Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine
Die Lage im Kampfgebiet ist stabil, auch wenn es täglich zu geringfügigen Verstößen gegen die Waffenruhe kommt. Am 18. September wurden zwei Verstöße durch die russischen Besatzungstruppen gegen die Waffenruhe registriert. So eröffnete der Feind unweit der Ortschaft Wodjane das Feuer auf ukrainische Stellungen mit einem Granatwerfer und in der Nähe von Nowotoschkiwske mit einem großkalibrigen Maschinengewehr. Die provokativen Schüsse gefährdeten jedoch nicht das Leben ukrainischer Soldaten, sodass kein Gegenfeuer eröffnet wurde. Das teilte der Stab der ukrainischen Vereinten Kräfte mit. Ähnliche vereinzelte provokative Angriffe gab es auch an anderen Wochentagen.
OSZE: Verstöße mit Granatwerfern und Panzern. Laut einem am 15. September 2020 veröffentlichten Bericht der OSZE-Sonderbeobachtermission hat die OSZE mit einer Drohne Verstöße der russischen Besatzungstruppen in Gebieten festgestellt, die nicht von Kiew kontrolliert werden. So wurden in der Region Donezk bei Nowoseliwka sieben Panzer und drei Granatwerfer der prorussischen Rebellen entlang der Rückzugslinie gefunden, die sich außerhalb der ausgewiesenen Lagerbereiche befanden. Ferner wurden bei Pokrowske laut dem Pressezentrum der ukrainischen Vereinten Kräfte drei Haubitzen und zehn Panzer entdeckt. Die ukrainische Seite im Gemeinsamen Kontroll- und Koordinierungszentrum betont, dass diese Fakten eindeutig auf eine Verletzung der Minsker Vereinbarungen und die am 22. Juli 2020 getroffenen Abmachungen zur Stärkung der Waffenruhe hindeuten.
Tote und Verwundete. Am 16. September kam im Bezirk Nowotoschkiwske ein ukrainischer Verteidiger durch unachtsamen Umgang mit einer Granate ums Leben. Und am 15. September starb ein Soldat in der Nähe von Wodjane in der Region Asow während Bauarbeiten durch eine unbekannte Sprengvorrichtung. Am selben Tag wurden nahe Schumy in der Region Donezk infolge der Explosion einer RGD-5-Granate, die wahrscheinlich in Form einer Sprengfalle aufgestellt worden war, zwei Soldaten verwundet. Sie wurden in das Krankenhaus vom Torezk gebracht. Ihr Zustand ist stabil und befriedigend.
Donbass-Verhandlungen: Ist eine Verlegung nach Österreich möglich?
Die Massenproteste in Belarus haben die Frage aufgeworfen, ob es noch angemessen ist, die Gespräche zur Lösung des Konflikts im Donbass weiterhin in Minsk abzuhalten. Ein Grund für die Verlegung der Treffen könnte beispielsweise das Eingreifen russischer Truppen in Belarus sein, was faktisch die Besetzung des Landes bedeuten würde. Derzeit ist das Problem nicht akut, da sich die Delegationen aufgrund der Coronavirus-Pandemie nach wie vor nicht physisch in Minsk treffen, sondern online Gespräche führen. Dennoch wird die Verlegung der Gespräche in diplomatischen Kreisen diskutiert und von Politikern kommentiert.
Position des Außenministeriums der Ukraine. Anfang September betonte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba, dass es nicht dringend notwendig sei, den “Minsker Prozess” an einen anderen Ort zu verlegen. Gleichzeitig, so der ukrainische Minister, sei sich das offizielle Kiew durchaus bewusst, dass die Notwendigkeit, die Gespräche von Minsk aus zu verlegen, jederzeit eintreten könnte. “Daher suchen wir nach möglichen Alternativen. Aber es muss eine Reihe von Faktoren geben. Um eine solche Entscheidung zu treffen, muss es nicht unbedingt einen Einmarsch russischer Truppen geben. Es können auch andere Ereignisse eintreten, die Minsk als Verhandlungsort inakzeptabel machen würden”, sagte der Diplomat. Er fügte hinzu, das könnten humanitäre, politische, menschenrechtliche, geheimdienstliche und sicherheitsmäßige Ereignisse sein.
Erklärung des österreichischen Bundeskanzlers. Mitte September erklärte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz seine Bereitschaft, Wien als Ort für Gespräche zur Lösung des Konflikts im Donbass anzubieten. Dies sagte er bei einem Briefing nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Kurz betonte, er sei mit diesem Thema, also der Verlegung der Verhandlungen von Minsk, gut vertraut. Sollte die Möglichkeit besteht, einen Beitrag dazu leisten zu können, sei Österreich immer bereit. Die Entscheidung liege aber bei der ukrainischen und russischen Seite. Kurz betonte, Wien habe den Dialog immer aktiv gefördert und versucht, seine Kontakte zwischen dem Westen und dem Osten im Interesse aller Parteien zu nutzen.
Erklärung des Präsidenten der Ukraine. Wolodymyr Selenskyj betonte seinerseits, eine Verlegung der Donbass-Verhandlungen aus Minsk werde man erst nach einer Regelung der Lage in Belarus erörtern.
Position des Leiters der ukrainischen Delegation in Minsk. Der ehemalige ukrainische Präsident Leonid Krawtschuk, Leiter der ukrainischen Delegation in der Trilateralen Kontaktgruppe, hält den Vorschlag, die Gespräche nach Österreich zu verlegen, für gut. “Die jetzige politische Situation in Belarus ist für die Arbeit in Minsk nicht förderlich. Die Menschen haben sich gegen Lukaschenko erhoben, und alles deutet darauf hin, dass die Proteste andauern werden. Es ist sehr schwierig, unter solchen Bedingungen zu arbeiten”, sagte Krawtschuk. Er stellte fest, sollte sich nichts ändern, müssten die Mitglieder der Trilateralen Kontaktgruppe nach einem anderen Ort Ausschau halten. Die Entscheidung darüber müsste aber die OSZE als Moderator treffen. “Es geht hier um eine internationale Plattform. Entsprechend müssen Entscheidungen auf internationaler Ebene getroffen werden”, fügte Krawtschuk hinzu.
Umfrage: Ukrainer sind zunehmend pessimistisch
Laut einer Umfrage der Gruppe “Rating”, die vom 3. bis 6. September 2020 durchgeführt wurde, finden 68% der Befragten, dass die Dinge in der Ukraine in die falsche Richtung gehen, und 18% meinen, dass sie in die richtige Richtung gehen.
Wirtschaft. 63% der Befragten sind davon überzeugt, dass sich die wirtschaftliche Situation in der Ukraine in den letzten sechs Monaten eher verschlechtert hat. Nur 7% sehen eine Verbesserung und 26% sehen keine Veränderung. 49% der Befragten gaben an, dass sich die wirtschaftliche Situation ihrer Familie verschlechtert hat. Nur 6% sagten, ihre finanzielle Lage habe sich verbessert. 44% finden, dass sich nichts geändert hat.
Wirtschaftsaussichten. Was die nahe Zukunft angeht, erwarten 32% der Befragten in den nächsten sechs Monaten keine Veränderung der wirtschaftlichen Lage, 43% erwarten eine Verschlechterung und 15% eine Verbesserung.
Regierungskompetenz und Wirtschaft. 57% sind davon überzeugt, dass der Hauptgrund für die Wirtschaftskrise in diesem Herbst Inkompetenz der Regierung ist. 26% sehen die Ursache in der Verschärfung der Coronavirus-Epidemie und 8% im anhaltenden Donbass-Krieg.
Kampf gegen das Coronavirus. 45% der Befragten halten die von den Behörden ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus für optimal. 23% finden sie zu schwach und 18% für zu hart. Es ist bemerkenswert, dass seit April die Zahl derer zunimmt, die glauben, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Epidemie zu nachsichtig sind, während die Zahl derer, die die Maßnahmen als zu hart empfinden, ebenfalls zunimmt. 61% sagen im Zusammenhang mit den Risiken der Epidemie, dass sie die wirtschaftlichen Folgen dieser Krise mehr fürchten als die Krankheit selbst. Andererseits gaben 29% an, größere Angst vor der Krankheit zu haben.
Bewertung der Staatsmacht. 35% der Befragten sind mit der Arbeit von Präsident Wolodymyr Selenskyj zufrieden und 57% sind mit ihr unzufrieden. 23% sind mit der Tätigkeit des Vorsitzenden des ukrainischen Parlaments, Dmytro Rasumkow, zufrieden, 55% sind mit ihr unzufrieden und 23% haben keine Meinung dazu. Nur 14% sind mit der Arbeit von Premierminister Denys Schmyhal zufrieden, 59% sind unzufrieden und 27% konnten sie nicht bewerten. Die meisten Befragten sind mit der Arbeit der Regierung (73%) und der des Parlaments (76%) unzufrieden.
Gesellschaft: Pride in Saporischschja für LGBT-Rechte
In Saporischschja hat am 20. September erstmals ein Pride für LGBT-Rechte stattgefunden. An der Kundgebung im Zentrum der Stadt nahmen rund 500 Aktivisten aus Saporischschja, Kiew, Charkiw, Cherson und anderen Städten des Landes teil.
Laut “Gender Z”, einem der Organisatoren des LGBT-Pride in Saporischschja, sollte mit der Aktion auf die Diskriminierung der LGBT-Gemeinschaft in der Ukraine aufmerksam gemacht werden. Laut der Menschenrechtsorganisation “Unsere Welt” wurden 2019 mindestens 369 LGBT-feindliche Taten begangen. Die Kundgebung wurde über sechs Monate vorbereitet. Aufgrund der Corona-Maßnahmen mussten die Teilnehmer Masken tragen und untereinander Abstand halten.
Noch vor Beginn der Kundgebung versammelten sich auch Gegner des Pride in Zentrum der Stadt. Der LGBT-Pride wurde von mehr als 700 Polizisten gesichert. Nach Abschluss des Marsches fuhren die Teilnehmer organisiert in Bussen an einen sicheren Ort. Drei Gegner der LGBT-Kundgebung hatten zuvor versucht, eine Polizeikette zu durchbrechen. Bei einem von ihnen stellte die Polizei einen Gegenstand sicher, der wie eine nichttödliche Waffe aussah.
Wie die Ukraine gegen COVID-19 kämpft
In der Ukraine wurde am 20. September binnen 24 Stunden bei 2675 Menschen eine Coronavirus-Infektion bestätigt. 672 Patienten wurden als genesen gemeldet und 26 sind verstorben. Insgesamt wurde in der Ukraine bisher bei 178.353 Menschen das Coronavirus diagnostiziert. Davon sind inzwischen 78.184 Menschen genesen und 3583 verstorben. 96.586 Personen werden derzeit wegen COVID-19 behandelt.