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Putin und Lukaschenko unterzeichneten “Integrations-Dekret” über Unionsstaat. Was bedeutet das?

Der russische Präsident Wladimir Putin und der selbsternannte belarussische “Präsident” Alexander Lukaschenko haben auf einer Sitzung des Obersten Staatsrates des Unionsstaates von Belarus und Russland ein “Dekret über die Integration” gebilligt, das ​​28 Unions-Programme zur Integration beinhaltet. Die Sitzung fand per Videokonferenz statt. Was genau sieht das Dekret vor? Wie reagiert die Ukraine?

Das Dokument wurde am 4. November, dem russischen Nationalfeiertag “Tag der nationalen Einheit” unterzeichnet. Putin befand sich zum Zeitpunkt der Unterzeichnung in Sewastopol auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim. Das Außenministerium der Ukraine hat bereits dagegen protestiert. 

Die Unterzeichnung des Integrations-Dekrets ist laut Putin ein Fortschritt, der den Menschen beider Länder zugute kommt und “nichts mit der innenpolitischen Situation zu tun hat”. Lukaschenko sagte vor der Unterzeichnung: “Ich unterschreibe. Ich sehe, dass Ihre (Putins) Unterschrift und aller Mitglieder des Obersten Staatsrates unter dem Dekret stehen. Wenn es Ihnen recht ist, unterschreibe ich das Dekret. Aber jeder wird Verantwortung tragen, nicht nur ich.”

Die im September vereinbarten Unions-Programme sehen die Integration der Währungssysteme beider Länder vor, aber auch die Schaffung eines gemeinsamen Zahlungsraums und die Einführung neuer Regeln bei der Besteuerung. Zudem sollen die Gesetzgebungen beider Länder vereinheitlicht werden. Ferner ist ein Binnenmarkt im Energiebereich sowie eine gemeinsame Industrie- und Agrarpolitik geplant.

Das nun unterzeichnete Dokument beinhaltet auch ein Konzept für eine Migrationspolitik des Unionsstaates von Belarus und Russland sowie eine aktualisierte Militärdoktrin. “Wir beabsichtigen, uns gemeinsam allen Versuchen zu widersetzen, sich in die inneren Angelegenheiten unserer souveränen Staaten einzumischen. Und Russland wird natürlich dem belarussischen Brudervolk weiterhin Hilfe leisten. Hier besteht kein Zweifel”, sagte Putin bei der Sitzung des Obersten Staatsrates.

Details zu allen 28 Unions-Programmen zur Integration liegen allerdings nicht vor. Unklar ist auch, wie die Programme umgesetzt werden sollen.

Lange Geschichte einer Integration. Putin und Lukaschenko hatten bei einem Treffen in Moskau am 9. September 2021 jene 28 Unions-Programme zur Integration vereinbart.

Aber die Geschichte der Integration selbst ist schon viel länger. Seit 1999 debattieren die russische und belarussische Führung über eine politische Integration beider Länder. In den Jahren 2019-2020 wurde schließlich über 31 “Roadmaps” verhandelt, die eine Integration in verschiedenen Bereichen der Wirtschaft und der Verwaltung vorsehen. Entwürfe jener “Roadmaps” wurden aber nie veröffentlicht. Welche von ihnen nun gebilligt wurden, ist unklar. Laut Medienberichten sind Initiativen zur politischen Integration, einschließlich der Schaffung supranationaler Machtstrukturen, nicht Teil der jetzigen Unions-Programme geworden.

Die Verhandlungen über eine Vertiefung der Integration waren in eine abschließende Phase eingetreten, nachdem das Lukaschenko-Regime im Sommer und Herbst 2020 Massenproteste gegen die Staatsmacht unterdrückt hatte. Vertreter der belarussischen Opposition befürchten seitdem, Lukaschenko könnte die Souveränität von Belarus zugunsten einer Unterstützung Moskaus aufgeben.

Wie wird die Entwicklung in der Ukraine gesehen? Sollte die Russische Föderation Belarus in der einen oder anderen Form schlucken, würde die Ukraine entlang ihrer Nordgrenze eine zusätzliche “Gefahrenquelle von 1000 Kilometern Länge” erhalten, was eine Bedrohung für ihre Souveränität und territoriale Integrität darstellen würde. Das erklärte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba noch Anfang September im ukrainischen Fernsehen.

“Um die Ernsthaftigkeit ihrer Integrations-Absichten im Rahmen des Unionsstaates zu demonstrieren, wird bewusst nicht nur über die Pläne von 28 Programmen zur wirtschaftlichen Integration gesprochen, sondern auch über einen gemeinsamen Verteidigungsraum”, so Kuleba. Er fügte hinzu, die russisch-belarussischen Militärmanöver “West 2021” müsste man genau beobachten, denn die dort geübten Szenarien würden sehr ernste Risiken bergen.

Dem ukrainischen Außenminister zufolge hat Lukaschenko zwar gelernt, mit Russland sein Spiel zu treiben, aber er “gibt nur vor, die Lage unter Kontrolle zu haben”. Wie tief die Integration zwischen Russland und Belarus gehen werde, bestimme Putin.