Menschenrechtler: Wolodymyr Baluch ist ein Gewissenshäftling auf der Krim

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Ukrainische und internationale Menschenrechtler haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass Russland Anti-Terror-Gesetze und das Strafrecht gegen Bürger der Ukraine auf der Krim instrumentalisiert, welche das De-facto-Regime auf der Halbinsel ablehnen. Zum ersten ukrainischen “Terroristen” wurde Oleg Senzow gemacht, der zu 20 Jahren Haft unter strengen Bedingungen verurteilt wurde. Auch 16 Muslime werden des Terrorismus bezichtigt, weil sie Mitglieder der in Russland verbotenen Organisation “Hizb ut-Tahrir” sein sollen. Einigen ukrainischen Bürgern wird die Zugehörigkeit zu Sabotagetrupps unterstellt. Ein Verfahren läuft gegen den Journalisten Mykola Semena und den stellvertretenden Vorsitzenden des Medschlis der Krimtataren, Achtem Tschijgos. Vor wenigen Tagen wurde das Urteil gegen den Krimbewohner Wolodymyr Baluch gesprochen. Der Ukrainische Helsinki-Verband für Menschenrechte bezeichnet ihn als Gewissenshäftling.

Das Urteil

Am 4. August 2017 verurteilte das Gericht von Rasdolnensk den ukrainischen Aktivisten Wolodymyr Baluch zu drei Jahren und sieben Monaten Haft in einem Straflager. “Solche Verfolgungen sind zweifellos politisch motiviert. Wolodymyr Baluch ist ein Gewissenshäftling”, sagte die Anwältin vom Ukrainischen Helsinki-Verband, Daria Swiridowa, bei einer Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center.

Die Anklage

Im Dezember 2016 nahm der russische Inlandsgeheimdienst FSB den Aktivisten Wolodymyr Baluch im Dorf Serebrianka im Südwesten der 2014 annektierten Krim fest. Dem FSB zufolge wurden bei einer Durchsuchung 90 Patronen und Sprengstoff gefunden. Nach Ansicht der ukrainischen Menschenrechtler wurde Baluch aber aus einem anderen Grund festgenommen. Er ist Bauer und hatte vom ersten Tag der Annexion an deutlich gemacht, dass er mit der russischen Staatsmacht nicht einverstanden ist. Sofort nach der Annexion der Krim hisste Baluch über seinem Haus die ukrainische Fahne, worauf ihm die russischen Behörden mit strafrechtlichen Konsequenzen gedroht haben. Im November 2016 brachte Wolodymyr an seinem Haus ein Schild mit seiner Adresse an, wobei er die Straße in “Helden der Himmlischen Hundertschaft” umbenannte und so den Opfern der Revolution der Würde auf Kiewer Maidan im Februar 2014 widmete.

“Während einer weiteren Durchsuchung auf dem Dachboden seines Hauses wurde Wolodymyr im Erdgeschoss in einem Zimmer eingeschlossen. Als Sprengstoff gefunden wurde, war niemand außer der Polizei anwesend. Ein von der Polizei herbei gefahrener Zeuge, der mehrfach gegen Wolodymyr ausgesagt hatte, war in einem alkoholisierten Zustand“, sagte Olga Skrypnik, die Vorsitzende der “Menschenrechtsgruppe Krim”.

Der Prozess

Um Wolodymyr Baluch hinter Gitter zu bekommen, wurden über 20 Personen involviert. Unter ihnen waren Mitarbeiter des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB und Bürger der Ukraine, die auf die Seite des Okkupationsregimes gewechselt sind. “Wir kennen die Personalien dieser FSB-Mitarbeiter und Richter. Demnächst werden ihre Handlungen einer entsprechenden juristischen Beurteilung unterzogen“, versicherte Aleksandr Daraktschy, Leiter der Aufsicht für staatsanwaltschaftliche Ermittlungen der Autonomen Republik Krim. Die Behörde sitzt in Kiew und untersteht der ukrainischen Regierung.

Wolodymyr wird von drei Anwälten verteidigt. Unter ihnen sind Olga und Dmitrij Dinse, die zuvor Oleg Senzow verteidigt haben. “Sie haben mehrfach Fälle von Fälschung nachgewiesen. Dies wird vom Gericht schlicht ignoriert“, betonte Skrypnik.

Appell an die internationale Gemeinschaft

Der Ukrainische Helsinki-Verband für Menschenrechte, die “Menschenrechtsgruppe Krim” und das Informationszentrum für Menschenrechte haben eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, mit Listen der Personen, die an Fälschungen beteiligt waren, die Wolodymyr belasten. Die Erklärung richtet sich an die Regierung der Ukraine und an eine Reihe europäischer Staaten mit der Bitte, zu einer Lösung des Falls beizutragen und die Personen auf Sanktionslisten zu setzen, die an der illegalen Inhaftierung von Bewohnern der Krim beteiligt sind. “Es ist sehr wichtig, diese Menschen zur Verantwortung zu ziehen. Wenn nötig, in Abwesenheit“, sagte Tatjana Petschontschik, Vorsitzende des Informationszentrums für Menschenrechte der Krim. Der Ukrainische Helsinki-Verband hat bereits zwei Klagen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht.