Kiew, 9. Februar 2016 – Um Binnenflüchtlingen zu helfen, ihr eigenes Unternehmen zu gründen, wurde ein offener Raum geschaffen, wo die Bemühungen von Freiwilligengruppen, internationalen Organisationen und Behördenvertretern vereint werden. Darüber berichtete Roman Kosinskij, Wirtschaftsombudsmann und Berater des Vorsitzenden bei der Luhansker Kriegszivilverwaltung zu Fragen des Interessenschutzes von kleinen und mittleren Unternehmen, sowie zur Gegenwirkung von Korruption, während einer Pressekonferenz im Rahmen des Pilotprojekts von UCMC „Sprecher eines friedlichen Lebens“ im Ukrainischen Crisis Media Center.
„Wir beschlossen die Roadmap zur Gründung einer Agentur für Regionalentwicklung, wo Gründer mit Vertretern der staatlichen Kriegszivilverwaltung und des UNDP, sowie der internationalen „Renaissance Foundation“ und anderen Gesellschaftsorganisationen zusammenkommen“, sagte Roman Kosinskij.
Er berichtete, dass die Industrie- und Wirtschaftsstruktur bis 2014 im Gebiet von Luhansk auf Großunternehmen ausgerichtet war; auf die chemische Industrie, die Hüttenindustrie und den Maschinenbau. Davon blieben 80 Prozent in den vorrübergehend nicht von der Ukraine kontrollierten Gebieten. Im Rest sind Landwirtschaftsbetriebe und große Chemiewerke. Und diese Änderung an der Struktur vergrößert die Rolle von kleinen und mittleren Unternehmen bedeutend, betonte der Berater des Vorsitzenden bei der Luhansker Kriegszivilverwaltung.
„Dabei nahm der Anteil an kleinen und mittleren Unternehmen an der Gesamtproduktionsstruktur um 10 Prozent zu“, sagte Roman Kosinskij.
Das Hauptproblem für Unternehmen, so Roman Kosinskij, sind mangelnde Ressourcen als Startkapital, sowie die schwache Infrastruktur. Er merkte an, dass bereits ein spezielles Programm entwickelt wurde, sowie Änderungen am Gesetz „Über die Kriegszivilverwaltung“.
„Wir werden eine Vollmacht zur Annahme von Gebietsprogrammen und zu deren Finanzierung erhalten. […] Die Finanzierung für zwei Jahre beträgt 40 Mrd. Hryvna, die zur Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen als rückzahlungspflichtige Finanzhilfen gewährt werden, sowie der Kompensation von Zinsen für Kredite zur Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen“, sagte Roman Kosinskij und wies darauf hin, dass diese Ressourcen für konkrete Projekte gewährt werden.
Tetjana Gusyk, Pressesprecherin der Gesellschaftsorganisation „Krim-Diaspora“, berichtete, dass sich derzeit in Kiew und im Kiewer Gebiet zirka 150.000 Binnenflüchtlinge befinden. Die Gesellschaftsorganisation hilft diesen Menschen, sich in die Gesellschaft zu integrieren. Vor allem geht es nach Angaben von Tetjana Gusyk um Ausbildung und Hilfe bei der Umqualifizierung der Binnenflüchtlinge.
„Es werden juristische Beratungen zur Wiederanmeldung von Unternehmen gewährt, die umziehen mussten. Und wir gewähren ihnen die Möglichkeit, ihre Kenntnisse über die Geschäftsführung durch modernes Wissen auszudehnen“, sagte sie.
Die Hilfe wird durch internationale Geber und Partner geleistet.
„Bei uns machten sehr viele Menschen eine Ausbildung oder Umschulung. […] Über 900 Binnenflüchtlinge haben einen neuen Beruf“, berichtete die Pressesprecherin der Gesellschaftsorganisation „Krim-Diaspora“.
Als Beispiel für eine erfolgreiche Umschulung erzählte Tetjana Gusyk die Geschichte einer Sprachheilpädagogin aus Luhansk, die Designerin wurde. Oder die Geschichte von Marina Bragina aus Donezk, die ihre Landwirtschaft mit ins Kiewer Gebiet nahm; dank Hilfsgeldern konnte sie diesen Betrieb ausstatten und beschäftigt sich heute mit der Herstellung von Ziegenkäse.
Oleg Afanasjew, Flüchtling aus Donezk, der Hilfe durch das Programm „Neue Zählung“ erhielt, berichtete, dass er 2014 mit seiner Familie aus Donezk floh, wo er ein Geschäft für zahnärztliche Materialien hatte. Aus dem vorübergehend besetzten Gebiet konnte er nur einen Bruchteil seines Inventars mitnehmen. In Kiew besuchte er Kurse und erhielt Unterstützung zur Entwicklung seines Geschäfts.
„Hier konnte ich mich mit etwas beschäftigen, von dem ich in Donezk nur träumte. Ich übertrug mein Geschäft von Offline nach Online. […] Hier gaben mir die Leute kostenlos einen Anstoß für ein neues Leben, für einen neuen Beruf und für neues Wissen“ berichtete Oleg Afanasjew.
„Wir wollen auch weiterhin mit noch größerem Engagement arbeiten, um mit den negativen Vorurteilen zu brechen, die in den freien Gebieten über die Menschen aus den besetzten Gebieten bestehen“, ergänzte die Pressesprecherin der Gesellschaftsorganisation „Krim-Diaspora“.
Laut Statistik des staatlichen Arbeitsamts der Ukraine, mit Stand von Ende Dezember 2015, waren unter den 1,5 Mio. Binnenflüchtlingen fast 75 Prozent der arbeitsfähigen Bevölkerung arbeitslos, berichtete der Sprecher des Pilotprojekts von UCMC „Sprecher eines friedlichen Lebens“, Valentyn Pugatschow.
„Mit Stand von Anfang dieses Jahres, laut Daten des Ministeriums für Wirtschaftsentwicklung und Handel, ist das höchste Beschäftigungsniveau unter den Regionen in Kiew mit 62 Prozent; und das geringste im Gebiet von Donezk mit zirka 51 Prozent“, sagte er.