Die Ukraine will eine Nationalagentur zur Suche nach und zur Regelung von Eigentum, das durch Korruption erhalten wurde, gründen – Justizministerium, Generalstaatsanwaltschaft und Aktivisten

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Kiew, 19. August 2015 – Das Justizministerium, die Generalstaatsanwaltschaft und Aktivisten wollen eine Nationalagentur (im weiteren Agentur) gründen, die auf die Suche nach und Regelung von Aktiva spezialisiert ist, das durch Korruption und andere Straftaten erhalten wurde. Darüber berichteten Vertreter der genannten Seiten während einer Pressekonferenz im Ukrainischen Crisis Media Center, die im Rahmen des Projekts „Ukrainisches Media Center der Reformen“ stattfand.

Darja Kalenjuk, die ausführende Direktorin des Zentrums zur Korruptionsbekämpfung, argumentierte für die Notwendigkeit der neuen Institution, indem sie anmerkte, dass die Arbeitsergebnisse der Rechtschutzorgane im Bereich der Ermittlungen bei Korruptionsvergehen von ehemaligen Beamten unbefriedigend ist. Entsprechend soll das Arbeitsmodell zu solchen Fällen geändert werden. „Die Staatsorgane kamen nicht zu dem Ergebnis, das die Gesellschaft erwartete. Im ersten Halbjahr 2015 wurde dem Budget Korruptionseigentum in Höhe von 7.865,77 Hryvna erstattet, während dieser Einnahmeposten 1,5 Mrd. Hryvna vorsah“, erklärte Darja Kalenjuk.

Natalija Sewastjanowa, die stellvertretende Justizministerin der Ukraine, gestand ein, dass sie während der Treffen mit Kollegen aus der EU und den USA ständig Fragen hören muss, wie es seitens der Staatsanwaltschaft in Bezug auf Bestätigungsdokumente über die Beschlagnahmung von Aktiva ehemaliger ukrainischer Beamter im Ausland zu Verzögerungen kommt. Aber, selbst wenn solche Informationen gewährt werden, wollen sich die ausländischen Kollegen von der Transparenz bei dem Verfahren zur weiteren Bestimmung dieser Aktiva überzeugen.

Diese Situation bestätigte auch Anna Gopko, die Vorsitzende des Komitees zu ausländischen Angelegenheiten bei der Werchowna Rada. „Allein in der Zeit unter Janukowitsch wurden nach verschiedenen Schätzungen über 30 Milliarden Dollar ausgeführt“, erklärte die Parlamentsabgeordnete. „Aber inwiefern arbeiteten die Organe wie das Justizministerium und die Generalstaatsanwaltschaft effektiv, um die Aktiva zurückzubringen? 8.000 Hryvna von Milliarden Dollar sind armselig“, sagte Anna Gopko. Sie betonte, dass internationale Partner die Prozedur zur Rückführung von beschlagnahmtem Eigentum in die Ukraine nicht beginnen können, solange keine entsprechenden Beweise von der ukrainischen Seite vorgelegt werden. Letzteres zeigt die praktisch völlige Untätigkeit, was entweder davon zeugt, dass unprofessionell gehandelt oder sabotiert wird, oder dass die Mitarbeiter der entsprechenden Organe selbst korrupt sind.

Andererseits arbeiten ukrainische Staatsanwälte bis heute nach alten Gesetzen, was die Effektivität ihrer Arbeit bedeutend senkt. Entsprechend soll die neue Agentur die Mängel beseitigen, die bei Ermittlungen gegen Korruption bestehen.

„Wenn ein Untersuchungsleiter, der den Fall in der Ukraine führt, Fragen an ausländische Institutionen in Bezug auf den Status von Aktiva hat, so soll er, laut der bestehenden Prozedur, die Anfrage wohlmöglich sogar über das Justizministerium stellen, damit sie im Justizministerium des anderen Landes ankommt, wo sie dann „nach unten“ weitergereicht wird, was bis zu 30 Tage dauern kann. Das ist sehr lange. In dieser Zeit „verpuffen“ die Aktiva, über die es geht. Wenn die neue Agentur gegründet wird, soll alles viel einfacher werden: jeder Untersuchungsleiter jedes Organs kann sich an die Agentur wenden und um konkrete Informationen bitten. Der Vertreter kontaktiert über geschlossene Verbindungskanäle eine vergleichbare Agentur, die überall auf der Welt existieren, und schon am gleichen Tag kann der Untersuchungsleiter ausreichend informiert werden“, erklärte Natalija Sewastjanowa. „Das ist ein sehr wichtiges Instrument, das schnell und effektiv helfen soll, nach solchen Aktiva zu suchen.“

Die Idee zur Gründung der Agentur ist in dem Gesetzentwurf „Über die Gründung einer Nationalagentur in der Ukraine zu Fragen der Suche nach und Regelung von Aktiva, das durch Korruption und andere Straftaten erhalten wurde“ formuliert. Am 19. August wurde dieses Dokument in der Sitzung des ukrainischen Ministerkabinetts beschlossen und wird in nächster Zeit zur Betrachtung an das Parlament übergeben.

Vitalij Kasko, der stellvertretende Generalstaatsanwalt der Ukraine und Chef der interamtlichen Arbeitsgruppe zur Koordinierung der Rückgabe von Mitteln an die Ukraine, die auf illegalem Weg durch ehemalige hochrangige Amtspersonen der Ukraine erhalten wurden, merkte an, dass Institutionen, wie diese Agentur, die in der Ukraine gegründet werden soll, in allen Ländern der EU existieren. „Es ist sehr wichtig, dass die Ukraine diesen Weg sofort wählt, auf dem sich die Länder der EU gerade erst bewegen und wo der Prozess zum Zusammenschluss der Suche nach und Regelung von Aktiva durch sie [die Institutionen] beginnt. Die Agentur in der Ukraine kann sogar unter den Agenturen der Europäischen Union führend werden“, sagte Vitalij Kasko.

Anna Gopko betonte, dass es wichtig ist, das Thema zur Gründung dieser Agentur am 27. September auf die Tagesordnung für die Sitzung des Nationalen Reformrats zu setzen: wenn im September die Gesetzentwürfe beschlossen werden, kann die Agentur bereits im Dezember mit der Arbeit beginnen. Die Teilnehmer der Pressekonferenz zeigten sich davon überzeugt, dass vorbehaltlich einer parallelen Arbeit des Antikorruptionsbüros, der Agentur zur Korruptionsbekämpfung und dieser Agentur, sich die Situation im Bereich der Korruptionsbekämpfung bedeutend verbessert. „Es ist möglich, dass sich dieser Prozess etwas verzögert, aber er ist lebensnotwendig, um die beste Praxis mit neuen Strukturen zu schaffen, damit jeder Beamte und Bürger klar versteht: er kann nicht stehlen, ohne dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden“, fasste Anna Gopko zusammen.

Außerdem stellte der stellvertretende Generalstaatsanwalt während der Pressekonferenz bei UCMC zwei Gesetzentwürfe vor, deren Ziel es ist, die Institution zur Beschlagnahmung von Eigentum und die Institution zur Sonderkonfiskation zu verbessern. Die Hauptidee der Neuerungen ist, den Fokus vom Status der Person auf die Charakteristik des Eigentums zu verschieben. Auf diese Weise werden sich die Rechtsschutzorgane bemühen, Korruptionsversuchen entgegenzuwirken, sowie Eigentum zurückzuführen, das illegal über Dritte erhalten wurde, um eine Bestrafung zu vermeiden.