1189. Kriegstag: Russland verlagert Kräfte, Aus für Kooperation bei Sanktionen, Ölpreis-Senkung

ISW: Russland verlagert seine Kräfte in den Norden der Region Sumy

Der Aggressor Russland verlegt Truppen von Donezk in die Region Sumy. Die Bewegung der Besatzungstruppen deutet auf einen Versuch hin, den Schwerpunkt der Angriffe zu ändern. Dies geht aus einem am 27. Mai veröffentlichten Bericht des amerikanischen Institute for the Study of War (ISW) hervor. Der russische Diktator Wladimir Putin habe zuvor die Schaffung einer “Pufferzone” entlang der internationalen Grenze zwischen Russland und der Ukraine angekündigt, zusätzlich zu den anhaltenden Bemühungen Russlands, die Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson einzunehmen, heißt es in der Einschätzung des ISW.

Am 26. Mai berichtete der ukrainische Militärexperte Kostjantyn Maschowez, das russische Militärkommando habe vor Kurzem Einheiten des 752. motorisierten Schützenregiments und der 200. motorisierten Schützenbrigade verlegt, um die russischen Truppen zu verstärken, die nördlich der Region Sumy vorrücken. Laut Maschowez operieren Einheiten der Brigade in der Nähe von Wolodymyriwka (nördlich der Stadt Sumy) und in Hordijiwka (etwas nördlich von Wolodymyriwka in Russland). Einheiten des russischen 752. motorisierten Schützenregiments seien seit mindestens Mitte 2024 bei Borowo und Lyman im Einsatz, fügte er hinzu.

Das ISW weist darauf hin, dass es Einheiten der 200. motorisierten Schützenbrigade beobachtet, die an Kampfhandlungen bei Bachmut-Tschassiv Jar teilnehmen. “Die Unfähigkeit der russischen Streitkräfte, die ukrainischen Verteidigungsanlagen westlich und südwestlich von Tschassiv Jar zu durchbrechen, untergräbt Russlands Fähigkeit, sich auf größere Offensiven gegen Kostjantyniwka und den weiteren Gürtel ukrainischer Festungen vorzubereiten”, heißt es in dem Bericht.

Die Truppenverlegung aus Tschassiv Jar lässt darauf schließen, dass das russische Militärkommando möglicherweise beabsichtigt, seine Offensive gegen Kostjantyniwka zu verschieben. Russland verfügt derzeit nicht über ausreichende operative Reserven, um die Offensive in mehrere Richtungen gleichzeitig zu intensivieren. Die Entscheidung des russischen Militärkommandos, Einheiten aus diesem Einsatzgebiet abzuziehen, deutet darauf hin, dass das russische Militär versuchen könnte, gleichzeitig seinen Vormarsch in der Region Donezk fortzusetzen und eine Pufferzone im Norden der Regionen Tschernihiw, Sumy und Charkiw zu schaffen. 

USA und EU beenden Kooperation im Kampf gegen Umgehung der Russland-Sanktionen

Deutsche Medien berichten von einer Beendigung der gemeinsamen Arbeit der USA und der Europäischen Union im Bereich der Bekämpfung der Umgehung internationaler Sanktionen durch Russland. Dies berichtet die ukrainische Zeitung European Truth unter Berufung auf die Süddeutsche Zeitung, den NDR und WDR und beruft sich dabei auf einen internen Bericht des deutschen Auswärtigen Amtes über die Tagung des EU-Außenrats, die am 20. Mai in Brüssel stattfand. David O’Sullivan, der für die Sanktionspolitik der EU zuständig ist, beklagt laut einem vertraulichen Dokument den völligen Zusammenbruch der transatlantischen Koordination bei der Umgehung von Sanktionen. Auch die Zusammenarbeit der G7 habe in dieser Hinsicht “an Dynamik verloren”. Wie die Europäer und Amerikaner unter solchen Bedingungen ein weiteres Sanktionspaket aushandeln wollen, bleibt ein Rätsel. Zumal es Experten gibt, die davon ausgehen, dass Trump früher oder später wieder Geschäfte mit Russland machen möchte.

Der grüne Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky warnt vor den Folgen einer verringerten transatlantischen Koordination für die Sicherheitspolitik. Das Problem sei, dass die USA de facto die treibende Kraft hinter dem Sanktionsregime seien, sagte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Sollte die Trump-Regierung eine Normalisierung der Beziehungen zu Russland anstreben, würde dies das Ende des weltweiten Sanktionsregimes bedeuten, befürchtet er.

Einziger positiver Aspekt des Treffens in Brüssel: Die Handelsbeschränkungen gegenüber Moskau scheinen Wirkung zu zeigen. Sowohl O’Sullivan als auch Daniel Markic, Direktor des Zentrums für Aufklärung und Lageermittlung der Europäischen Union (EU-INTCEN), betonten dem Bericht zufolge, dass die Sanktionen erhebliche Auswirkungen auf die russische Wirtschaft hätten. Die EU konnte auch einige Erfolge beim Export kriegsrelevanter Güter über Drittländer wie Armenien, Serbien, Usbekistan und Indien verzeichnen. Allerdings kommt es weiterhin zu Problemen bei der Lieferung über Kasachstan, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Türkei. China und Hongkong bleiben die wichtigsten Transitpunkte zur Umgehung der Sanktionen.

Einem vertraulichen Dokument zufolge beklagte sich O’Sullivan bei einem Treffen in Brüssel, die Volksrepublik China sei “für rund 80 Prozent der Umgehungen verantwortlich”, bestreitet dies jedoch weiterhin. Er fügte jedoch hinzu, dass auch EU-Unternehmen von illegalen Geschäften mit Russland profitierten, was die Position der Europäischen Kommission in Verhandlungen mit Drittstaaten erheblich schwäche. Bei dem Treffen konnte O’Sullivan von ersten Erfolgen im Kampf gegen die russische Schattenflotte berichten. Mehrere Staaten, in denen diese eigentlich zu Russland gehörenden Tanker und Frachtschiffe registriert sind, haben auf Initiative der EU ihre Flaggen zurückgerufen. Dennoch forderte der Sanktionskommissar die EU-Mitgliedsstaaten auf, “entschlossen gegen die gesamte Schattenflotte vorzugehen”. Unter anderem schlug er einem internen Bericht zufolge vor, Maßnahmen gegen Häfen zu prüfen, die diese Schiffe häufig anlaufen, etwa die Türkei, Indien und Malaysia.

Die nächsten EU-Sanktionen werden sich laut dem Dokument des Außenministeriums höchstwahrscheinlich gegen den russischen Energie- und Bankensektor richten. Nur Ungarn lehnt diese Maßnahmen ab und zeigt damit erneut seine “Kompromisslosigkeit”. Auch ob die US-Regierung kooperieren wird, ist angesichts der Erfahrungen der vergangenen Wochen fraglich.

EU schlägt vor, den Ölpreis für Russland auf 45 Dollar zu senken

Wie die Financial Times erfuhr, drängen die Europäische Kommission und die einflussreichsten EU-Mitgliedsstaaten auf eine Senkung der Obergrenze für den Preis für russisches Öl auf 45 Dollar, um die Sanktionen gegen Russland zu verschärfen. Allerdings hat diese Idee noch nicht alle 27 EU-Mitgliedstaaten und ihre G7-Partner überzeugt. Nach Angaben von Personen, die mit den Vorgesprächen zum 18. EU-Sanktionspaket vertraut sind, strebt Brüssel schärfere Maßnahmen gegen Russland an, insbesondere eine Senkung der Preisobergrenze für Rohölexporte von 60 auf 45 Dollar pro Barrel.

Beim Treffen der G7-Finanzminister letzte Woche schlug Kanada vor, in die gemeinsame Erklärung eine klare Formulierung zur Verschärfung der Obergrenzen für den Ölpreis aufzunehmen. Dieser Vorschlag wurde von der EU und den G7-Mitgliedern Frankreich, Deutschland und Italien sowie dem Vereinigten Königreich unterstützt. Auf Wunsch des US-Finanzministers Scott Bessent wurde er jedoch nicht aufgenommen, sagen drei mit dem Treffen vertraute Beamte. In der Abschlusserklärung wurde beschlossen, eine Formulierung aufzunehmen, in der die G7-Staaten sich dazu verpflichten, “weiterhin alle möglichen Optionen zu prüfen, darunter Optionen für maximalen Druck, wie etwa eine weitere Verschärfung der Sanktionen”, falls keine Waffenruhe erreicht werden sollte.

Unabhängig davon prüfen EU-Länder wie Ungarn und Griechenland die Idee einer Deckelung, sagten Beamte. Unterdessen ist die finnische Außenministerin Elina Valtonen der Ansicht, dass die Preisobergrenze für russisches Öl auf 40 Dollar pro Barrel gesenkt werden sollte. Und die Ukraine forderte die Europäische Union auf, den Höchstpreis für russisches Öl auf 30 Dollar pro Barrel zu senken.