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Selenskyjs Gespräch mit Biden: Was darüber bekannt ist

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und der US-Präsident Joe Biden haben am Donnerstag ein eineinhalb Stunden langes Telefongespräch geführt. Es fand in einer angespannten Zeit statt – nach Bidens Gesprächen mit Putin am Dienstag und weiteren Gesprächen zwischen dem amerikanischen Präsidenten und europäischen Staats- und Regierungschefs. Was ist über das Gespräch mit Selenskyj bekannt?

Was sagt der Leiter des ukrainischen Präsidialamts Andrij Jermak? Unmittelbar nach dem Ende des Telefongesprächs am späten Abend des 9. Dezember berichtete der Leiter des Präsidialamts Andrij Jermak über das Gespräch in einer Livesendung des ukrainischen TV-Kanals 1+1. So habe Biden Selenskyj versichert, offen mit Putin gesprochen und diesen vor allen Konsequenzen gewarnt zu haben, falls der Kreml beschließen sollte, die Lage an der ukrainischen Grenzen zu eskalieren und in die Ukraine einzumarschieren. 

“Biden sagte sehr deutlich, dass er und seine Partner zu beispiellosen Sanktionen bereit seien. Zweitens machte Biden sehr deutlich, dass die Entscheidung, der NATO beizutreten, allein eine Entscheidung des ukrainischen Volkes, eines souveränen unabhängigen Staates sei, und dass er nicht bereit sei, das Thema zu diskutieren. Es hänge nur von der Ukraine und den NATO-Mitgliedern ab. Biden wiederholte gegenüber Putin, dass alle Verhandlungen und Entscheidungen in Bezug auf die Ukraine nicht ohne die Ukraine stattfinden können. Angesprochen hat unser Präsident das Thema Nord Stream 2 und die Warnungen, die wir von unseren Kollegen in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und anderen erhalten haben, die nicht nur die Eskalation an unseren Grenzen, sondern auch eine Destabilisierung von Innen betreffen”, sagte Jermak.

Darüber hinaus wollen sich die Vereinigten Staaten laut Jermak stärker in den Prozess zur Lösung der Lage in der Ostukraine einbringen. “Heute können wir klar sagen, dass die Vereinigten Staaten beschlossen haben, sich aktiv am Friedensprozess zu beteiligen. Wie dies aussehen wird, hängt von vielen Umständen ab. Es kann ein paralleler Track zum Normandie-Format sein, denn wir müssen definitiv respektieren, dass unsere Partner Deutschland und Frankreich in diesen acht Jahren viel getan haben. Aber die Vereinigten Staaten haben eine klare Entscheidung getroffen, an diesem Prozess aktiv mitzuwirken. Sie sind sehr daran interessiert, dass in der Ukraine Frieden einzieht”, betonte Jermak.

Über Minsk und direkte Gespräche zwischen Selenskyj und Putin. Der stellvertretende Leiter des ukrainischen Präsidialamtes, Andrij Sybiha, betonte in einer Stellungnahme unmittelbar nach Selenskyjs Telefongespräch mit Biden ebenfalls im Sender 1+1 zwei Elemente: die Minsker Vereinbarungen und direkte Gespräche zwischen Selenskyj und Putin. So habe in seinem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Vision zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen vorgestellt. Einzelheiten dazu sagte er jedoch nicht. “Die ukrainische Seite hat ihre Vision von weiteren Schritten bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen auf der Grundlage des ukrainischen nationalen Interesses vorgestellt”, so Sybiha.

Ihm zufolge war “das Gespräch zwischen den Präsidenten produktiv, substanziell und inhaltsvoll. Das Schlüsselthema war natürlich die Sicherheitsfrage im Verteidigungs-, Militär- und Energiebereich”, sagte er und fügte hinzu, dass Selenskyj auch zu direkten Gesprächen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bereit sei. “Westliche Partner unterstützen die Position, solche Gespräche zu führen, einschließlich der amerikanischen Seite”, sagte Sybiha.

Am 1. Dezember hatte Selenskyj in seiner Jahresansprache vor dem ukrainischen Parlament die Notwendigkeit direkter Gespräche mit Russland erläutert. “Ohne direkte Gespräche mit Russland werden wir den Krieg nicht beenden können. Das haben heute bereits alle externen Partner erkannt, betonte Selenskyj.

Der Kreml lehnte das Angebot allerdings schnell wieder ab. “Wir wissen von Versuchen, Russland als Partei in diesem Konflikts darzustellen. Das ist falsch. Der Krieg im Donbass kann nur durch Verhandlungen zwischen Ukrainern und Ukrainern gestoppt werden. Dies ist ein Bürgerkrieg, der durch die bekannten Ereignisse von 2014 provoziert wurde”, erklärte Putins Sprecher Dmitrij Peskow.

Unterdessen hat in der Ukraine eine Diskussion darüber, ab ein Format direkter Verhandlungen mit dem Aggressorstaat zulässig ist, bereits begonnen. Abgeordnete der Parteien “Europäische Solidarität” und “Holos” (Stimme) sind dagegen. Der Vorsitzende der “Oppositions-Plattform fürs Leben”, Jurij Bojko, ist dafür. Er sagte, seine Partei warte schon lange auf direkte Gespräche, um den Krieg zu beenden. Doch die Partei hat eigene Vorstellung von direkten Verhandlungen. Bojko hatte zuvor erklärt, dass sie mit den Rebellen geführt werden sollten und Russland nur Vermittler sein sollte.

Stellungnahme von Präsident Selenskyj. Angesichts des späten Endes des Gesprächs mit Joe Biden kommentierte Selenskyj es nur sehr kurz auf Twitter. “Ich habe gerade ein eineinhalbstündiges Gespräch mit US-Präsident Joseph Biden beendet. Der US-Präsident hat mich über den Inhalt seiner Gespräche mit Wladimir Putin informiert. Es wurde auch über mögliche Formate zur Lösung des Donbass-Konflikts diskutiert”, schrieb er. Außerdem, so Selenskyj, habe er und sein amerikanischer Amtskollege “den Kurs der inneren Reformen in der Ukraine angeschnitten”. Weitere Angaben machte er nicht.