von Getreide befasst und die staatlichen Reserven bildet.
Warum steht er unter Verdacht? Die Ermittler des Nationalen Anti-Korruptions-Büros werfen Nasirow vor, er habe dabei geholfen, kriminelle Machenschaften der Firmengruppe von Oleksandr Onyschtschenko zu verdecken. Der Parlamentsabgeordnete Onyschtschenko ist inzwischen aus der Ukraine nach London geflohen. Er wird verdächtigt, mit Machenschaften bei der Gasförderung den Staat um Millionen betrogen zu haben. Seine Firmen hatten keine Abgaben an den Staat gezahlt, die für die Nutzung von Bodenschätzen in der Ukraine anfallen – im Fall Onyschtschenko also bei der Erdgasförderung. Dafür zahlte Onyschtschenkos Firmengruppe Geld auf Konten des staatlichen Gasförderunternehmens “Ukrgaswydobuvannja” ein, als angebliche Gewinne aus gemeinsamen Aktivitäten. Dafür räumte die Staatliche Steuerbehörde Onyschtschenkos Firmen unbegründet die Möglichkeit von Ratenzahlungen für zu zahlende Abgaben ein. Nach Angaben der Parlamentsabgeordneten Tatjana Tschornowol unterzeichnete der Leiter der Steuerbehörde Roman Nasirow eine entsprechende Anweisung zugunsten Onyschtschenkos Firmen. Zu dem Zeitpunkt hätten die Steuerschulden bereits eine Milliarde Hrywnja betragen. Seitdem hätten sie sich verdoppelt, so Tschornowol. Nasirow unterzeichnete aber einen weiteren Zahlungsaufschub. Nasirow selbst hatte zuvor in Medien erklärt, er erinnere sich nicht an die Umstände, unter denen er entsprechende Dokumente unterzeichnet habe, mit denen Onyschtschenkos Firmen Vergünstigungen gewährt wurden. “Ich habe pro Tag 800 bis 900 Dokumente unterzeichnet, manchmal mehr als 1000. Ich versuche, mich an alles zu erinnern, aber ich kann nicht jedes unterzeichnete Dokument oder jede Ratenzahlung, die konkreten Bedingungen und Zahlen einfach so behalten”, sagte Nasirow.
Nasirow vor Gericht. Am 2. März, dem Tag seiner Verhaftung, ließ sich der Leiter der Staatlichen Steuerbehörde, Roman Nasirow, sofort in das staatliche Feofania-Krankenhaus in Kiew einweisen. Ihm folgten dorthin die Ermittler des Nationalen Anti-Korruptions-Büros und die Ankläger der Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft. Den ganzen Tag über wurden die Räume der Staatlichen Steuerbehörde durchsucht. Beschlagnahmt wurden Dokumente.
Im Fall Onyschtschenko fehlte nur noch der wichtigste Verdächtige, eben Nasirow. Die Detektive mussten direkt ins Krankenhaus fahren, um ihn zu holen. Dort wurde er verhaftet und ins Gericht gebracht. Ein Richter sollte eine präventive Maßnahme gegen ihn verhängen. Er lag seit seiner Verhaftung angeblich schwer krank auf einer Bahre. Die ganze Nacht vom 6. auf den 7. März ließen ihn Aktivisten nicht aus dem Gerichtsgebäude, weil sie befürchteten, dass könnte fliehen. Vor der Gerichtsverhandlung stand Nasirow plötzlich auf und konnte auf einmal gehen, obwohl seine Verteidigung behauptet hatte, er habe einen Herzinfarkt erlitten.