Arbeitsmigration aus der Ukraine, die reichsten Ukrainer sowie weitere Themen: Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten #55, 16.-23. April 2018

 Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Im Osten der Ukraine gibt es weiterhin Kämpfe. Die prorussischen Rebellen nutzen häufiger Panzer und haben zum ersten Mal seit langem wieder ein Mehrfach-Raketensystem “Grad” (Hagel) vom Typ BM-21 eingesetzt. Außerdem haben die Rebellen am 17. April mit Mörsern auf den Ort Sajzewe gefeuert und mit Kleinwaffen Beobachter des Gemeinsamen Kontroll- und Koordinationszentrums beschossen, die den Ort inspizieren wollten.

OSZE: Letzte Woche hat die OSZE-Sonderbeobachtermission (SMM) im Osten der Ukraine 4827 Verstöße gegen die Waffenruhe verzeichnet, was zehn Prozent mehr ist als eine Woche zuvor. Ferner stellte die SMM fest, dass 144 Waffen in Verletzung der Rückzugslinie aufgestellt wurden – davon 49 in von Kiew kontrollierten Gebieten und 95 in den von Kiew vorübergehend nicht kontrollierten Gebieten.

Alexander Hug, stellvertretender Leiter der OSZE-Beobachtermission

Zivilbevölkerung und Wasserversorgung. Die SMM bestätigte, dass letzte Woche im Osten der Ukraine elf Zivilisten verletzt und Dutzende Privat- und Mehrfamilienhäuser beschädigt wurden. “Allein im Bezirk Staromychayliwka haben unsere Beobachter im Umkreis von nur 800 Metern 13 beschädigte zivile Gebäude gezählt”, sagte der stellvertretende Leiter der OSZE-Beobachtermission, Alexander Hug.

Am 17. April wurden bei einem Angriff fünf Angestellte der Wasserfilteranlage von Donezk verletzt. Sie waren in einem Bus unter Beschuss geraten. Einen Tag später musste die Anlage ihren Betrieb einstellen. Am 22. April konnte die Filteranlage ihren Betrieb wieder aufnehmen, die mehr als 300.000 Menschen in den umliegenden Gebieten mit Wasser versorgt – sowohl in von Kiew kontrollierten Gebieten als auch in Gebieten, die von Kiew nicht kontrolliert werden.


Migration: Wie viele Ukrainer verlassen ihre Heimat?

 

Ukrainische Politiker wie auch ausländische Beobachter sprechen von einem Exodus von Ukrainern ins Ausland. Die ukrainische Organisation “VoxCheck” hat mit einer Studie die wirkliche Entwicklung untersucht. Das Ukraine Crisis Media Center stellt die wichtigsten Ergebnisse vor:

Die wichtigsten Zahlen: Nach Angaben der Vereinten Nationen gab es 2017 weltweit 258 Millionen Migranten. Das ist etwa drei Prozent der Weltbevölkerung. Was die Anzahl der Migranten angeht ist die Ukraine weltweit auf dem 8. Platz – fast sechs Millionen ihrer Bürger sind seit der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 ausgewandert.

Arbeitsmigration. Laut einer Umfrage des staatlichen ukrainischen Statistikamts arbeiteten zwischen 2014 und 2017 1,3 Millionen Ukrainer oder sieben Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung im Ausland. Diese Zahlen beziehen sich auf die legale Migration, aber viel schwieriger ist es, die illegale zu erfassen. Einige polnische Behörden sprechen von zwei Millionen ukrainischen Arbeitern allein in Polen. Aber wahrscheinlich ist diese Zahl zu hoch gegriffen. Denn im Jahr 2017 erhielten polnische Arbeitgeber von den Behörden 1,8 Millionen Genehmigungen, Ausländer für bis zu sechs Monate zu beschäftige. 90 Prozent dieser Genehmigungen (1,6 Millionen) wurden für ukrainische Arbeiter erteilt. Da die Genehmigungen für höchstens ein halbes Jahr erteilt werden und die ukrainischen Arbeiter sich demnach nicht das ganze Jahr über in Polen aufhalten dürfen, muss die Zahl von 1,6 Millionen halbiert werden. Man kann also von etwa 800.000 temporären ukrainischen Migranten in Polen ausgehen. Es kommen noch 150.000 Aufenthaltsgenehmigungen (ab 2018), 40.000 Langzeit-Migranten und 35.000 Studenten hinzu. Somit erreicht die Gesamtzahl der Ukrainer in Polen wahrscheinlich rund eine Million.

 

Wollen junge Ukrainer auswandern? Laut einer Umfrage der ukrainischen Forschungsgruppe “Rating” würden 53 Prozent der 18- bis 35-Jährigen gerne im Ausland leben. Davon wollen 31 Prozent definitiv auswandern und 22 Prozent sind sich noch nicht sicher. Gleichzeitig wollen 37 Prozent später in die Ukraine zurückkehren und 23 Prozent wollen dies höchstwahrscheinlich tun.


Die Ukraine im “Quality of Nationality Index”

 

Die Ukraine ist innerhalb eines Jahres vom 99. auf den 80. Platz im Ranking der wertvollsten Staatsbürgerschaften der Welt aufgestiegen. Laut dem “Henley & Partners – Kochenov Quality of Nationality Index” (QNI) gehört die Ukraine zu den drei Ländern, deren Staatsbürgerschaft am stärksten an Wert gewonnen hat. Der Index berücksichtigt bei der Bewertung einer Staatsbürgerschaft interne Faktoren wie die Wirtschaftskraft, menschliche Entwicklung, Frieden und Stabilität eines Land, aber auch externe Faktoren wie visafreie Reisen ins Ausland und die Möglichkeiten der Bürger, in anderen Ländern zu leben oder zu arbeiten.

Der Hauptgrund für den Aufstieg der Ukraine in dem Ranking ist die seit Mitte 2017 geltende visafreie Einreise für ukrainische Staatsbürger in die Länder der Schengen-Zone. Die Anzahl der Länder, die Ukrainer ohne ein Visum besuchen dürfen, ist innerhalb eines Jahres von 81 auf 115 gestiegen.

Den Autoren des Index zufolge könnte die Ukraine einen noch besseren Platz einnehmen, wenn es nicht die geopolitischen Probleme gäbe. So war das Land 2013 auf Platz 74 und im Jahr 2014 auf Platz 78. Doch der bewaffnete Konflikt in der Ostukraine, der seit Anfang 2014 anhält, hatte für eine Verschlechterung bei der Bewertung von Frieden und Stabilität geführt.

Zum Vergleich: Von 209 Ländern, die 2017 bewertet wurden, hat Frankreich zum ersten Mal in den letzten fünf Jahren den ersten Platz erreicht. Deutschland – Spitzenreiter des Vorjahres – ist auf den zweiten Platz gefallen.


Wer sind die reichsten Ukrainer?

 

Dem ukrainischen Magazin “Fokus” zufolge führt die Liste der 100 reichsten Menschen in der Ukraine für das Jahr 2017 erneut der Eigentümer der “SCM Group”, Rinat Achmetow, an. Sein Vermögen wird auf 3,1 Milliarden US-Dollar geschätzt. Laut Bloomberg rangiert Achmetow in der Rangliste der 500 reichsten Menschen der Welt auf Platz 393.

Laut “Fokus” kommt mit 1,6 Milliarden Dollar wie schon im Jahr davor Ihor Kolomojskyj (Miteigentümer der Gruppe “Privat”) auf Platz 2 und Hennadij Boholjubow (Miteigentümer der Gruppe “Privat”) mit 1,5 Milliarden Dollar auf Platz 3. Viktor Pintschuk, Gründer der “Interpipe Group”, kommt mit 1,4 Milliarden Dollar auf Platz 4. Der Milliardär und Besitzer von “Ferrexpo”, Konstantyn Schewago, ist auf Platz 5 aufgestiegen.

Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, ist nicht mehr in der Top 10. Er kommt mit einem Vermögen von 542 Millionen Dollar auf Platz 11. Seine Werft “Kusznya na Rybalskomu” konnte aber 2017 im Vergleich zum Vorjahr gemäß den International Financial Reporting Standards (IFRS) den Reingewinn um 119,1 Prozent auf 18,6 Millionen Hrywnja (rund 580.000 Euro) steigern.