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Präsidentenwahl in Russland am vierten Jahrestag der Annexion der Krim: Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten #51, 13. – 19. März 2018

Am 18. März hat die Ukraine an die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland vor vier Jahren erinnert. Genau für diesen Tag wurde in der Russischen Föderation die Wahl des Staatsoberhaupts angesetzt, obwohl Präsidentenwahlen in Russland bisher Anfang März stattfanden. Was passiert heute auf der Krim? Was sind die am weitesten verbreiteten Mythen über die Annexion der Halbinsel? Wie verlief die “Wahl” des russischen Präsidenten auf der Krim? Eine Übersicht vom Ukraine Crisis Media Center:

Was es heißt, ein Ukrainer auf der Krim zu sein

Ukrainische und ausländische Medien berichten wenig über das tägliche Leben auf der Halbinsel. Es ist auch nicht einfach, auf die Krim zu gelangen. Ausländische Medienvertreter – wenn sie keinen Entzug ihrer Akkreditierung in der Ukraine riskieren wollen – müssen über die Ukraine auf die Krim reisen und stundenlange Kontrollen auf ukrainischer und russischer Seite durchlaufen. Viele ukrainische Journalisten haben Angst, auf die Halbinsel zu fahren. Viele beklagten, dort unter Druck gesetzt worden zu sein. Es gibt sogar Geiseln, wie zum Beispiel der Korrespondent der staatlichen Nachrichtenagentur Ukrinform, Roman Suschtschenko. Er war von Paris aus zu einem privaten Besuch nach Russland gereist. In Moskau wurde er wegen angeblicher Spionage festgenommen.

Dennoch sind Reporter des ukrainischen Senders “Hromadske” kurz vor dem vierten Jahrestag der Annexion auf die Krim gefahren. Ihre Reportage ist vor allem Menschen gewidmet, die keine russische Staatsangehörigkeit akzeptieren und ihre ukrainische Sprache, Kultur und Identität unter der russischen Besatzung bewahren wollen.

Die “Ablehner”. So werden die ukrainischen Staatsbürger auf der Krim genannt, die es im Frühjahr 2014 nach der Annexion abgelehnt haben, einen russischen Pass anzunehmen. Offiziell haben nach Angaben der russischen Behörden 3000 Personen ihre ukrainische Staatsbürgerschaft behalten, aber in Wirklichkeit könnten es mehr sein.

Warum bleiben sie auf der Krim? Neben persönlichen Gründen wie Alter und Wohnung verlassen viele der “Ablehner” die Krim aus Prinzip nicht. Sie wollen ihre Heimat nicht einfach einem anderen Staat überlassen. “Wenn wir weggehen, dann wird es hier noch weniger Menschen geben, die gegen die Annexion sind”, sagte einer der Befragten in der Reportage von “Hromadske”.

Ohne Arbeit. Die “Ablehner” werden zum Beispiel nicht in den Behördendienst aufgenommen. Obwohl es kein offizielles Verbot gibt, Menschen mit ukrainischem Pass zu beschäftigen, sind die Arbeitgeber angesichts einer Atmosphäre der Angst diesbezüglich immer vorsichtiger.

Ohne Rechte und ohne Geld. Außerdem benötigen Personen, die ihren ukrainischen Pass behalten haben, eine Aufenthaltserlaubnis in Russland. Zudem müssen sie jedes Jahr bestätigen, dass sie mindestens 111.000 Rubel pro Jahr verdienen (umgerechnet rund 1500 Euro). Für eine Familie mit Kindern erhöht sich der Betrag abhängig von deren Anzahl. Um gegenüber dem Migrationsdienst der Russischen Föderation ein notwendiges Einkommen nachzuweisen, leihen sich viele Familien vorübergehend Geld und zahlen es für ein paar Tage auf ihr Bankkonto ein.

Kein Eigentum. Für Bürger der Krim mit ukrainischem Pass ist es auch fast unmöglich, Dokumente über Grundbesitz oder anderes Eigentum zu erhalten, wenn der Besitz von den ukrainischen Behörden nicht ordnungsgemäß registriert wurde. Es gab viele solcher Grundstücke auf der Halbinsel. Die Krim zu verlassen, würde für die Betroffenen bedeuten, ihren Besitz aufzugeben und ihn faktisch den Besatzungsbehörden zu überlassen.

Kein Ukrainisch. Gespräche auf Ukrainisch in einem Bus, Taxi oder im Café können schon unnötige Aufmerksamkeit erregen und werden oft als ein Anzeichen für eine bestimmte politische Haltung gewertet. Viele Menschen trauen den Hotels auf der Krim nicht, weil man dort abgehört werden kann.


Drei Mythen über die “Heimkehr der Krim nach Russland”

Im Februar 2017 erschien in ukrainischer Sprache ein Artikel des von der Krim stammenden Historikers und Publizisten Serhij Hromenko über die Mythen der “Heimkehr der Krim nach Russland”. Da der Artikel nach wie vor aktuell ist, hat ihn jüngst “Krym.Realii” von Radio Liberty unverändert übernommen. Das sind die drei wichtigsten Thesen:

Mythos 1: “Auf der Krim wurde die russische Sprache und Kultur unterdrückt und Kiew verfolgte die Politik einer forcierten Ukrainisierung.”

Das ist nicht wahr, weil Artikel 10 der Verfassung der Autonomen Republik Krim besagt, dass Russisch die Sprache der Mehrheit der Bevölkerung der Autonomen Republik Krim ist und zur interethnischen Kommunikation dient. Russisch soll laut Verfassung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens genutzt werden. Auf der Krim wurden bis zum Jahr 2013 89,4 Prozent der Schüler auf Russisch unterrichtet, auf Ukrainisch 7,3 Prozent und auf Krimtatarisch 3,1 Prozent. Auf der Krim gibt es fast 600 Schulen. Bis zur Okkupation durch Russland wurde in nur 14 auf Krimtatarisch und in nur sieben auf Ukrainisch unterrichtet. Mehr als 80 Prozent der Printmedien erschienen ausschließlich in russischer Sprache. Die Zeitung “Krymska switlyzja” war die einzige rein ukrainischsprachige. Nur sieben Prozent der Sendungen des Fernsehens der Krim waren in krimtatarischer Sprache. Die russische Sprache beherrschte das soziale und politische Leben der Halbinsel also auch schon vor der Annexion durch Russland.

Mythos 2: “Die Einwohner der Krim haben beim Referendum ihr Recht auf Selbstbestimmung in Anspruch genommen.”

Nachdem russische Truppen die Halbinsel und alle Verwaltungsgebäude besetzt hatten, gab es auf der Krim keine legitimen Behörden mehr, die ein Referendum hätten ankündigen, organisieren und durchführen können. Der Ministerrat der Krim war seit dem 27. Februar 2014 nicht mehr legitim, da die Krim-Abgeordneten die Abstimmungen buchstäblich unter vorgehaltenen russischen Maschinengewehren durchgeführt und dabei ukrainisches Recht verletzt haben. Der Oberste Rat, also das Parlament der Krim, war de facto seit dem 27. Februar und seit dem 15. März auch de jure nicht mehr legitim, da das Parlament der Ukraine ihn für aufgelöst erklärt hatte. Darüber hinaus hat die Zentrale Wahlkommission der Ukraine keine Organe für die Durchführung eines Referendums auf der Krim geschaffen. Sie sperrte auch den Zugang zum Wählerregister der Halbinsel.

Mythos 3: “Die meisten Menschen auf der Krim waren für den Beitritt zu Russland.”

Unter den Einwohnern der Krim gab es durchaus Befürworter eines Beitritts der Halbinsel zu Russland, aber ihre Anzahl ging in den letzten Jahrzehnten stetig zurück. 1994 traten im Parlament der Krim noch 58 Abgeordnete von 100 (55 vom “Block Russland”, zwei von der “Russischen Partei der Krim” und einer von der “Russischen Gemeinschaft der Krim”) für eine Union mit Russland ein. 2010 waren es nur noch acht Abgeordnete (fünf von der Partei “Sojus” und drei von der Partei “Russische Einheit”). Im Jahr 2008 unterstützten etwa 70 Prozent der Einwohner der Krim die Idee eines Beitritts zu Russland. 2014 waren es etwa 40 Prozent. Und weil das sogenannte “Referendum” unter den Bedingungen einer offenen russischen Besetzung durchgeführt wurde, kann man dessen “Ergebnissen” weder vertrauen noch sie anerkennen.


Wahlen auf der Krim am vierten Jahrestag der Annexion

Ergebnisse. Laut einer Wahltagsbefragung (Exit Poll) des Allrussischen Zentrums für Meinungsforschung (WZIOM) erreichte Wladimir Putin bei der “Wahl” des russischen Präsidenten 73,9 Prozent der Stimmen.

Reaktion des ukrainischen Außenamts. Kiew erklärte, dass der Urnengang auf dem Territorium der annektierten Krim weder die Ukraine noch die internationale Gemeinschaft anerkennen würden. Mehr noch, die Legitimität der Präsidentenwahl in Russland werde insgesamt in Frage gestellt.

Erklärung des ukrainischen Präsidenten. Petro Poroschenko sagte, dass die internationalen Partner der Ukraine die russische Präsidentenwahl auf der besetzten Krim nicht anerkennen. “Die Krim gehört zur Ukraine. Sie wird sich früher oder später an den ukrainischen Präsidentschaftswahlen beteiligen. Statt des russischen Anschlusses muss es eine Rückkehr der Krim zur Ukraine und der Ukraine zur Krim geben”, sagte Poroschenko.

Reaktion der EU. Der Vertreter der EU bei der UNO, Joao Valle de Almeida, sagte, dass die Europäische Union die Wahl des russischen Präsidenten auf dem Territorium der annektierten Krim nicht anerkenne. Er wies darauf hin, dass die Militarisierung der annektierten Krim die Sicherheit in der Region beeinträchtigen würde. “Die EU verurteilt den Bau einer Brücke in Kertsch ohne die Zustimmung der Ukraine. Die Brücke wird sich negativ auf die Häfen im Asowschen Meer auswirken”, fügte der Botschafter hinzu.

Die Außenminister Dänemarks, Estlands, Lettlands, Litauens, Polens, Rumäniens, Schwedens und der Ukraine haben im Zusammenhang mit dem vierten Jahrestag der Annexion der Krim durch Russland eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Darin heißt es, dass “die Ergebnisse von Wahlen, die von Russland auf der Krim durchgeführt werden, von der EU nicht anerkannt werden”. Die Außenminister der acht Länder versichern, dass sie die Krim von der internationalen Agenda nicht verschwinden lassen werden.


Blockade der Stimmabgabe in der Ukraine

Ukrainisches Innenministerium blockiert Wahllokale. Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow hatte vor der russischen Präsidentenwahl angekündigt, man werde russischen Staatsbürgern in der Ukraine, mit Ausnahme von Diplomaten, am Tag der russischen Präsidentenwahl den Zugang zu den russischen diplomatischen Vertretungen verwehren. Awakow betonte, dass die Stimmabgabe in den Vertretungen auf dem Territorium der Ukraine nur dann möglich sein wird, wenn Russland die illegalen Wahlen auf der Krim absagt.

Reaktion der Russischen Föderation. Aleksandr Lukaschewitsch, Vertreter Russlands bei der OSZE, warf der Ukraine vor, eine Reihe internationaler Abkommen zu verletzen, indem sie den Zugang zu russischen ausländischen Vertretungen blockiere. Die Menschenrechtsbeauftragte der Russischen Föderation, Tetjana Moskalowa, forderte die UNO, den Menschenrechtskommissar des Europarates und die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte auf, sich dem Problem anzunehmen.

OSZE. Das OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte teilte mit, es werde sich nicht zur Entscheidung der Ukraine äußern, den Zugang zu Wahllokalen zu blockieren.