Kiew, 9. April 2015 – Die vorigen Machthaber wollen sich mit Hilfe der Aufhebung des Lustrationsgesetzes durch das Verfassungsgericht revanchieren. Dies erklärte Jegor Sobolew, Parlamentsabgeordneter der Partei „Samopomitsch“, Kommissionsvorsitzender bei der Werchowna Rada zu Fragen der Korruptionsverhinderung und -bekämpfung und Vorsitzender des öffentlichen Lustrationsausschusses während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center. Nach Angaben des Abgeordneten begann ab dem ersten Tag seit der Beschließung dieses Gesetzes eine mächtige Diskreditierungskampagne. Nach Meinung von Jegor Sobolew setzten Vertreter der vorigen Machthaber auf eine interne Konfrontation. Sie versuchen, das Gesetz durch das Verfassungsgericht der Ukraine anzufechten. Zuerst wandte sich der Auslandsgeheimdienst an das Gericht und dann Verfassungsrichter und Mitglieder des „Oppositionsblocks“ (Nachfolge der „Partei der Regionen“). „Aufgrund dieses Gesetzes wurden 500 Beamte entlassen. Staatsanwälte, Steuerinspektoren, Milizchefs und Leiter von Staatsbehörden“, ergänzte er.
Jegor Sobolew erklärte, dass es eine gewisse Wahrscheinlichkeit gibt, dass dieses Gesetz durch das Verfassungsgericht aufgehoben wird, weil dort immer noch Leute von Janukowitsch sitzen. Er berichtete, dass die Werchowna Rada die Verfassungsrichter austauschte, die dem ehemaligen Präsidenten „Diktatorenvollmachten“ gaben und die einer Verfassungsänderung zustimmten. Die Rada wandte sich an die Generalstaatsanwaltschaft mit der Forderung, die Richter zu überprüfen, welche bei den Verfassungsänderungen beteiligt waren. Das Parlament schlug dem Präsidenten auch vor, diese Verfassungsrichter abzuberufen. Allerdings verging bereits ein Jahr und bis heute ist nichts geschehen. „Nach unserer Analyse sind 12 von 17 Verfassungsrichtern noch Leute von Janukowitsch. Darunter 7 Personen, die ihm 2010 „Diktatorenvollmachten“ gaben“, sagte er.
Sergej Iwanow, Blogger und Journalist aus Luhansk, sowie Mitglied des öffentlichen Rats zu Lustrationsfragen am Justizministerium und Mitglied des öffentlichen Lustrationsausschusses, merkte an, dass es bis heute kein Gerichtsurteil gibt; niemand der Richter wurde zur Verantwortung gezogen. „Es gibt viele Gründe, zumindest diesen Richtern auf unserer Schwarzen Liste (Baulin, Brinzew, Wdowitschenko, Gultaj, Saporoschez, Sergejtschuk und Schaptala) die Gerichtsvollmachten zu nehmen und sie zur Verantwortung zu ziehen, weil sie den Mechanismus und die Legitimation für die illegale Machtübernahme in einem modernen europäischen Land ermöglichten“, erklärte der Journalist.
Im Zusammenhang mit der Rechtmäßigkeit der Prüfung des Lustrationsgesetzes vor dem Verfassungsgericht wies Karl Woloch, Mitglied des Rats zu Lustrationsfragen am Justizministerium und Mitglied der Arbeitsgruppe zur Nachbearbeitung des Gesetzes und Mitbegründer des öffentlichen Lustrationsausschusses, darauf hin, wer den Anruf ans Verfassungsgericht unterschrieb – unter anderem Richter des Obersten Gerichts. „Mindestens ein Teil von ihnen sind Personen, die einen offenen Interessenkonflikt in diesem Fall haben. Sie sind unter anderem am wenigsten auf die Eigentumslustration vorbereitet. Im Unterschied zu anderen Beamten sollten diese Richter ihre Steuer- und Vermögenserklärung öffentlich machen, aber sie schützten sich durch das Verfassungsgericht davor“, sagte er. Der öffentliche Lustrationsausschuss und der öffentliche Rat zu Lustrationsfragen am Justizministerium fordern von den Rechtschutzorganen, Rechenschaft darüber abzulegen, was mit der Untersuchung der illegalen Machtübernahme passiert, und andererseits bitten sie die Rechtschutzorganen, Rechenschaft darüber abzulegen, was mit der Untersuchung von Amtsmissbräuchen jedes Richters geschieht.