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Wochenübersicht der ukrainischen Pressenachrichte von 29.12.2015 bis 04.01.2016

Lage in der ATO-Zone

Die Situation in der Ostukraine war während der vergangenen Woche schwierig, aber am Wochenende stabilisierte sich die Lage entlang der Frontlinie. Der Generalstab der Ukraine gab bekannt, dass sich die Anzahl des Beschusses seitens der pro-russischen Rebellen wesentlich verringerte. Am 1. Januar beschossen die Separatisten alle Checkpoints der Regierungstruppen. Dabei setzten sie schwere Waffen ein, die laut den Minsker Vereinbarungen verboten sind. Am 31. Dezember beschossen sie Awdijiwka mit Granatenwerfern mit 120 Millimeter-Kaliber und Pisky mit Mörsern mit 82 Millimeter-Kaliber.

In der vergangenen Woche wurden die ukrainischen Checkpoints 180 mal beschossen. Laut offiziellen Angaben der Sprecher der Präsidialverwaltung zu ATO-Fragen wurde in der vorigen Woche kein ukrainischer Soldat getötet, aber drei Soldaten wurden verletzt.

Das jüngste Ereignis in Kominternowe war ein direkter Verstoß gegen die Minsker Vereinbarungen, berichtete der stellvertretende Leiter der OSZE-SMM, Alexander Hug. Das Hauptziel dieser Aktion war, diese Siedlung unter Kontrolle der Separatisten zu bringen (Pressemitteilung auf Englisch).

Laut Angaben des ukrainischen Verteidigungsministers, Stepan Poltorak, befinden sich im Donbass über 100 ukrainische Soldaten in Gefangenschaft. Vor kurzem wurde ein ukrainischer Journalist, Anatolij Poljakow frei gelassen, der 9 Monate lang in Gefangenschaft war.

Die pro-russischen Bandentruppen, die in der Nähe der Siedlung Ozerjaniwka (Gebiet von Donezk) stationiert sind, verdienen Geld mit Menschenhandel, teilte die ATO-Pressestelle mit. Laut Angaben der Einheimischen nehmen die Rebellen junge Frauen im Alter von 25-26 Jahren gefangen und verkaufen sie ins Ausland (Meldung auf Englisch).

Die annektierte Krim

Am 30. Dezember wurde die Stromleitung „Kachowka-Titan“ auf die Krim abgeschalten. Laut Experten wurden wieder Strommasten gesprengt. Die Stromleitung „Kachowka-Titan“ im Gebiet von Cherson wurde repariert. Trotzdem wurde kein Strom über die Leitung geliefert. Dies teilte die Pressestelle der Staatsverwaltung von Cherson mit. „Am 1. Januar 2016 läuft der Vertrag über die Energieversorgung auf die vorübergehend annektierte Krim aus. Alle weiteren Handlungen sollen auf Staatsniveau geregelt werden. Wenn die Vereinbarungen zwischen der Ukraine und Russland beendet werden, ist die Reparaturbrigade von „Ukrenergo“ bereit, die Stromversorgung innerhalb von 2 Stunden zu erneuern“, teilte die Pressestelle mit. Die Gesellschaftsorganisation „Zivilblockade der Krim“ berichtete, dass ihre Mitglieder nicht an der Sprengung beteiligt waren.

Das gesamtrussische Zentrum zur Untersuchung der öffentlichen Meinung führte eine Umfrage durch, die zeigte, was die Krimbewohner über den Vertrag zur Stromversorgung aus der Ukraine denken. 93,1 Prozent der Krimbewohner stimmten nicht zu, den Vertrag mit Kiew zu unterschreiben, wenn darin steht, dass die Krim de jure zur Ukraine gehört. Die Vorsitzende des Fonds „Demokratische Initiativen namens Iljko Kutscheriw“, Irina Bekeschkina, betonte, dass diese Umfrage „eine handfeste Lüge“ sei, weil diese Umfrage nicht von Soziologen durchgeführt wurde.

Aktivisten von der Zivilblockade der Krim räumen ihre Checkpoints an der Grenze zu der annektierten Krim. Laut Angaben von Lenur Isljamow trafen sie diese Entscheidung gemäß der Verordnung der ukrainischen Regierung, die Lieferungen von Waren und Dienstleistungen auf die Krim verbietet (Meldung auf Englisch).

Untersuchung der Schüsse auf dem Maidan

Das Büro des Generalstaatsanwalts meint, dass es viele Beweise dafür gibt, wer auf dem Maidan die Aktivisten erschoss. Seit dem 20. Februar 2014, an dem über 100 Euromaidan-Demonstranten erschossen wurden, sind fast zwei Jahre vergangen. Diejenigen, die dafür verantwortlich waren, wurden immer noch nicht vor Gericht gestellt und es gibt Beschwerden, weil sich die Regierung als unfähig erweist, die Mörder zu verfolgen. Das Büro des Generalstaatsanwalts gab nun bekannt, dass es letztlich konkrete Beweise gibt, die zeigen, wer schuldig war (auf Englisch).

Reformen

Die Korruptionsbekämpfung in der Ukraine, die parallel mit der Reform des Gerichtssystems einhergehen sollte, ist für die Europäer eine große Enttäuschung. Darüber berichtete der schwedische Botschafter in der Ukraine, Andreas von Beckerath. „Die Mehrzahl der schwedischen Gesellschaften bemerkten keine wesentlichen Änderungen bei dem Korruptionsproblem, weshalb ich denke, dass es ein wichtiger Appell an die ukrainischen Behörden und die Staatsführung ist, diese Reformen zu beschleunigen. Natürlich ist die Korruptionsbekämpfung direkt mit einer Reform des Gerichtssystems verbunden, erklärte Beckerath.

Nach seinen Angaben erreichte die Ukraine bereits gute Erfolge bei der Durchführung von Reformen. „Ich denke, dass wir wichtige Ergebnisse sahen, wie die Reform des Energiesektors – eine schwierige, aber wichtige Entscheidungen der Behörden in Bezug auf die Verringerung der Gassubventionierung – oder im Bereich der Dezentralisierung und Deregulierung, sowie bei der Stabilisierung der ukrainischen Landeswährung. Im Bankensektor musste über ein Drittel der Institutionen schließen. Diese Erfolge stelle ich schwedischen Gesellschaften als Zeichen vor, dass sich die Ukraine in die richtige Richtung bewegt“, erklärte der schwedische Botschafter.

2015 wurden in der Ukraine 860 Beamte entlassen, die unter das Gesetz zur Säuberung der Behörden gerieten. Sie wurden in das Staatsregister beim Justizministerium eingetragen, was ihnen verbietet, in den nächsten 10 Jahren Ämter zu bekleiden. Darüber berichtete das Öffentliche Lustrationskomitee. Weitere 42 Beamte wurden entlassen, die nach der ersten Lustrationswelle ihre Ämter nicht verlassen wollten. Außerdem dürfen 21 Parlamentsabgeordnete der derzeitigen 8. Legislaturperiode laut dem Lustrationsgesetz keine führenden Ämter bekleiden.

Umfrage

Der Fond „Demokratische Initiativen“ und das Kiewer Internationale Institut für Soziologie stellten in einer Untersuchung die politischen Ergebnisse und Prognosen für 2015 vor. 2015 vertrauten die Befragten Freiwilligen stärker als sie ihnen misstrauten (49 Prozent). Auch die Kirche war unter den Vertrauensführern, sowie eine positive Einstellung gegenüber den ukrainischen Streitkräften und Gesellschaftsorganisationen. Das Vertrauen gegenüber den staatlichen Institutionen fiel hingegen. Das Vertrauen in das ukrainische Parlament war seit der gesamten Messung am geringsten (minus 74 Prozent), und gegenüber der Regierung mit minus 67 Prozent. Der Präsident erhielt 2014 ein positives Ergebnis mit plus 5 Prozent; jetzt liegt es bei minus 40 Prozent. Politische Parteien erhielten auch ein negatives Rating mit minus 72 Prozent. Was die außenpolitische Orientierung betrifft, ist eine Mehrheit der Bevölkerung für einen EU-Beitritt. Im Süden und Osten des Landes, sowie im Donbass konnte sich ein bedeutender Teil der Bevölkerung in dieser Frage nicht entscheiden (53 Prozent). Sie rückten zwar von der Zollunion ab, aber sind nicht davon überzeugt, dass sich die Ukraine Richtung EU bewegen soll.

Laut Ergebnissen dieser Untersuchung meinen 60 Prozent der Befragten, dass sich die Ukraine weiterhin in die falsche Richtung entwickelt. Die Hauptargumente sind wirtschaftlich und der andauernde Krieg im Osten (73 Prozent); steigende Preise, während die Gehälter nicht zunehmen (69 Prozent); das hohe Korruptionsniveau (57 Prozent); fehlender Glaube an Zukunftsperspektiven (48 Prozent); stark gestiegene Kommunaltarife (36 Prozent); und das Land wird bis heute von Oligarchen regiert. Man kann sagen, dass diese negative Sichtweise die Leute dazu zwingt, zu glauben, die Ukraine entwickelt sich in die falsche Richtung. Wie die Umfrage zeigte, wird sich die Ukraine bei folgendem in die richtige Richtung entwickeln: Ende der Kampfhandlungen und Frieden im Donbass; allgemeines Wachstum der ukrainischen Wirtschaft; allgemeine Erhöhung des Lebensstandards der Menschen; Strafverfolgung von Korruptionären; und Schaffung von Arbeitsplätzen (Untersuchung auf Englisch).

Wirtschaft

Die europäische Wirtschaft stellte der Ukraine eine unerfreuliche Einschätzung (Untersuchung). Steuerdruck, Korruption und eine fehlende Dynamik bei den Reformen blieben für das ganze Jahr 2015 unverändert die Haupthindernisse für die Wirtschaft. Zu diesem Schluss kommt die Untersuchung des Indexes über die Investitionsattraktivität, der von der European Business Association (EBA) aufgestellt wurde. „Die Untersuchung zeigt, dass die überwiegende Mehrzahl der Geschäftsleute (80 Prozent) mit dem aktuellen Zustand des Investitionsklimas in der Ukraine unzufrieden ist. Die Gesellschaftsführer bestätigten, dass bereits zu viel Zeit vergeudet wurde, um über beabsichtigte Reformen zu sprechen; gleichzeitig wurde zu wenig innerhalb des Jahres gemacht“, heißt es in der Untersuchung der EBA, die jedes Quartal durchgeführt wird. Unter den befragten Geschäftsleuten meinen 96 Prozent, dass sie die fehlende Gerichtsreform negativ sehen; 93 Prozent empfinden die Korruptionsbekämpfung als ineffektiv; 76 Prozent sehen keine Anzeichen einer Finanzmarktstabilisierung; 62 Prozent empfinden kaum Fortschritte bei der Mehrwertsteuerrückerstattung; 61 Prozent sehen keine Änderung in der Frage der Bodenreform; 56 Prozent spüren einen Rückgang bei den Handelsumsätzen; und 52 Prozent fehlt eine Vereinfachung der Zollprozeduren. 62 Prozent der Wirtschaftsvertreter nannten für die vergangenen drei Monaten überhaupt nichts positives; 37 Prozent meinen, das Investitionsklima sei unverändert und befindet sich im Negativbereich; 8 Prozent nannten die relative Devisenstabilität als positiv. Weitere 8 Prozent merkten eine Verbesserung im Makrobereich an. Mehrere Befragte sehen die Verbesserung des Ratings für die Ukraine durch die Agenturen Moody’s, Standard&Poor’s und Fitch im vergangenen Quartal als positiv (vollständige Untersuchung auf Ukrainisch; Präsentation auf Englisch).

„Naftogaz Ukrainy“ schlug „Gazprom“ vor, über neue Regeln zur Preisbildung des Gastransits durch die Ukraine zu verhandeln, teilte die Pressestelle der Staatsholding mit. Die Gesellschaft merkte an, dass die von der ukrainischen Regulierungsbehörde eingerichteten Tarife zum Gastransit an den Ein- und Ausgangsstellen zur Erfüllung dieser Dienstleistung verbindlich sind. In diesem Zusammenhang schlug „Naftogaz Ukrainy“ vor, Verhandlungen aufzunehmen. „Wir werden ein zuverlässiger Partner bleiben und wir bestätigen, dass der Gastransit für europäische Verbraucher in den Umfängen, wie sie in Verträgen festgelegt wurden, ungehindert umgesetzt wird. Der Übergang zu der in Europa allgemeinen Praxis der Preisbildung für den Transit wird die weitere Integration unserer Gastransportinfrastruktur in das europäische Energiesystem unterstützen, sowie die Zuverlässigkeit der Gaslieferungen an EU-Länder festigen“, wird in der Mitteilung der Vorstandsvorsitzende von „Naftogaz Ukrainy“, Andrej Kobolew, zitiert. Laut den neuen Tarifen kann sich der Preis für den Gastransit für „Gasprom“ um 25-35 Prozent erhöhen. Der nationale Regulierer für die Tarife erhielt durch das Gesetz „Über den Erdgasmarkt“ eine entsprechende Vollmacht. Mit dem Gesetz wurden in der Ukraine Normen der Energiegesetzgebung aus der EU eingeführt, die andere Prinzipien zur Preisbildung beim Gastransit vorsehen.

Das ukrainische Finanzministerium ist der Meinung, dass der Dialog mit Russland im Januar 2016 über die Auslandsschulden in Höhe von 3 Mrd. USD fortgesetzt wird. Darüber berichtete die Finanzministerin Natalija Jaresko. Die Ukraine erhielt noch keinen Vorschlag von Russland über die Restrukturierung der Schulden. Die Ukraine ist nur bereit, bei einer deutschen Vermittlungsrolle zu verhandeln.

Analyse

28. Dezember 2015 bis 03. Januar 2016: Was deutschsprachige Medien zur Ukraine berichteten. Zum Jahreswechsel war in deutschsprachigen Medien zur Ukraine hauptsächlich das Inkrafttreten des Freihandelsabkommen präsent (auf Deustsch).

Interviews (auf Deutsch)

Interview mit den Regisseurinnen des Dokumentarfilms „Alisa in Warland“: Die Hauptsache im Krieg ist der Mensch, nicht der Soldat. Noch vor zwei Jahren wohnten Alisa Kowalenko und Ljuba Durakowa in einem Studentenwohnheim in Kiew, lernten Dokumentarfilme zu drehen und machten Aufnahmen vom Maidan. Heute sind sie die Regisseurinnen des Dokumentarfilms „Alisa in Warland“, der vom Krieg im Donbass handelt. Der Film wurde beim Dokumentarfilmfestival in Amsterdam gezeigt, sowie beim „Artdokfest“ in Moskau. Darüber, wie sie der Film veränderte, welche Schrecken sie im Krieg erlebten, sowie über die Gefangenschaft in der „DVR“ und die Wahrnehmung des Films in Moskau, geht es in dem Exklusivinterview für UCMC.

Der Transformationsprozess wird in der Ukraine 15 Jahre dauern und während dieser Zeit wird Russland zerfallen – Ökonom Bohdan Hawrylyshyn. Der bekannte ukrainische Ökonom, Mitglied des Club of Rome und Mitbegründer des Weltwirtschaftsforums in Davos, berichtete, warum ukrainische Führungskräfte und die Politik unfähig sind, einen Durchbruch zu erzielen, und warum er trotzdem Hoffnung sieht. „Die Ukraine genügt und genügte sich selbst. Politisch, wirtschaftlich, sozial-wirtschaftlich. Wir haben alle Naturschätze, die uns das Land gibt. Wir sind ein äußerst talentiertes Volk. Ich war in 89 Ländern. Ich unterhielt mich dort mit vielen Menschen. Ich weiß, was ich vergleiche. Um einen Staat zu verändern, müssen Politiker über drei Eigenschaften verfügen: Zum einen Patriotismus. Das heißt, dass sie wirklich etwas Gutes für die Ukraine machen wollen. Zum anderen, Kompetenz. Und die dritte Eigenschaft ist Anstand: kein Schmiergeld annehmen, beziehungsweise oftmals auf verschiedene Weise einfach sehr viel Geld verdienen“.