Janukowytschs Erbe, PACE ohne Russland, Meinungsumfragen in der Ukraine und Russland sowie weitere Informationen: Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten #42, 8.-15. Januar 2018

Die Situation im Kampfgebiet in der Ostukraine

OSZE: Täglich 500 Verstöße. Seit der Vereinbarung der “feiertäglichen Waffenruhe” vom 23. Dezember ist der Beschuss im Kampfgebiet im Donbass deutlich zurückgegangen. Doch es gab keinen Tag, an dem die Seiten die Waffenruhe vollständig eingehalten haben. “Seit dem 28. Dezember hat die Sonderbeobachtermission der OSZE im Durchschnitt täglich 500 Verstöße gegen die Waffenruhe verzeichnet”, sagte Alexander Hug, Erster stellvertretender Leiter der OSZE-Sonderbeobachtermission in der Ukraine, auf einer Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center.

UN-Friedensmission nicht umsetzbar? Russland habe alle wichtigen Bestimmungen bezüglich eines Mandats für eine UN-Friedensmission im Donbass abgelehnt und in nächster Zeit seien diesbezüglich auch keine Fortschritte zu erwarten, meint der ständige Vertreter der Ukraine bei den Vereinten Nationen, Wolodymyr Jeltschenko. Russland besteht weiterhin auf einer Mission, bei der UN-Friedenstruppen die OSZE-Beobachter bewachen würden. Die ukrainische Position in dieser Frage ist unverändert: Friedenstruppen müssten an der Staatsgrenze zwischen der Ukraine und Russland stationiert sein. Ein Kompromiss ist derzeit nicht abzusehen.


Recherchen von Al Jazeera: Warum wurde die Rückführung von Janukowytschs Geldern im Jahr 2017 zu einem Staatsgeheimnis?

Am 10. Januar hat der TV-Sender Al Jazeera aus Katar ein in der Ukraine als geheim eingestuftes Dokument veröffentlicht. Es geht um ein Urteil des Gerichts im Bezirk Kramatorsk (Region Donezk) vom 28. März 2017. Es hatte dem Generalstaatsanwalt der Ukraine, Jurij Luzenko, im vergangenen Jahr erlaubt, zugunsten des ukrainischen Staates 1,5 Milliarden Dollar zu konfiszieren. Luzenko behauptet, das Geld habe dem ehemaligen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowytsch gehört. Interessant an dieser Geschichte ist, dass der Gerichtsentscheid als “Staatsgeheimnis” eingestuft wurde.

Janukowytschs Verbrechen. Zwischen 2010 und 2014 hatte “Janukowytschs kriminelle Vereinigung” und eine seiner “Untereinheiten”, Serhij Kurtschenkos Unternehmensgruppe SEPEK (Osteuropäische Brennstoff- und Energiegesellschaft), durch Scheingeschäfte Mittel aus der Nationalbank, der staatlichen Oschadbank, der ukrainischen staatlichen Energiegesellschaft Naftogas, aus dem Agrarfonds sowie aus einigen anderen staatseigenen Unternehmen entwendet. Dann wurden die Gelder über Hunderte fiktive Firmen auf Konten von zehn Offshore-Gesellschaften außer Landes gebracht. Nach der Revolution der Würde wurden im Herbst 2014 die Konten der Offshore-Gesellschaften in den ukrainischen Banken “eingefroren”, bis im letzten Jahr jenes Gericht dem Staat erlaubte, die Gelder zu beschlagnahmen.

Für wen stellt das Gerichtsurteil heute bloß? Der als geheim eingestufte Gerichtsentscheid birgt sehr wichtigsten Informationen. Sie betreffen gerade die Seilschaften, über die “Janukowytschs kriminelle Vereinigung” staatliche Gelder außer Landes geschafft hatte. Wie sich herausstellte, war daran auch die “Investment Company of Ukraine” (ICU) beteiligt. Deren Vorstandsvorsitzende war damals Walerija Hontarjewa. Sie war später – ab dem Sommer 2014 bis zum Frühjahr 2017 – Chefin der ukrainischen Nationalbank. Im Sommer 2014 verkaufte Hontarjewa ihren Anteil an der ICU und verließ die Investitionsgesellschaft. Ferner betreut die ICU seit vielen Jahren auch Geschäfte von Präsident Petro Poroschenko. So begleitete die ICU im Jahr 2014 nach der Wahl von Poroschenko zum Präsidenten der Ukraine die Überführung von dessen Unternehmen in einen “Blind Trust”. Zu diesem Zweck meldete sie eine Offshore-Gesellschaft auf den Britischen Jungferninseln an.

Fragen an den Präsidenten und den Generalstaatsanwalt. Fast ein Jahr nach der Konfiszierung von Janukowytschs Geldern wäre es an der Zeit, dass Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko erklärt, warum der Gerichtsentscheid aus Kramatorsk als Staatsgeheimnisse betrachtet wird. Hängt diese Vorsicht der Staatsmacht damit zusammen, dass in dem Urteil die ICU erwähnt wird, die mit Poroschenkos Team in Verbindung gebracht wird? Informationen darüber, dass eine Investitionsgesellschaft, die Geschäfte des ukrainischen Präsidenten betreut, früher im Dienste finanzieller Interesse von Viktor Janukowytsch gestanden hat, trägt nicht zu Poroschenkos Beliebtheit bei.

Russland wird 2018 nicht in die PACE zurückkehren

Am 11. Januar wurde bekannt, dass die Pläne der Russischen Föderation, in die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) zurückzukehren, gescheitert sind. Der Ukraine und ihren Partnern ist es bisher gelungen, Russlands Pläne zu stoppen. Russland könne 2018 zu Hause bleiben und die PACE werde ohne das Land arbeiten, betonte auf Twitter Dmytro Kuleba, Ständiger Vertreter der Ukraine beim Europarat. Die Ukraine habe ihre Partner mobilisiert und verhindern können, dass nur der Russen wegen die institutionelle Glaubwürdigkeit des Europarats vernichtet werde, so Kuleba.

So begann alles. Russland wurde 2014 wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim und der Besetzung von Teilen des Donbass in der Ostukraine aus der PACE ausgeschlossen. Auch wurden von europäischer Seite gegen Russland Sanktionen verhängt. Ein Land, gegen das Sanktionen gelten, kann nicht in der PACE sein. Zwischen Oktober und Dezember 2017 hatte Russland versucht, in die PACE zurückzukehren. Um dies zu erreichen, hätte die Geschäftsordnung der PACE geändert werden müssen. Seit Sommer 2017 setzte Russland den Europarat finanziell unter Druck, indem es keine Beiträge mehr an ihn zahlte. Dies führte zu einem Haushaltsdefizit, den Experten auf sieben Prozent schätzen. Außerdem führte Russland eine PR-Kampagne in den Medien, wonach eine Rückkehr Russland in die PACE notwendig sei. Doch dies blieb bisher ohne Erfolg. Von sich aus meldete Russland sich für die Januar-Sitzung der PACE nicht mehr an. Somit kann es sich bis Ende 2018 an der Arbeit der PCAE nicht beteiligen.

Worauf muss man nun achten? Die Unterstützer einer Rückkehr Russlands in die Parlamentarische Versammlung des Europarats haben noch nicht aufgegeben. Der neue PACE-Präsident, der italienische Sozialist Michele Nicoletti, will die Russen zurück haben. Das PACE-Büro hat eine Sondergruppe eingerichtet, die sich mit der Frage der Vertretung Russlands in beiden Organen des Europarates befassen wird, also mit der Rückkehr von Vertretern der Russischen Föderation in die PACE. Mit Hilfe der prorussischen Lobby im Europarat wird man versuchen, die PACE-Geschäftsordnung zu ändern, und zwar mit dem Ziel, die Möglichkeit zu beseitigen, Sanktionen gegen Delegationen von Mitgliedsländern zu verhängen. Dagegen werden die Ukraine und ihre Partner im Jahr 2018 kämpfen müssen. Nur eine geschlossene Haltung und gemeinsame Anstrengungen werden zu einem Erfolg führen.

Krim: Fast 1500 Ausländer dürfen nicht mehr auf die Halbinsel reisen

Am 13. Januar hat der Staatliche Grenzdienst der Ukraine bekannt gegeben, dass wegen Reisen auf die von Russland annektierte ukrainischen Halbinsel Krim, die von den ukrainischen Behörden nicht genehmigt waren, rund 1500 ausländische Staatsbürger nicht mehr in die Ukraine einreisen dürfen.

Für wen gilt das Verbot? Auf der Liste stehen mehr als 100 Künstler und Kulturschaffende. Allein seit Neujahr 2018 haben mehr als 30 Personen die Halbinsel entgegen den geltenden ukrainischen Gesetzen besucht. Untersuchungen haben ergeben, dass mehr als 810 Personen sich möglicherweise auf der Krim aufgehalten haben. Insgesamt wurden im Jahr 2017 wegen der Verletzung der für die Krim geltenden ukrainischen Einreisebestimmungen fast 2300 Verstöße zu Protokoll gegeben.

Ermittlungen gegen deutsche Unternehmen. Der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) führt strafrechtliche Untersuchungen wegen einer möglichen Geschäftstätigkeit der deutschen Unternehmen DHL Express, Adidas und Puma auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim durch.

Regeln für die Einreise auf die Krim. Die ukrainischen Behörden betrachten die Einreise ausländischer Staatsbürger auf die Krim nur dann als legal, wenn dies über die ukrainische Grenze mit Erlaubnis der zuständigen ukrainischen Behörden geschieht. Eine Reise auf die Krim muss über das Territorium der Ukraine verlaufen. Die Einreise auf die Halbinsel vom Territorium der Russischen Föderation aus zieht eine strafrechtliche Verantwortung nach sich.

Umfrage: Was denken die Ukrainer über Korruption?


Die Korruption ist nach wie vor in den Augen der ukrainischen Bürger das größte Problem. Laut einer landesweiten Umfrage der Ilko-Kutscheriw-Stiftung “Demokratische Initiativen” betrachten 80 Prozent der Ukrainer den Kampf gegen Korruption als erfolglos. 46 Prozent meinen, er sei völlig gescheitert. Als die aktivsten Bekämpfer von Korruption gelten die Medien (26 Prozent), das Nationale-Anti-Korruptions-Büro (24 Prozent) und Nichtregierungsorganisationen im Bereich der Korruptionsbekämpfung (21 Prozent). In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass die Ukrainer über die Schaffung eines Anti-Korruptions-Gerichts denken. 42 Prozent der Befragten sind bereit, die Bildung eines Anti-Korruptions-Gerichts Vertretern von Anti-Korruptions-NGOs zu überlassen und 41 Prozent wollen dies Experten aus westlichen Ländern anvertrauen.

Wer sind Russlands Feinde? Eine Umfrage unter Russen


Eine Umfrage des russischen Lewada-Zentrums hat gezeigt, dass 66 Prozent der Russen die Frage bejahen, ob das heutige Russland Feinde hat. 21 Prozent haben die Frage verneint. Die größten Feinde Russlands sind aus Sicht der Befragten die USA (68 Prozent), die Ukraine (29 Prozent) und die Europäische Union (14 Prozent). Danach folgen die ehemaligen Sowjetrepubliken (10 Prozent), Polen (8 Prozent), Deutschland, die NATO und Großbritannien (jeweils 6 Prozent), Anhänger des Islamischen Staates (5 Prozent) und schließlich die Staaten des Nahen Ostens (4 Prozent). Diejenigen, die heute in Russland an der Macht sind – Beamte, die Regierung und “Putins Freunde” – kommen insgesamt auf 4 Prozent.