Michail Saakaschwili: Awakow und Poroschenko teilten das Land einfach unter sich auf

Das Ukraine Crisis Media Center veröffentlicht eine gekürzte Fassung des Interviews von Sevgil Musayeva-Borovyk bei Ukrainska Prawda.

Am 27. Juli 2017 entzog der ukrainische Präsident Petro Poroschenko Michail Saakaschwili die 2015 gewährte Staatsangehörigkeit. Am darauffolgenden Tag gab Saakaschwili der Ukrainska Prawda ein Exklusivinterview. Darin äußert Saakaschwili seine Meinung, weshalb ihm der Präsident den Pass entzog, welche Fehler er selbst machte und was er in Zukunft vor hat. Mit dem Interview reagiert Saakaschwili auf die Meldung, von der er im Internet erfahren haben will.

Gründe für die Differenzen

„Ich hatte ein zweistündiges Treffen mit Poroschenko. Das waren zwei Stunden Drohungen und Erpressungen von seiner Seite…“

„Er sagte mir, ich solle mit der Kritik aufhören, die nach seiner Meinung die Ukraine in Aufruhr bringt, was dem Plan Putins entspreche… Daraufhin lachte ich ihm ins Gesicht. Ich sagte ihm, dass das, was er tut, dem „Plan Putins“ entspricht. […] Er ging eine strategische Allianz mit Achmetow ein…“

Säuberung der politischen Opposition

Der georgische Politiker meint, dass ihm die Staatsangehörigkeit deshalb entzogen wurde, weil Poroschenko vor der politischen Opposition Angst habe. „… Der letzte Tropfen war für ihn, dass ich damit anfing, Leute unter dem „Stab für gemeinsames Handeln“ zu vereinen. Das schreckte ihn offensichtlich auf, weil er mein Potential und meine Fähigkeiten bestens kennt“, sagte Saakaschwili. „Er weiß genau, was ich kann. Was er auch sagen wird – dass ich gescheitert sei und so weiter – er weiß, dass ich einen Weg finden werde, um Leute zu mobilisieren.“

Abwegigkeit juristischer Gründe

Saakaschwili behauptet auch, dass die Beschuldigungen in Bezug auf eine juristische Strafverfolgung in Georgien, die der formale Grund für den Entzug seiner Staatsangehörigkeit waren, unbegründet seien. „Das Gerede über juristische Gründe ist insgesamt lächerlich…“. „Um einen juristischen Grund zu bestätigen, bedarf es eines Gerichtsprozesses – den gab es aber nicht“. „Der Prozess müsste transparent sein und unter rechtsstaatlichen Bedingungen. Statt dessen wurde mir heimlich, als ich außerhalb des Landes war, die Staatsangehörigkeit entzogen.“

Abmachungen mit dem Präsidenten

Poroschenko versprach, „… Odessa von den Mafiaclans zu säubern, die dort alles beherrschten“, „[…] er versprach volle Unterstützung, um Odessa von all diesen Leuten zu befreien. Doch alles lief ins genaue Gegenteil.“

„Putin machte sich große Sorgen, als ich nach Odessa kam. Im Sommer 2016 schickte er eine Gruppe mit FSB-Leuten, die sich um meine Wohnung einquartierten, damit sie gegen mich kompromittierendes Material finden. Aber dann wurden sie abberufen, weil die Russen die Garantie bekamen, dass ich aus dem Amt des Gouverneurs entfernt werde.“

„Später rief mich Poroschenko zu sich und meinte: „Offenbar hast Du von Odessa genug. Wie wäre es als Botschafter in Holland? […] Wenn Dir Holland nicht gefällt, dann eben Südostasien.“

Die Fehler von Saakaschwili

„Ich bedaure, dass ich nach Tschernigow gefahren bin, um Beresenko bei den Wahlen zu unterstützen. Das war mein Fehler, obwohl ich hinfuhr, um gegen Korban Stimmung zu machen, woraufhin mich das Umfeld von Kolomojskij aktiv angriff.“

„Mein Hauptfehler war, dass ich von Anfang an die Motive von Poroschenko falsch interpretierte. Ihm ging es in Wirklichkeit nur darum, Geld zu verdienen.“

Situation mit dem Pass

„Zum einen habe ich den Pass bei mir; zum anderen… Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wobei ich nicht alle offen lege. Ich habe auf der ganzen Welt viele Freunde.“ „Meine Frau ist Holländerin. Ich habe automatisch das Recht, die holländische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Wir sind schon viele Jahre verheiratet. Unsere Kinder haben sowohl einen georgischen, als auch einen holländischen Pass. Ich habe also kein Problem.“

Zukunftspläne

Saakaschwili erklärte, dass er trotz aller Schwierigkeiten nicht vorhabe, seine Pläne zu ändern. „Ich arbeite gerade an der Zusammensetzung des „Stabs für gemeinsames Handeln“. Wir bereiten uns für Herbst vor, um in allen Regionen Treffen durchzuführen, Leute zu mobilisieren und mit aller Kraft grundlegende Änderungen zu fordern (…)“. „Wir verfolgen einen Plan. Wenn ich vor Ort anwesend sein muss, bin ich da. Kein Problem. Ich wiederhole, ich bin auch während der Zeit von Janukowitsch gekommen, trotz seiner Verbote.“

„Ich denke, dass diese Geschichte nicht nur mit mir zusammenhängt. Gerade betrat er den unvermeidlichen Prozess des Chaos seiner Staatsführung. Und dieser Prozess wird sich weiter beschleunigen. Er wird immer mehr und mehr seine eigenen Leute angreifen, sowie die internationale Gemeinschaft. Irgendwann werden die Leute dann sagen: „Es reicht.“

„In der Ukraine gab es zwar eine Revolution, doch keine revolutionären Veränderungen. Die Revolution muss durch Änderungen und den realen Austausch der politischen Elite abgeschlossen werden. Und das wird in den nächsten Monaten passieren. Die neue politische Elite steht bereit.“