Politische Gefangene, Korruptionsbekämpfung, Schattenwirtschaft und weitere Themen: Übersicht der ukrainischen Pressenachrichten #62, 18.-24. Juni 2018

Die Lage im Kampfgebiet im Osten der Ukraine

Letzte Woche war die Lage im Osten der Ukraine im Einsatzgebiet der ukrainischen Vereinigten Kräfte stabil und unter Kontrolle. Die meisten Kampfhandlungen wurden mit dem Einsatz von Kleinwaffen und Granaten unterschiedlicher Art geführt. Nachts erhöhte der Feind die Anzahl seiner Angriffe mit Artillerie großen Kalibers, was laut den Minsker Vereinbarungen verboten ist.

Rund um den Ort Nowotaschkiwske, Region Luhansk, ist die Lage nach wie vor angespannt. Neben Kleinwaffen und Granatwerfern setzten die Besatzer 122- mm-Artillerie und 120-mm-Mörser ein.

Am 20. Juni verletzten die von Russland unterstützten Rebellen 30 Mal die Waffenruhe, davon sechs Mal mit Artillerie und Mörsergranaten.

Im Frontabschnitt Mariupol, nahe den Ortschaften Starohnatiwka, Tschermalik, Talakiwka und Wodjane ist die Lage weiterhin angespannt.


Ukrainische politische Gefangene: Kommt Wolodymyr Baluch frei?

Dem vom Kreml kontrollierten “Gericht” in Simferopol auf der Krim liegt ein Antrag auf vorzeitige Freilassung des ukrainischen Aktivisten und politischen Gefangenen Wolodymyr Baluch vor. Am 25. Juni verschob das “Gericht” die Prüfung des Antrags auf den 5. Juli, berichtet die Anwältin des Gefangenen Olha Dinse. Baluch befindet sich seit dem 19. März in einem unbefristeten Hungerstreik und hat inzwischen 30 Kilogramm an Gewicht verloren.

Das sogenannte “Gericht” auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim hatte Baluch im Januar 2018 zu drei Jahren und sieben Monaten Straflager sowie zu einer Geldstrafe in Höhe von 10.000 Rubel verurteilt. Dies ist bereits der zweite “Prozess” gegen Baluch. Im August 2017 wurde er auf der annektierten Krim wegen angeblicher “Lagerung von Munition” zu 3,5 Jahren Gefängnis verurteilt. Baluch weist alle Vorwürfe gegen ihn als erfunden zurück.

Nach Ansicht ukrainischer Menschenrechtler wurde Baluch in Wirklichkeit festgenommen, weil er gleich nach der Annexion der Krim im Frühjahr 2014 über seinem Haus die ukrainische Staatsflagge gehisst hatte. Daraufhin drohten ihm die russischen Besatzer mit strafrechtlichen Konsequenzen. Ferner brachte Baluch Ende 2016 an seinem Haus ein Schild mit dem Straßennamen “Helden der Himmlischen Hundertschaft” an, um die Opfer der Revolution der Würde auf dem Kiewer Maidan zu ehren.

Insgesamt sitzen in Russland und auf der annektierten Krim 64 ukrainische politische Gefangene ein – 27 davon auf dem Gebiet der Russischen Föderation. 58 Gefangene wurden auf der Krim oder wegen Fällen im Zusammenhang mit der Krim inhaftiert. Diese Zahlen berücksichtigen aber nicht die Gefangenen, die auf dem Gebiet der selbsternannten “Volksrepubliken Donezk und Luhansk” festgehalten werden.


Korruptionsbekämpfung: Präsident ernennt NABU-Auditor

Am 19. Juni ist ein politischer Streit zu Ende gegangen, der fast anderthalb Jahre gedauert hatte. Dabei ging es darum, wer die drei Auditoren des Nationalen Anti-Korruptions-Büros (NABU) kontrolliert. Präsident Petro Poroschenko ernannte nun Pawlo Schebriwskyj, den ehemaligen Leiter der militärisch-zivilen Verwaltung im Gebiet Donezk, zum dritten Auditor des NABU.

Wer prüft die Arbeit des NABU? Neben dem Präsidenten ernennt auch die Regierung und das Parlament jeweils einen Auditor. Zusammen prüfen die drei Auditoren die Arbeit des NABU. Sollten sie zu einem negativen Ergebnis kommen, darf das Parlament den Leiter des NABU entlassen.

Am 7. Juni 2018 hatte das Parlament den bekannten Rechtsanwalt Wolodymyr Wasylenko zum NABU-Auditor ernannt. Er war viele Jahre Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Die Regierung setzte Mychajlo Buromenskyj als NABU-Auditor ein. Er ist ehemaliger Leiter des Lehrstuhls für Internationales Recht an der Nationalen Juristischen Jaroslaw-Mudryi-Universität in Charkiw und war ad hoc-Richter am Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie Leiter der ukrainischen Delegation in der Staatengruppe des Europarates gegen Korruption (GRECO).

Reaktionen von Beobachtern. Aktivisten kritisieren die Entscheidung von Petro Poroschenko. Schebriwskyj sei langjähriger Mitarbeiter des Präsidenten gewesen und gelte als dessen Freund. Daher könne er nicht unabhängig genug agieren. Zudem verfüge Schebriwskyj nicht über die vom NABU-Gesetz verlangte nötige Arbeitserfahrung als Auditor.

Auch das ukrainische Zentrum für Korruptionsbekämpfung meint, Schebriwskyj verfüge nicht über die vom Gesetz verlangte Arbeitserfahrung in Strafverfolgungs- oder Justizbehörden im Ausland oder in internationalen Organisationen. Laut der Juristin des Zentrums für Korruptionsbekämpfung, Olena Schtscherban, könnte die Berufung Schebriwskyjs zum NABU-Auditor noch vor Gericht angefochten werden.

Die Leiterin des parlamentarischen Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Anna Hopko, zeigte sich über Poroschenkos Entscheidung, Schebriwskyj zum NABU-Auditor zu ernennen, enttäuscht. “Ein NABU-Auditor muss über internationale Erfahrungen verfügen. Wir sehen hier, wie ‘gute Freunde’ in verantwortungsvollen Positionen gebracht werden”, sagte Hopko im Parlament.

Reaktion des NABU. Das Nationale Anti-Korruptions-Büro bedankte sich bei der Öffentlichkeit und den Medien für das Interesse, das dem Verfahren zur Ernennung der Auditoren entgegengebracht worden sei. “Das NABU hat immer erklärt, zu allen Prüfungen bereit zu sein”, betonte die NABU-Pressestelle auf Facebook.


Weniger Schattenwirtschaft in der Ukraine

Die Schattenwirtschaft in der Ukraine ist im Jahr 2017 auf 31 Prozent des BIP und im Vergleich zu 2016 um vier Prozentpunkte zurückgegangen. Dies berichtet das ukrainische Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel auf seiner Webseite.

Nach Angaben des Ministeriums ist die Schattenwirtschaft im vergangenen Jahr zurückgegangen, weil sich vor dem Hintergrund einer relativen makroökonomischen und finanziellen Stabilität sowie aufgrund der Fortsetzung von Wirtschaftsreformen insbesondere die Investitionsrisiken verringert haben. Gleichzeitig werde diese Entwicklung von einem geringen Vertrauen in die Institutionen der Staatsmacht gehemmt, so das Ministerium. Ferner bestünden noch erhebliche Herausforderungen was die Stabilität des Finanzsystems angeht.


Preise in Cannes: Diesel-Werbung, die in Kiew gedreht wurde

Das Video “Go With The Flaw” ist in drei Kategorien ausgezeichnet worden: “Regie” (Bronze), “Production Design” (Bronze) und “Kameraarbeit” (Silber). Dies geht aus einer Pressemitteilung der ukrainischen Firma “Family Production” hervor, die den Clip für die Modemarke Diesel produziert hatte. Regie führte Francois Rousselet, der schon Musikvideos für Madonna, die Rolling Stones und Snoop Dogg drehte. Als Soundtrack für den Werbespots dient das Lied von Edith Piaf “Non, Je ne regrette Rien”. Drehort war eine unfertige Brücke in Kiew.