Angriff auf Anti-Korruptions-Organe: Demos in Kyjiw, Dnipro, Lwiw und Odessa
Tausende Menschen sind am Abend des 22. Juli in Kyjiw, Dnipro, Odessa, Lwiw und anderen Städten auf die Straße gegangen, um vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ein Veto gegen den Gesetzentwurf Nr. 12414 zu fordern. 263 Abgeordnete des Parlaments hatten zuvor am Nachmittag des 22. Juli für dieses Gesetz gestimmt. Aktivisten meinen, dass dieses Gesetz die Unabhängigkeit des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU) und der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) einschränkt.

Die Kundgebung in Kyjiw fand in der Nähe des Präsidialamtes statt, doch niemand aus dem Amt kam zu den Demonstranten. Zuvor hatte die EU-Erweiterungskommissarin Marta Kos am 22. Juli die Verabschiedung des Gesetzentwurfs über das NABU und die SAP kritisiert und ernsthafte Besorgnis geäußert. “Unabhängige Organe wie NABU und SAP sind für den Weg der Ukraine in die EU von entscheidender Bedeutung. Die Rechtsstaatlichkeit bleibt im Mittelpunkt der EU-Beitrittsverhandlungen”, schrieb Marta Kos im sozialen Netzwerk X.
Das Ukraine Crisis Media Center übt, wie Dutzende andere zivilgesellschaftliche Institutionen, in einer Sondererklärung scharfe Kritik an dem von Präsident Wolodymyr Selenskyj unterzeichneten Gesetz.
ERKLÄRUNG DES UKRAINE CRISIS MEDIA CENTER (UCMC)
In letzter Zeit haben die ukrainischen Behörden die Zivilgesellschaft auf eine Bewährungsprobe gestellt, was ihre Einigkeit und Entschlossenheit bei der Verteidigung des Reformweges der Ukraine hin zur europäischen Integration angeht – selbst unter den Bedingungen des umfassenden russisch-ukrainischen Krieges.
Angesichts der Lehren aus der jüngsten Geschichte der Ukraine ist es schwer zu verstehen, warum gerade jetzt so eklatante Fehler bei der Einschränkung von Reformen im Allgemeinen und insbesondere bei der Korruptionsbekämpfung sowie der Reform der lokalen Selbstverwaltung und der öffentlichen Verwaltung gemacht werden, wo der Feind doch gerade auf fehlerhafte Maßnahmen der ukrainischen Behörden wartet, die auf die Zerstörung der demokratischen Institutionen und der Einheit in der Ukraine abzielen.
Wir sind davon überzeugt, dass ein kleinerer autoritärer Staat einen größeren nicht besiegen kann. Der Schlüssel zum Sieg der Ukraine liegt in der Hingabe, dem Patriotismus und sogar der Selbstaufopferung der besten Töchter und Söhne der Ukraine, von denen die meisten jetzt die Front halten und nicht nur ihr Land, sondern ganz Europa vor einer weiteren aggressiven Invasion verteidigen. Das liegt in der Stärke demokratischer Institutionen, in der Unterstützung von Partnern, die vom Heldentum des ukrainischen Volkes inspiriert sind und eine gemeinsame, lichte Zukunft mit uns sehen. (…)
Die Ukraine hat eine einzigartige historische Chance, die sie sich nicht entgehen lassen darf. Es ist nicht nur wichtig, standhaft zu bleiben und den Feind zu besiegen, sondern auch zu verstehen, wozu dieser Sieg dient, was für ein Land wir aufbauen und wie sich die Ukraine in Zukunft entwickeln wird. (…)
Wir fordern auf, keine günstigen Bedingungen für den Feind zu schaffen, um zu versuchen, die Ukraine von innen heraus zu untergraben! Wir fordern eine Stärkung und nicht eine Schwächung der ukrainischen Reformen und demokratischen Institutionen! Wir rufen dazu auf, das Volk zu vereinen und nicht seine Kräfte durch antireformistische, falsche Entscheidungen auf die Probe zu stellen! Wir rufen alle dazu auf, ehrliche und respektvolle Partner derjenigen zu sein, die der Ukraine mit Waffen, Geld und anderen Ressourcen helfen, und darauf zu vertrauen, dass die Behörden der Ukraine ihre Versprechen einhalten und das tun, was die Bevölkerung unterstützt. Wir fordern auf, nicht vom europäischen und euroatlantischen Integrationspfad abzuweichen!
167 Kämpfe an der Front innerhalb von 24 Stunden
In den letzten 24 Stunden wurden 167 Kampfhandlungen registriert. Aktuellen Informationen zufolge hat Russland am 22. Juli eine Rakete eingesetzt und 113 Lenkbomben abgeworfen. Darüber hinaus führte er 5.686 Angriffe durch, darunter 39 mit Mehrfachraketenwerfern, und setzte 3.579 Kamikaze-Drohnen ein. Der Angreifer führte insbesondere Luftangriffe auf die Region Sumy durch, aber auch auf Kramatorsk, das Gebiet Donezk und die Region Saporischschja.
In den letzten 24 Stunden haben die ukrainischen Verteidigungsstreitkräfte 13 Gebiete mit einer Konzentration von feindlichen Militärs, Waffen und militärischer Ausrüstung angegriffen, darunter ein Artilleriegeschütz, einen Kontrollpunkt und zwei feindliche elektronische Kampfgeräte. Dies geht aus einem Bericht des Generalstabs der Streitkräfte der Ukraine zur russischen Invasion vom 23. Juli hervor.
Ukrainisch-russisches Treffen in Istanbul
Wolodymyr Selenskyj hat die Zusammensetzung der ukrainischen Delegation zur Teilnahme an Gesprächen am 23. Juli in Istanbul bekannt gegeben. Die Delegation leitet der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates, Rustem Umjerow, Dabei sind auch Vertreter des Präsidialamts, des Außenministeriums, der Streitkräfte, des Sicherheitsdienstes der Ukraine, des Geheimdienstes, des Parlaments und anderer Strukturen.
Am Nachmittag des 22. Juli hielt Selenskyj eine Besprechung zum Verhandlungsprozess ab. “Die Ukraine ist bereit, so produktiv wie möglich zu arbeiten, um ein Treffen der Staats- und Regierungschefs vorzubereiten, damit dieser Krieg wirklich beendet wird. Unsere Position ist so transparent wie möglich. Die Ukraine wollte diesen Krieg nie, und es ist Russland, das den Krieg beenden muss, den es selbst begonnen hat”, betonte Selenskyj.
Kyjiw hatte unmittelbar nach der Drohung Donald Trumps gegenüber Russland mit harten Sanktionen und einer 50-tägigen Waffenruhe neue direkte Gespräche mit Russland vorgeschlagen. Der US-Präsident hatte der BBC gesagt, er sei vom russischen Präsidenten Wladimir Putin “enttäuscht”, aber noch nicht fertig mit ihm. Auf der Tagesordnung stehen die Rückgabe gefangener und verschleppter ukrainischer Kinder sowie die Vorbereitung eines Treffens auf Ebene der Staats- und Regierungschefs zur Beendigung des Krieges.