Militärseelsorger bekommen offizielle Stellen in der Nationalgarde

Seit Beginn des Krieges im Osten der Ukraine leisten Geistliche verschiedener Konfessionen seelsorgerische Unterstützung für das ukrainische Militär. Ihren Dienst an der Front tun sie meist ehrenamtlich. Doch nun führt die Nationalgarde eine Militärseelsorge ein und regelt so offiziell die Präsenz von Geistlichen in Kasernen.

Seit dem 20. Februar hat die Nationalgarde der Ukraine eine Militärseelsorge. Geistliche verschiedener Konfessionen können nun eine Dienststelle in der Nationalgarde bekommen, als Arbeitnehmer im Rahmen eines Arbeitsvertrags. Sie können ihren Dienst in Kasernen oder auch an der Front tun.

In den Kasernen der Nationalgarde sind insgesamt 44 Stellen für Militärgeistliche geschaffen worden. Auf zentraler staatlicher Ebene ist für die Militärseelsorge der Dienst für Militärgeistliche der Nationalgarde zuständig, auf regionaler Ebene die Offiziere für Fragen der Militärgeistlichen in den Regionalverwaltungen der Nationalgarde. Oberst Olexandr Isdebskyj, Leiter des Dienstes für Militärgeistliche der Nationalgarde der Ukraine, sagte während einer Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center, dass in Kasernen nun auch Kirchenräume eingerichtet würden. Geplant seien auch mobile Kirchen, die im Kampfgebiet eingesetzt werden könnten.

Seelsorger für alle Konfessionen

“Ein Militärseelsorger, der zur Nationalgarde kommt, kommt als Priester für alle. In den Kasernen befinden sich Gläubige verschiedener Konfessionen. Die Nationalgarde ist nicht in der Lage zu ermöglichen, dass in jeder Kaserne ein Seelsorger jeder Konfession sein wird. Deshalb muss jeder Priester sehr tolerant und rücksichtsvoll gegenüber allen Konfessionen sein”, sagte Erzpriester Ljubomyr, der bei der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche für die seelsorgerische Betreuung in den Militärstrukturen zuständig ist.

Derzeit sind in der Nationalgarde 67 Priester ehrenamtlich tätig, die meisten von ihnen in der Zone der Anti-Terror-Operation im Osten des Landes. Die Priester sagen, dass ihre Präsenz den Soldaten wirklich helfe. “Es hat sich gezeigt, dass sich die Präsenz von Militärgeistlichen, Seelsorgern oder Pfarrern auf die Psyche der Truppe, auf jeden einzelnen Soldaten und seine Kampfkraft positiv auswirkt”, sagte Metropolit Ioan von der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Kiewer Patriarchats – zuständig für Militärgeistliche. Der Beauftragte dieser Kirche für die Zusammenarbeit mit der Nationalgarde, Erzpriester Iwan, betonte bei der Pressekonferenz im Ukraine Crisis Media Center: “Viele Soldaten, die in die Zone der Anti-Terror-Operation aufbrechen, sind nicht gläubig oder indirekt gläubig. Aber wenn sie in der Kampfzone ankommen, werden sie fast alle gläubig und wenden sich an die Priester.”

Spezielle Trainings

Priester, die in der Militärseelsorge tätig werden, werden spezielle Trainings absolvieren. Zurzeit werden sie noch von ihren Kirchen selbst auf ihren Dienst vorbereitet. “Priester werden auch medizinisch geschult. Sie wissen, wie man mit einem Sanitätskasten umgeht, wie man Verletzte im Kampffeld birgt und wie man sich in vermintem Gebiet verhält”, sagte Metropolit Ioan. Sie würden auch geschult, wie man mit Soldaten vor einem Kampfeinsatz und danach umgeht und wie man traumatische psychische Zustände überwindet. Die Ausbildung erfolgt in Zusammenarbeit mit Psychologen des medizinischen Bohomolez-Instituts, des Verteidigungsministeriums und des Generalstabs.

Religionsgemeinschaften in der Ukraine

In der Ukraine gibt es 55 Religionsgemeinschaften und Konfessionen und 37.000 religiöse Gemeinden. Die am meisten verbreitete Religionsgemeinschaft in der Ukraine ist das Christentum. Laut einer 2006 des Instituts für religiöse Freiheit in der Ukraine durchgeführten Umfrage gaben allerdings 62,5 Prozent der Befragten an, konfessionslos zu sein. Dies lag unter anderem daran, dass viele der Befragten zum Teil nicht sicher waren, welcher der vielen christlichen Konfessionen sie angehörten. Berücksichtigt man diese “konfessionslosen”, so verteilen sich die Übrigen wie folgt: 14,9 Prozent ukrainisch-orthodox (Kiewer Patriarchat), 10,9 Prozent ukrainisch-orthodox (Moskauer Patriarchat), 5,3 Prozent Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche und 6,4 Prozent sonstige Religionen. Insgesamt konnten sich dementsprechend 31,1 Prozent der Befragten klar zu einer der drei oben genannten christlichen Konfessionen bekennen.

Lässt man die “konfessionslosen” außer Acht, ergab sich, dass sich 38,9 Prozent der Befragten dem Kiewer Patriarchat und 29,4 Prozent der Ukrainischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats zugehörig fühlen. Außerdem gaben 2,9 Prozent an, Mitglied der Ukrainische Autokephalen Orthodoxen Kirche zu sein. Somit ergab sich eine Summe von 71,2 Prozent, die Mitglied einer orthodoxen Gemeinde sind. Die evangelische Kirche war mit 2,4 Prozent vertreten und die römisch-katholische Kirche, die vor allem in der Westukraine vertreten ist, mit 1,7 Prozent. Mitglieder des islamischen Glaubens entsprachen 0,6 Prozent der Befragten und konzentrierten sich vor allem auf das Gebiet der Krim und ihrer nördlichen Umgebung. 0,2 Prozent der Befragten gaben an, jüdischen Glaubens zu sein.